Die nächsten Tage vergingen wie im Flug und das letzte Wochenende der Ferien und somit auch die Abiturprüfungen rückten immer näher. Die meiste Zeit saß Jane an diesem Wochenende über den Schulbüchern. Nächste Woche standen ja die ersten beiden Abiturarbeiten an und sie war regelrecht zum Streber mutiert. Als das Mädchen sich Sonntagabends in ihr Bett legte, war sie vollkommen ruhig, obwohl am nächsten Tag Abitur war. Aber sie war sich sicher, dass alles gut klappen würde, schließlich war sie in Bio besonders gut und das kam ja morgen dran.
Die ersten Sonnenstrahlenfielen durch das Fenster auf Janes Bett und das Klingeln des Weckers ließ sie aus ihrem Traum aufwachen. Es war sieben Uhr! Mühsam richtete Jane sich im Bett auf. Heute war der erste Abitag. Sie stand auf, machte sich fertig, schnappte sich ihre Tasche und lief die Treppe hinunter. Jane öffnete die Küchentür schwungvoll und rief:"Guten Morgen!" Vor dem Herd, gegenüber der Tür stand Frau Gress. Diese lächelte und erwiderte den Gruß. "Na,bereit für das Abi?",fragte sie. "Hm geht",meinteJane. Nach dem Frühstück machten sich die beiden zum ersten Mal gemeinsam auf den Schulweg. Es war zwanzig vor acht, als Jane und Frau Gress an der Schule ankamen. Die letzten 5 Minuten vor Unterrichtsbeginn waren heute besonders hart. Überall im Schulgebäude liefen nervöse Abiturienten herum und auch Jane wurde es mulmig zumute, als sie das Gebäude dicht gefolgt von ihrer Adoptivmutter betrat. Melina und Sabine stürmten auf sie zu. Beide waren in ihrem Bio Kurs und daher genauso aufgeregt vor den heutigen Abiturarbeiten. "Ich geh dann mal zum Lehrerzimmer",meinte Frau Gress in das Geplapper hinein. "Ah ja klar",antworteteJane. Die Lehrerin umarmte ihre Tochter und wünschte allen drei ganz viel Glück. Kaum war sie aus dem Blickfeld der Mädchen verschwunden, klingelte es auch schon. Jane atmete noch einmal ganz tief durch. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Aula. Dort standen schon die Tische einzeln bereit und jeder Tisch war mit einem Namenschild versehen. Jane suchte ihre Platz und winkte ihrenFreundinnen zu. Sie formte mit den Lippen gerade ein "Viel Glück ihr schafft das", als der betreuende Lehrer den Raum betrat."Seid ihr bereit?",fragte er. Die Aufgabenblätter wurden ausgeteilt, die Einlesezeit begann und ab da herrschte Totenstille. Jane grübelte über ihren Fragebögen und wurde genau passend mit dem Ende der Zeit fertig. "Abgeben!",rief der Lehrer und sammelte die umgedrehten Blätter ein. Kaum hatte auch das Letzte inseine Hände gefunden, war es aus mit der Ruhe. Überall begann ein Geflüster und Gequassel, sodass Herr Saal, der Lehrer, laut schreien musste um noch einmal Ruhe zu schaffen. "Hört mir mal alle zu.Ihr habt euch bestimmt alle sehr viel Mühe gegeben und ich wünsche euch noch einen entspannenden Tag!",dröhnte seine Stimme in der Aula. Jane und Melina verließen quatschend den Raum und tauschten gerade ihre Lösungen der Aufgaben aus, als Frau Gress von hinten die Arme um Jane legte und ihr ins Ohr flüsterte:"Na, wie ist es gelaufen, Kleine?" Jane drehte sich um und meinte:"Ging so,ich glaube, ich hab alles falsch gemacht beziehungsweise habe ich keine Ahnung, was falsch und richtig ist." "Klingt dramatisch. Aber so schlimm wirds wohl nicht sein.",erwiderte ihre Mutter. "Da ich ja auch jetzt Schluss habe, könnte ich dich mit heimnehmen." "Oh sry Susan, ich wollte eigentlich etwas mit Melina machen. Wir haben doch soviel zu bereden. Vielleicht setzen wir uns an den Rhein oder so.",sagte Jane und wirkte enttäuscht. "Sie kann doch mitkommen. Natürlich nur, wenn sie Lust hat.",erklärte die Lehrerin. Melina nickte. "Aber klar hab ich Lust." Auch Jane war einverstanden und so machten sie sich auf den Heimweg. Melina staunte, als sie vor dem wunderschönen Häuschen anhielten. "Wow ist es hier hübsch!",entfuhr es ihr und sie wurde ein wenig rot. Jane bemerkte diesen Ausspruch gar nicht, sie war in Gedanken versunken. Irgendwoher, von ganz weit her, traten Gesprächsfetzen an ihr Ohr, doch was Melina und Frau Gress da beredeten, das konnte und wollte sie nicht mitkriegen. Sie beschäftigte die Frage, ob sie eine Chance auf eine sehr gute Abiturnote hatte. Bisher wusste Susan noch nichts von ihrem Traum einmal Ärztin zu werden und Jane war sich auch nicht mehr so sicher, ob er wirklich erfüllbar war. Wie in Trance ging sie durch die Tür und zog den Mantel aus. Melina erzählte schon ausführlich über die Aufgaben aus der Abiturarbeit, als Jane bewusst wurde, wie unhöflich sie sich verhielt. Sie riss sich zusammen und meinte:"Och bitte hör auf, ich möchte ein bisschen abschalten." Melina verstand und wechselte das Thema. Nach zwei Stunden, als es schon anfing dunkel zu werden, verabschiedete sie sich und ging nach Hause. Jane warf sich müde auf ihr Bett. Sie schaltete die Deckenlampe aus und ließ in der Dunkelheit endlich den Tränen freien Lauf. Ihr Gesicht vergrub sie in ihrem Lieblingskissen. Frau Gress hatte so etwas geahnt, als das Mädchen sehr schnell verschwunden war. Sie war ihr nachgegangen und betrachtete nun mit liebevollem Blick das weinende Kind. Sie setzte sich auf die Bettkante und strich über Janes Haar. "Kleine, es wird alles gut. Glaub mir. Warte erstmal ab. Man hat immer so einen Tiefpunkt nach den Abiturklausuren, aber das geht vorbei."
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Home Is A Person *wird überarbeitet*
Teen FictionAls Jane vor einigen Jahren ihre Eltern bei einem Autounfall verlor, wurde ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt. Nach einer langen Phase des Trauerns fand sie zwar ihre Lebenslust wieder, aber eine Familie blieb ihr seitdem dennoch verwehrt. Doch...