Leslie und ich wurden in den kommenden Tagen entlassen und kehrten in den Gemeinschaftsraum zurück. Überall im Schloss herrschte eine eigenartige Stimmung. Der Unterricht fiel komplett aus, man sah auf den Gängen Lehrer wie Schüler in besorgten Grüppchen zusammenstehen und Neuigkeiten austauschen. Jeden Tag wurden Kinder von ihren Eltern abgeholt. Lucia, die bis zu der Sache mit dem Heuler als Treiber in der Nicht-Hausmannschaft gespielt hatte, war bereits weg als ich aus dem Krankenflügel kam. Zaire wurde einen Tag vor der Beerdigung von seiner Mutter abgeholt und musste sich die Tränen verkneifen. Er hatte Angst, uns nie wiederzusehen. Es war immer noch nicht klar, ob und wann die Schule wieder geöffnet wurde.
Dumbledores und Snapes verwaiste Stühle am Lehrertisch verdorben mir Tag um Tag den Appetit. Die Veränderungen begannen bereits jetzt. Menschen um mich herum hatten Angst, dass etwas noch Schrecklicheres in der Schule passieren würde und zwar schon bald. Dadurch rückten wir, die wir blieben, unwillkürlich näher zusammen. Immer mehr Leute aus anderen Häusern kamen zu den Mahlzeiten an den Hufflepufftisch, zum größten Teil diejenigen, die in der Lerngruppe gewesen waren. Darunter war auch Taylor, die ich mir einmal beiseite nahm.
„Ich muss dich was fragen", murmelte ich ganz nah an ihren braunen Locken. „Es geht um eine Art Traum den ich hatte."
Taylor runzelte die Stirn. „Traumdeutung und Wahrsagen sind eher Lunas Stärke."
„Nein, es ist - es war nicht wirklich ein Traum." Ich wusste nicht, wie ich es beschreiben sollte, ohne verrückt zu klingen. „Gibt es eine Erklärung dafür, wenn man die Stimme von jemandem in seinem Kopf hört? Oder ihn sogar sieht? Ich war schon in der Bibliothek, aber ich weiß einfach nicht, wonach ich suchen soll."
Ihre Stirnfalten vertieften sich. „Du meinst, so etwas wie Telepathie?"
„So was in der Art", bestätigte ich.
Sie überlegte. „Ich weiß nicht, ob es das trifft, aber versuch's mal mit Legilimentik als Suchbegriff. Es ist die Kunst, in jemandes Gedanken einzudringen und zu interpretieren, was man findet. Muggel würden wohl Gedankenlesen dazu sagen."
„Und kann man so miteinander kommunizieren?"
„Es ist sehr komplex. Ich kenne mich nicht gut genug mit dem Thema aus, um dir fundierte Antworten zu geben, aber ich kann Vermutungen äußern."
Ich bewunderte, wie wissenschaftlich sich Taylor ausdrücken konnte. Zu gerne hätte ich sie gefragt, was sie nach Hogwarts vorhatte. Aber andere Sachen hatten gerade Vorrang.
„Dann vermute mal."
„Legilimentik schließt die Kunst ein, die Gedanken anderer Menschen zu manipulieren. Das ist natürlich höchst unethisch und ohne Einwilligung technisch gesehen illegal, aber möglich, nach allem was ich weiß. Man müsste Gedanken, Bilder, Worte, vielleicht sogar Emotionen im Geist des anderen auslösen können. Aber warum interessierst du dich eigentlich dafür?"
Ich kritzelte mir gerade mit Rins Federkiel Legilimentik in meinen Kalender, damit ich den Begriff nicht vergaß. Meine Beschäftigung für die Ferien.
„Das sage ich dir, wenn ich genug Informationen gesammelt habe", meinte ich, weil ich wusste, Taylor hätte lieber eine ausgereifte Erklärung als die schlecht durchdachten Vermutungen, die ich ihr jetzt liefern könnte.
***
Am Freitag war die Beerdigung. Sie sollte nach demFrühstück draußen am See stattfinden. Alle trugen ihre besten Sachen und saßenan ihren eigenen Haustischen. Dumbledores Stuhl in der Mitte des Lehrertischsblieb frei; auf Snapes Platz saß der Zaubereiminister. Ich betrachtete ihn mitzusammengezogenen Augenbrauen. Niemand schien besonders viel Hunger zu haben.
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Slytherinherz
Fanfiction„Warum tust du das?", zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen. „Ist das nicht offensichtlich? Ich mag dich", sagte Ethan rundheraus und wirkte entwaffnend ehrlich dabei. Allison wurde zu ihrer Überraschung zur Vertrauensschülerin ernannt. Dabei h...