Das Geheimnis

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Es war früh am Morgen. Sollte ich mich jetzt wirklich mit William unterhalten? Bevor ich es mir anders überlegen konnte, textete William.

"Wenn du wach bist, schick ein Ja. Dann bestelle ich ein Uber und lass dich zu mir fahren."

Ich schickte ihm die Bestätigung und kramte nach meinen Jeans. Ich hatte keinen Nerv mich irgendwie hübsch zu machen. Schon gar nicht um die Uhrzeit.

Der Uber-Fahrer kam pünktlich und schnell. Kein Wunder - niemand war unterwegs.

Die Straßen von New York glitten wie im Film an mir vorbei. Ich presste meine Stirn gegen die Fensterscheibe. Es fühlte sich wunderbar kühl an.

Nicht mal der Concierge saß an seinem Desk, als ich die Lobby betrat. Alles schlief und es wirkte so unwirklich.

Problemlos erreichte ich Williams Tür und entschied mich aufzuschließen. Im Entree erreichte mich ein Lichtschein aus Richtung der Küche.

"William? Ich bin's." Ich ging auf die Küche zu. Leider kein William.

"Dein Uber war schneller als gedacht. New York sieht so verdammt ruhig aus.", sagte ich während ich das Wohnzimmer betrat.

"Hey", drang seine tiefe Stimme an mein Ohr. Er saß auf der Couch, vor ihm zwei unbenutzte Gläser.

Ich deutete auf die Gläser und flachste:" Ich bin eigentlich nicht zum Trinken gekommen."

"Ich weiß.", William stand auf, kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. "Willst du vielleicht trotzdem ein Bourbon?"

Unsere Umarmung hatte sich gelöst, aber seine Hand strich liebkosend über meinen Rücken.

"hmm, ja, ok" William nahm den Bourbon aus dem Schrank und wir setzten uns auf Sofa.

Eigentlich war ich doch sauer auf ihn. Warum war ich jetzt so freundlich? Ich konnte sowas nie durchhalten. William machte es mir aber auch nicht leicht. Er sah verdammt gut aus in seinen used Jeans und seinem Pullover. Die Haare waren etwas verstrubbelt. Er sah ganz anders aus als sonst.

"Ich mag nicht lange drum herum reden.", begann William nachdem er einen Schluck genommen hatte.

"Hast du mich mal gegoogelt? Kennst du die Artikel über den Kayto Prozess?"

Ich nickte stumm. Erstmal wollte ich wissen, was er wohl zu sagen hätte, bevor ich ihn in meine Karten schauen ließ.

"Dann weißt du ja auch, dass die Anschuldigungen gegen meinen Vater eigentlich meine Vergehen waren.", sagte er lapidar.

Ich konnte ihn einfach nicht deuten. Er schien weder aufgewühlt noch selbstsicher.

William blickte kurz auf sein Glas. "Ich habe die Chefs von Kayto bestochen, damit sie uns Aufträge erteilen und nicht der Konkkurenz." Er blickte mich suchend an.

"Waren wohl ein paar Weihnachtsgeschenke zu viel, was?", meinte ich flapsig.

William blieb kurze Zeit stumm. "Ich verstehe das nicht, William. Was hat das mit mir zu tun? Das ist doch jetzt mindestens ein Jahr her."

Er nahm noch einen Schluck und schaute mich nicht an. So langsam machte ich mir Sorgen.

"Kayto hat uns, also die Firma, also eigentlich meine Familie und die Firma in der Hand."

Ich schaute nur fragend. "Kayto weiß was ich getan habe und erpresst uns damit. Schließlich haben auch sie, als rauskam, wie gierig sie sind und wie sie ihre Aufträge vergeben, einen schweren Imageschaden erlitten."

Mir war der Atem gestockt "Was heißt das konkret?"

"Stanleys arbeitet für Kayto ohne das wir Geld dafür sehen. Die Buchhaltung denkt sich da immer was aus und Kayto hilft ein bisschen mit, aber im Prinzip arbeiten wir gerade mehrere Kampagnen für die ab - umsonst."

William nahm noch einen Schluck Bourbon. "Der Deal ist mit meinem Vater zustande gekommen. Wenn jemand öffentlich darüber redet, belastet mich Kayto bei den Behörden und ich gehe doch noch in den Knast."

Das musste ich erstmal sacken lassen. Schnell nahm ich noch einen Schluck, um William nicht merken zu lassen wie überwältigt ich war.

"Meine damalige Freundin hat mich verraten. Und als du da heute so im Büro standst, fühlte ich mich total erinnert. Es tut mir leid."

Ich konnte nichts sagen, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte.

"Das ist wohl das kleinste Übel von allem. Ich will dir nichts vormachen, Eva. Ich bin ein Straftäter und wohl nur mit Glück nicht verurteilt. Geld regelt viel, aber nicht alles. Schon gar nicht, wenn die anderen auch Geld haben."

Ich atmete tief ein und wieder aus. Mein Blick war gesenkt. Ich wusste nicht, was ich über ihn denken sollte.

"Weißt du eigentlich, dass du gerade mein Bild von Stanleys komplett zerstörst? Ihr habt doch immer das Bild vom American Dream so hoch gehängt. Jedes Interview von deinem Dad ist voll davon. Harte Arbeit, Fleiß und voller Einsatz und so."

William strich sich über die Haare und schaute zu Boden.

"Ich weiß.", flüsterte er. "Aber mein Vater hat die Karre ja auch nicht in den Dreck gefahren. Er ist halt für mich eingestanden."

Er schnaufte einmal durch und stellte sein Glas zurück auf den Tisch.

"Ich habe dich lieb Eva, aber hätte ich dir das nicht gesagt, wüsstest du nichts über mich."

William biss sich auf die Unterlippe.

"Ich rufe dir ein Auto. Überleg dir alles. Du musst morgen nicht kommen oder gar nicht mehr kommen, wenn du das nicht verantworten kannst. Wenn du einen neuen Job haben willst, dann kann ich dir den besorgen, egal wo. Lass es mich einfach irgendwann wissen."

Ein fetter Kloß hatte sich in meinem Hals breit gemacht. Ich war enttäuscht, wütend. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

William kramte nach seinem Telefon.

"Wie hieß denn deine Ex?", brachte ich irgendwann hervor.

William räusperte sich "Sally"


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Ich wünsche euch einen super Start in die neue Woche!

Lasst einen Vote und Kommentar da, wenn es euch gefallen hat :-)



*pausiert* New York LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt