Kapitel 3 - Verbissen

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Ich mochte den Kerker. Ich mochte die dunklen Steinwände, die Korridore, die schweren Holztüren der Zaubertrankklassenzimmer, unter denen manchmal bunte Rauchschwaden durchsickerten. Ich mochte die Tür, hinter der sich Snapes Büro befand. Es gab eigentlich nichts, was mir im Kerker unangenehm war. Am meisten freute mich wahrscheinlich, dass die Gryffindors die Kerker nicht mochten. Sie hatten ihren Gemeinschaftsraum in einem der höchsten Türme und mussten jedes Mal, wenn sie da hoch wollten, mit den sich bewegenden Treppen kämpfen. Salazar Slytherin hatte darauf anscheinend keine Lust gehabt, hatte das Problem vermieden und seine Schüler im Kerker angesiedelt.

 Professor Slughorn empfing uns strahlend im Klassenzimmer und winkte jeden freudig herein. Leslie, Adalyn, Rin und ich steuerten wie gewohnt die letzte Reihe an, wo wir übers Eck saßen und uns gut unterhalten konnten. Alles war beim Alten und ich freute mich auf die neuen Herausforderungen, bis jemand seine Tasche neben mir auf den Tisch warf und sich auf den Stuhl fallen ließ. Ethan McCrowley war anzusehen, dass er bereits vier Schulstunden hinter sich hatte. Er lächelte mich müde an und kramte sein Zaubertrankbuch aus der Tasche. 

„Was soll das werden?", blaffte ich ihn an.
„Huh? Ich hab doch gesagt, ich will aus der Nähe sehen wie du ihn überzeugst." Er nickte zu Slughorn nach vorn, der gerade aufstand und sich der Klasse zuwandte.
„Warum tust du das?", zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
„Ist das nicht offensichtlich?"

 Ich starrte ihn an, aber er kam nicht dazu zu antworten, da Slughorn gerade die Stimme erhob. „Ich bin mir sicher, Sie alle haben schon zur Genüge von meinen Kollegen Vorträge über die Prüfungen gehört", sagte er milde lächelnd. Er hatte eine recht hohe Stimme, die nicht zu seiner Körpermasse zu passen schien. „Deswegen nur so viel: Die Zaubertränke, die in Ihrem Buch stehen werden wir alle im ersten Quartal behandeln. Das zweite und dritte Quartal widmen wir ganz den Gegengiften und vor den Prüfungen wiederholen wir das wichtigste. Bitte fangen Sie mit dem Trunk des Friedens auf Seite zwölf an." 

Ich tauschte einen Blick mit meinen Freundinnen und spurtete dann mit meinem Buch unterm Arm zum Vorratsschrank. Wir hatten eine Routine entwickelt: Rin und Adalyn füllten die vier Kessel mit Wasser, Leslie sorgte für Messer, Brettchen, Waagen und all so was und ich besorgte die Zutaten, die wir nicht selber besaßen. Ich hatte das Zaubertrankbuch bestimmt schon dreimal komplett durchgelesen, und wusste welche Zutaten man brauchte. Ich hatte es nur wegen der Mengen dabei.

Mit Mondsteinpulver, Nieswurzsirup und Alraunenwurzeln beladen kehrte ich an den Tisch zurück. In meiner kurzzeitigen Euphorie hatte ich ganz McCrowley vergessen, der immer noch dasaß und mich anschaute. 

„Also?", fragte er.
„Nein", entgegnete ich, fing ein Einmachglas auf, das Leslie mir zuwarf, und kramte nach meinem Zauberstab. „Es ist nicht offensichtlich." 

„Ich mag dich", sagte er rundheraus und wirkte entwaffnend ehrlich dabei. Seine Mundwinkel zuckten nicht, seine braunen Augen blickten direkt in meine. „Und seit dem Waffenstillstand sind wir sowieso alle Freunde, oder nicht?" 

„Oh, das sind wir ganz sicher nicht." Ich erzeugte hellblaue Flämmchen mit meinem Zauberstab und schloss sie mit einem Schälchen von Leslie in dem Einmachglas ein. „Aguamenti" und das Schälchen füllte sich mit Wasser. Ich hängte die Alraunenwurzeln über den Rand, damit sie dünsten konnten. 

„Ist es so schwer zu glauben, dass jemand dich mag?", fragte McCrowley.
„Es ist schwer zu glauben, dass du mich magst", erwiderte ich und teilte die Zutaten zwischen mir und den drei anderen auf. „In Anbetracht der Tatsache, dass wir noch nie miteinander geredet haben." 

„Wir gehen seit vier Jahren zusammen zur Schule, es ist wirklich nicht so, als würde ich dich nicht kennen." 

Ich sah ihn vor mir, wie er bei meinem Quidditch Auswahlspiel auf der Tribüne saß und lachte und meine Mimik verhärtete sich. „Da vorne sitzt deine Freundin. Allein. Geh sie nerven. Oder da, da ist Elliott, wie ich Vertrauensschüler, wie ich mit seinen Freunden zusammen. Geh ihn nerven, aber lass mich in Ruhe." 

SlytherinherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt