Er war nicht schuld!
Die Erinnerung brannte noch immer und ich legte eine Hand auf meinen Bauch. Bash war nicht schuld. Er war ein Geborener und völlig zerrissen von seinen Gefühlen und Gedanken. Bash war ein Opfer und kein Täter, egal was er mir angetan hatte. Und ich war froh es schon damals erkannt zu haben. Doch Raswan und das restliche Rudel verstanden es nicht. Nur Sulay sah mich immer mit diesem wissenden Blick an. Leider sagte sie nie etwas, doch selbst dann hätte ihm keiner mehr helfen können. Eigentlich war ich schuld. Ich hatte ihn nicht in Ruhe gelassen und ihn unbewusst dazu gedrängt es zu tun. Er war ein Opfer, das dafür auch noch bestraft wurde.
Wie zur Bestätigung durchzog mich die Erinnerung des Schmerzes.
Das Boot schaukelte in den Wellen und trieb mich immer näher zu meinem Rudel. Der Ort wurde zwar nie meine Heimat, mein Zuhause. Doch das Rudel war meine Familie. Und ich musste einfach noch einmal dorthin.Ein drückender, starker Schmerz zerrte mich aus meinem nicht erholsamen Schlaf und ich brauchte ein bisschen um mich zu erinnern.
Mein Blick fiel sofort auf meinen Bauch, doch außer Fellen sah ich nichts. Ich war etwas panisch und kurz vor einem Heulkrampf.
Ich wusste was geschehen war und konnte es nicht rückgängig machen.
Langsam hob ich die Felle an und sah Tücher die um meinen Bauch gewickelt waren.
Tränen brachen aus mir heraus und mein ganzer Körper bebte bei meinem Schluchzen. Es war tot.
Bash hatte mein Kind getötet.
Doch in mir schäumte sich neben der Trauer keine Wut auf den Krieger auf, sondern Mitleid.
Er war nicht schuld. Er konnte nichts dafür.
Dennoch war der Schmerz des Verlustes so stark, dass mir unzählige Tränen kamen und ich mich unter den Fellen zusammen rollte.
Ich wollte sterben, einfach verschwinden und nie wieder Schmerzen spüren müssen.
Mein Bauch brannte, alles tat weh und mein Herz war gebrochen.
Ich hatte zwar nicht sehr lange gewusst dass ich Schwanger gewesen bin, doch zu erfahren, dass seit einem Mond ein Kind in mir reifte, hatte mich glücklicher gemacht als alles andere auf der Welt.
Gestern Nacht hatte ich von der Zukunft geträumt, wie wir drei zusammen am Meer standen, mein schwarzhaariger, starker Sohn zwischen uns und mein nächstes Kind schon in meinem Bauch. Doch jetzt ...
Erneut kamen mir Tränen und ich schrie vor Schmerz auf.
Meine Klageschreie hallten in den hohen Mauern wieder und ließen mich selbst erzittern.
Ich spürte Raswans ängstliche Wolf in mir und den Schatten der gerade herrschenden Nacht als meinen schützenden Mantel.
Nur er schien mich zu stärken und gab mir Kraft mein Leiden zu überstehen.
Der Mond schien hell in das Zimmer und tauchten alles in ein schummriges, beruhigendes Licht.
Kalte Luft wehte durch meine Haare und über meine erhitzte Haut.
Sie schenkte mir eine Abkühlung und ließ mich ruhiger Atmen.
Nur noch einzelne Tränen flossen über meine Wangen und erschöpft sank ich zurück.
Starr fiel mein Blick auf das Fenster und ich sehnte mich nach den Geschöpfen der Nacht.
Ein Teil von mir gehörte zu ihnen und seit der letzten Begegnung sehnte sich alles nach ihnen und den Schatten.
Die Sonne verbrannte meine Haut und ließ mich erblinden. Ich brauchte die Dunkelheit, doch ich brauchte auch Raswan.
Ein erneuter Tränenschwall überrollte mich und mein Herz brach noch ein kleines Stück mehr. Ich würde ihm keine Kinder mehr schenken können, das spürte ich einfach.
Doch er brauchte welche, er brauchte ein starkes Rudel und würde mich verlassen.
Erneut schrie ich auf, krallte meine dürren Finger in die Felle und suchte Halt.
Der Wolf hatte sich zurück gezogen, trauerte selbst und ließ mich allein. So wie im Meer, als Bash mich unter die tobenden Wellen gedrückt hatte.
Er war schwach und obwohl er mich beim Training gestärkt hatte, konnte er mir jetzt nicht helfen.
Er musste seine eigenen Wunden lecken und über den Verlust hinweg kommen.
Mein Inneres fühlte sich leer an und mein Verlangen zum Fenster zu gehen und in die kalte Nacht zu springen wuchs weiter.
Mit tränennassen Wangen legte ich mich in die Felle, versuchte den Schmerz zu kontrollieren und ihm nicht zu erliegen. Doch eigentlich hatte ich schon längst verloren.
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Vanja's Story
WerewolfWalhalla-Serie Teil 1 -Vanja's Story- Ein alter Mann sagte einst zu seinem Enkel: „Weißt du, wie ich mich manchmal fühle? Es ist, als ob da zwei Wölfe in meinem Herzen miteinander kämpfen würden. Einer der beiden ist rachsüchtig, aggressiv und graus...