8. Gestatten, Tod.

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Hassan legte einen Pfeil nach dem anderen an und schoss nach mir. Er war Sportschütze und demnach sehr gut. Ich konnte trotz meines hohen Tempos nur knapp ausweichen. Ich wurde wütend und hoffte auf die Klinge aus Schatten. Aber es passierte einfach nichts. Langsam bekam ich Panik. Nach ner Zeit gingen Hassan die Pfeile aus und rannte los um sie wieder einzusammeln. Ich sah meine Chance und rannte ebenfalls auf ihn zu. Ich rannte geradewegs in seine Falle.

Er hatte nicht nur Pfeil und Bogen, sondern auch noch versteckte Klingen wie die von Assassins Creed.  Und in genau diese rannte ich hinein. Er lachte mir laut ins Ohr und rief: „Das ist für Memet, du Hurenkind!“ Er ließ die Klingen aus meinem Körper gleiten und trat mir in den Magen. Ich sackte zusammen. Er untersuchte meinen Körper nach Blut und war komplett konfus als er keines fand. Er ging zu einem seiner besiegten Kollegen und erstach diesen. Das Blut floss nur so aus dem leblosen Körper. Es roch… gut. Sehr gut sogar.

Ich stand auf und nahm Kamatayon hoch. Ich versuchte die Schatten zu fokussieren. Es ging einfach nicht. Ich sah mich um, und bemerkte etwas. Um mich herum waren überall Lampen aufgestellt, und durch das Glasdach der Turnhalle kam die grelle Mittagssonne. Klar, ohne Schatten keine Schattenklinge. Und dann erkannte ich den Kerl, den Hassan gerade erstochen hatte. Das war Glen, der seltsamste Vogel der gesamten Realschule. Er war Einserschüler, bekam es aber nie hin, aufs Gymnasium zu kommen, fragt nicht wieso. Er musste die ganzen Lampen bestellt und aufgestellt haben. Fragte sich nur, woher er dass mit der Schattenklinge wusste.

Hassan hatte inzwischen gemerkt, dass ich aufgestanden war, und griff sich eins der Schwerter der Besiegten. Er brüllte und rannte auf mich zu. Seine Hiebe waren wütend und hatten keinerlei Taktik, ich konnte mit Kamatayon alles locker abwehren. Das ging bestimmt fünf Minuten weiter, als er einen Schlag von oben antäuschte und ihn dann hastig auf mein Bein ausführte. Ich spürte es nicht mehr und sprang auf einem Bein zurück. Er hatte das Fleisch sauber durchgeschnitten und hatte die Knochen beschädigt und mindestens die Hälfte der Muskeln getroffen. So in meiner Mobilität eingeschränkt, konnte ich dass meiste nur noch mit Mühe abwehren. Dann erwischte er mich am linken Arm und ich war so gut wie verloren.

So gut wie.

In meinem Kopf ertönte eine Stimme.

 Blut… Gehe zu dem Blut…

Die Stimme lies mich erschaudern. Sie war schrecklich und schön zugleich, klang gleichzeitig vollkommen und hohl, und sie lies Kamatayon vibrieren. Ich folgte dem Rat der Stimme und humpelte zu der Blutlache, während Hassan vor Anstrengung schwer keuchte. Kamatayon schien vom Blut angezogen zu werden. Ich fiel vor der Lache hin und lies Kamatayon fallen. Der Stab rollte ins Blut und fing an zu leuchten. Gleichzeitig schienen meine verkrüppelten Gliedmaßen wieder zu heilen. Ich fühlte mich erfrischt und stand auf, ohne die winzigste Schramme zu haben. Ich nahm Kamatayon hoch und oben am Stab sammelte sich das Blut zusammen. Ich zog die Sense heraus und betrachtete eine Klinge. Nicht aus Schatten, sondern aus Blut.

Es war ein berauschendes Gefühl. So… frei, gelöst von allem. Einfach unglaublich. Ich musste laut lachen. Es war nicht mein normales Lachen, dieses war… anders. Schrill und kreischend. Ich klang wie ein Wahnsinniger. Und genau wie einen solchen sah Hassan mich an. Erst sah er mich, dann die Blutklinge, und er schrie erschrocken auf. Ich blickte ruckartig zu ihm rüber und grinste ihn breit an. Ich wollte sein Blut sehen und spüren und mich damit zudröhnen. Ich sprang auf ihn zu und landete auf seinem Brustkorb. Er fiel um und ich hockte auf ihm. Er versuchte sich zu befreien, war mir aber unterlegen. Ich nahm Kamatayon und berührte mit der Spitze der Klinge seine Wange. Aus dieser trat sofort Blut und wurde in die Klinge gezogen. Währenddessen  hatte er einen Arm in die Reichweite eines Pfeiles gebracht, griff nach diesem und stach nach meinem Herzen. Ich schnellte mit dem Kopf hervor und biss ihm in die Hand. Er schrie laut auf und wand sich unter mir.

Da kam die Stimme wieder.

Es ist genug. Beende es. Jetzt.

Wie ferngesteuert schlug ich ihm auf sein Herz, lies seine Hand los und stand von ihm auf. Die Blutklinge zerfloss und das Blut kehrte zurück zu Glen, und seine Wunde schloss sich. Auf einmal wurde alles um mich herum schwarz.

Fackeln erhellten den dunklen Raum und offenbarten eine lange Tafel. An dieser Tafel saßen viele sehr alte Männer. Ich meinte irgendwo zwischen den Gesichtern auch Albert Einstein gesehen zu haben, war mir aber sicher dass ich mich irrte. Am Kopf der Tafel saß eine Gestalt, die ich nicht vorgehabt hatte in den nächsten Jahrzehnten zu sehen. Der Mann war groß, breit gebaut und spindeldürr. Er hatte als einziger von allen einen Anzug an. Seine Hände waren einfach nur Knochen, die noch irgendwie zusammenhingen. Sein Gesicht war weiß, und seine Augenhöhlen waren leer. Trotzdem spürte ich den Blick des Todes auf mir ruhen.

„Sei Willkommen, junger Toter. Ich möchte dir gratulieren. Du hast dich als würdiger Träger der Sense erwiesen. Bitte, verrate mir doch deinen Namen.“, sagte der Tod, die Stimme in meinem Kopf. „Er heißt Cale…“ fing der Rektor neben dem Tod an, doch dieser unterbrach ihn. „Still, Hannibal! Ich will den jungen Sensenträger reden hören!“ Ich wusste nicht was ich machen sollte, also fiel ich auf die Knie und antwortete mit zittriger Stimme: „Mein Name ist Calem, Herr. Ich…“, fing ich an, doch auch mich unterbrach er. „Bringt seinen Begleiter!“ und eine Tür schwang auf. Es kamen zwei Leichen hinein, die einen Käfig aus Knochen trugen. Sie stellten den Käfig vor mir auf den Boden. Es war ein Rabe, so groß wie ein Fahrrad. So schwarz, dass er glänzte. Er sah mich mit fast menschlichen Augen an und zwinkerte mir zu.

„Aber… Wieso, Herr Tod? Was habe ich getan dass ich diese unglaubliche Ehre verdiene?“, fragte ich ehrfürchtig. Er lehnte sich in seinem Stuhl nach vorne und alle an der Tafel keuchten auf, die die näher an ihm dransaßen sprangen halb auf, in Angst er könnte auseinander fallen. „Du, mein junger Toter, hast eine Gabe. Ich habe 1888 den ersten lebendigen Toten erschaffen. Er hieß Jack und war Londoner. Dummerweise war er zu unkontrolliert und konnte sich nicht zügeln, also habe ich ihn nach seinem fünften Mord eingesperrt und an ihm experimentiert. Aber mein Gegenspieler, das Leben, stahl ihn mir und ich stand ohne Versuchsobjekt da. Ich habe also immer mehr gemacht, bis ich ein ähnliches Potenzial wie das von Jack entdeckte. Fehlschlag. Du bist der einzige seit Jack, der ein so großes Potential hat. Außerdem kannst du eine Sense anheben. Und das ist eine unglaubliche Gabe. Wir beiden, Calem, sind die einzigen in dieser Bruderschaft die mit einer Sense umgehen können. Damit bist du ein Kandidat für das Amt des Vollstreckers.“

Er klatschte in die knochigen Hände und es wurde alles wieder hell.

Ich stand in der Turnhalle. Hassan lag bewusstlos auf dem Boden vor mir. Ich sah mich um. Seine Kollegen kamen alle langsam wieder zu Bewusstsein, und Glen hatte keinen Kratzer mehr. Der Gong ertönte. „Aus! Der Sieger ist Calem! Herzlichen Glückwunsch! Da der Wettbewerb nicht so lange gedauert hat wie vermutet, habt ihr die restliche Woche Schulfrei! Wir sehen uns nächsten Montag, bis dahin: erholt euch gut und macht eure Hausaufgaben!“

Draußen erwartete mich ein stürmender Beifall. Alle Schüler die mitgemacht hatten standen da und applaudierten. Jan, Kai und Violett sprangen aus der Menge und beglückwünschten mich stürmisch. Direkt hinter ihnen kam Isa, und wir schauten uns direkt in die Augen. Sie wurde rot, und ich zwinkerte ihr zu.

Nach allen Verabschiedungen machte  ich mich auf dem Weg nach Hause. Vor der Tür wartete meine Freundin, Lana. Sie war ein bisschen kleiner als ich, hatte kurze blonde Haare und einen wütenden Gesichtsausdruck. Sie kam auf mich zu gerannt und schrie mich an. „Wie kannst du es wagen mich zu versetzen, du Arsch?? Bist du noch ganz bei Trost?? Wie oft soll ich dir noch sagen dass du mich täglich anzurufen hast um mir zu sagen, dass ich schön bin und du mich nicht verdienst??“ Ich sah sie ohne irgendeinen Gesichtsausdruck an und wartete. Als sie Luft holen musste, hielt ich ihr den Mund zu und sagte: „Das kann ab jetzt Jim machen. Hab euch ja letztens in der Stadt rumknutschen gesehen. Von mir aus gern. Viel Spaß mit seinen fünf cm.“ Sie starrte mich mit offenem Mund an und sagte gar nichts mehr. Ich ging an ihr vorbei und nach Hause. Erst als ich drinnen war und die Tür abgeschlossen hatte, genehmigte ich es mir, wieder Wahnsinnig zu lachen.

********* Heyho Leutis :D das ist glaub ich das mit Abstand längste Kapitel das ich je geschrieben hab! Ich würde mich wirklich über Rückmeldungen, Kritik oder Morddrohungen freuen ;D Außerdem kleine entschuldigung, bei mir is grad Klausurphase und ich komm MOMENTAN nich so viel zum schreiben. Aber demnächst sind ja ferien, da probier ich so viel zu schreiben wie möglich ;) danke nochmal an alle, die diese Geschichte gelesen haben. Tschüßi und bis später ^^**************

-Chrona_Q

Der Tod in mirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt