Kapitel 16 - Unverzeihlich

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Da war so viel Blut.

Es sickerte ins Gras und überzog die Halme mit einer glänzenden roten Schicht. In einem entfernten Teil meines Gehirns war mir bewusst, dass ich einiges davon abbekommen hatte. Wie in Trance landete ich neben ihm und sagte immer wieder seinen Namen, aber er reagierte nicht. Die Welt stand still, während ich dastand und ihn wecken wollte und es doch nicht wagte, ihn zu berühren. Sein ganzes Gesicht war voller dunkelrotem Blut und es kam immer noch neues aus der Wunde, die zum Glück von Haaren verdeckt wurde.

Ein Geräusch riss mich aus meiner Benommenheit. Urquhart war ein paar Meter entfernt gelandet und lachte. Er schaute Ethan an, dann mich und er lachte.

Ehe ich wusste, was ich tat hatte ich meinen Zauberstab in der Hand, aber ich benutzte ihn nicht. Ich machte große Schritte auf Urquhart zu, die ihn zwangen zurückzuweichen, bis er mit dem Rücken an der Holzwand der Tribüne stand. Da lachte er nicht mehr. Er sagte irgendwas, aber ich konnte ihn nicht hören. Alles, was es noch gab war der ängstliche Ausdruck in seinen Augen.

Er stand mit dem Rücken zur Wand und er konnte nicht weg, aber ich hörte nicht auf. Ich ging immer noch weiter auf ihn zu, spürte die Magie von Dumbledores Zauber wie elektrische Spannung in der Luft um uns herum. Und ich hörte nicht auf. Die Holzbretter hinter Urquhart begannen leise zu knarzen und ich hörte nicht auf, ich zwang ihn immer weiter zurück. Er hatte Schmerzen. Sein Gesicht verzerrte sich und er fing an gegen den Zauber zu kämpfen, doch er hatte keine Chance. Dann bekam er seinen Zauberstab zu fassen und richtete ihn auf mich.

„Crucio!"

Der rote Strahl war das letzte, was ich sah bevor sich die Welt auflöste und es nichts mehr gab außer unbeschreiblichen, glühenden Schmerzen. Ich wusste nicht, ob ich zu Boden gegangen war oder nicht, wusste nicht ob ich schrie oder still war, ich wusste meinen eigenen Namen nicht mehr. Jede Sehne meines Körpers war bis zum Zerreißen gespannt, mein Kopf explodierte immer und immer wieder, meine Knochen standen in Flammen und meine Haut wurde verätzt.

Und es hörte und hörte nicht auf. Da würde nie wieder etwas anderes sein als Schmerzen. Es war unerträglich. Er musste mich töten, damit es endlich aufhörte, ich wollte es, ich wollte, dass er mich umbrachte, hier und jetzt auf dem Quidditchfeld.

Und dann hörte es auf. Erst ganz plötzlich, dann spürte ich allmählich jeden Teil meines Körpers wieder und es fühlte sich an als wäre ich von zehn Trollen verprügelt worden. Dumpf stellte ich fest, dass ich mich bewegte, oder eher gesagt bewegt wurde. Ich öffnete die Augen und selbst das tat weh. Über mir erkannte ich die Hakennase und die schwarzen Haare von Snape. Ich musste auf einer Art schwebenden Trage liegen.

„Wo ist Ethan?", fragte ich. Meine Stimme war so schwach, dass ich mich wunderte, dass er mich überhaupt gehört hatte.

„Er wird gerade in den Krankenflügel gebracht", sagte Snape ohne mich eines Blickes zu würdigen. „Und da gehen Sie auch gleich hin. Nachdem Sie mit Professor Dumbledore gesprochen haben."

Tränen liefen mir in die Haare, ich hatte keine Ahnung, wie lange ich schon weinte. „Bitte. Nicht zu Dumbledore."

„Allison. Sie müssen. Er muss sehen, was Urquhart angerichtet hat. Dieses Mal wird er verwiesen, es gibt keine andere Möglichkeit."

Es gab nichts, was ich weniger wollte als Dumbledore zu begegnen, so schwach, wie ich jetzt war. Ich wollte ihn anschreien, ihm die Schuld geben, ihn zwingen sich bei mir zu entschuldigen und es so zu meinen und mir zu sagen, dass ich Recht gehabt hatte. Und ich konnte nicht einmal richtig sprechen. Snape war ahnungslos was meinen inneren Konflikt betraf, er ließ mich ausdruckslos in den siebten Stock und dann weiter in Dumbledores Turm schweben. Ich dämmerte immer wieder ins und aus dem Bewusstsein, bis wir angekommen waren und ich meinen Körper dazu zwang sich aufzusetzen. Niemand hatte mir je die Nachwirkungen des Cruciatus-Fluchs erklärt - ich hatte geglaubt es gäbe keine. Aber mir war ziemlich schwindelig und es tat mir immer noch alles weh. Zum Glück hatte ich noch ein bisschen Zeit, denn Dumbledore war nicht da. Tief atmend stand ich auf und stand ein paar Sekunden auf wackeligen Beinen, bevor ich mich am Schreibtisch abstützen musste um nicht umzufallen.

SlytherinherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt