Kapitel 4 - Die kommenden Kriege

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Beim Frühstück am nächsten Morgen ließ Rin uns kurz allein um mit Taran Urquhart zu sprechen, dem neuen Mannschaftskapitän von Slytherin. Ich beobachtete sie unauffällig, während ich meine Cornflakes aß. Urquhart hatte die Statur eines Treibers, breit gebaut, starke Arme, kräftige Beine, spielte allerdings als Jäger. Zumindest hatte er letztes Jahr für die Position des Jägers bei den Auswahlspielen teilgenommen. Rin war ein Stück größer als er und auf mich wirkte sie beeindruckend wie sie mit einer Hand lässig in die Hüfte gestemmt vor Urquhart stand und auf ihn einredete. Er hörte ihr zu, schüttelte dann den Kopf und drängte sich an ihr vorbei in die Eingangshalle. Rin blickte ihm einen Moment wortlos hinterher, bevor sie sich eine schwarze Haarsträhne hinters Ohr klemmte und zu uns zurückkam. Ehe ich auch nur zu einer Frage ansetzen konnte, sagte sie: „Er nimmt keine Mädchen auf."

„Das ist ja wohl ein Witz", sagte ich und war sofort wütend. Dieser Typ hatte noch nie in der Hausmannschaft gespielt und maßte es sich an, Rin zu sagen sie könnte nicht Quidditch spielen weil sie ein Mädchen war. Dabei hatte er sie schon spielen sehen, beim Auswahlspiel.

„Was hat er denn gesagt, wieso nicht?", fragte Adalyn.

„Er meint er will nicht mit den Traditionen brechen", murmelte Rin und starrte missmutig ihr Frühstück an. „Er fühlt sich geehrt, zum Kapitän ernannt worden zu sein, will das nicht gefährden, blabla. Es ist nichts Persönliches."

„Oh", sagte ich mit unfreiwillig bebender Stimme. „Aber es ist persönlich."

Urquhart war zwei Jahre älter als wir und bereits in seinem letzten Schuljahr, also hatte ich keinen Unterricht mit ihm, aber ich nahm mir vor ihm bei der nächsten Gelegenheit mal ordentlich den Kopf zu waschen. Und eigentlich, dachte ich auf dem Weg zu Verteidigung gegen die dunklen Künste, könnte ich Snape auch gleich mal sagen, wie blöd ich es fand, das falsche Abzeichen bekommen zu haben. Es war ja nicht so, dass es keine anderen Mädchen in meinem Jahrgang gab, die den Job machen konnten. Adalyn zum Beispiel konnte tausendmal besser mit Kindern umgehen als ich. Und ich hätte der erste weibliche Quidditch Kapitän des Hauses Slytherin seit ... seit Anbeginn der Zeiten sein können. Vermutlich.

Dementsprechend war ich ein bisschen sauer auf Snape, als wir sein Klassenzimmer betraten. Verteidigung wurde dieses Jahr in einem großen Klassenzimmer im dritten Stockwerk unterrichtet und Snape hatte den Raum offenbar seinen Bedürfnissen angepasst. Dunkle Vorhänge verdeckten die Fenster und sperrten die Sonne aus; der Raum wurde nur von Kerzen und der Feuerstelle an der Kopfseite erhellt. An den Wänden hingen ein Dutzend Plakate, die Menschen in allen Möglichen brutalen Zuständen zeigten. Die Gespräche verstummten, als wir alle den Raum betraten, jeder blickte sich beklommen und ehrfürchtig um und sogar die Gryffindors hielten die Klappe. Snape stand vorne vor der Tafel und wartete, bis wir unsere Plätze eingenommen hatten. Danach blickte er in die Runde und schwieg. Die Stimmung war unbehaglich, unsere Blicke glitten immer wieder an den Wänden entlang, blieben an einzelnen Plakaten hängen - sie schienen schlimmere Zustände zu zeigen, je näher sie bei Snape im vorderen Teil des Raumes hingen.

„Was sehen Sie?", fragte Snape dann, leise, die Frage an niemand Bestimmten gerichtet. Wieder ließ er den Blick über seine stille Schülerschar schweifen und er blieb an Leslie hängen. Sie schluckte und blickte sich um. Dann deutete sie auf ein Plakat in der Mitte und sagte: „Das ist eine Teufelsschlinge, oder? Wie sie gerade jemanden erwürgt."

Snape nickte knapp. „Wie Sie alle wissen sollten, ist eine Teufelsschlinge ein Nachtschattengewächs, das aus bloßen langen, beweglichen Wurzeln besteht. Gerät man in die Reichweite einer Teufelsschlinge, und bekommt sie einen zu packen, wird sie ihr Möglichstes tun, um Sie zu erwürgen. Kennt jemand ein Mittel, wie man diese Pflanze loswird, wenn sie erst einmal zugepackt hat?"

SlytherinherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt