~3~ Besuch

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Eine Woche lebte Sarah nun bei Dean. Immer wieder - eigentlich jede Nacht - hatte sie diesen einen, scheußlichen Albtraum.
Dean war jede Nacht für sie da. Es tat ihr leid, dass sie ihn wach hielt. Aber er versicherte ihr jedes Mal, dass es ihm nichts machte.
Die Mörder wurden zum Glück gefasst und eingesperrt. Es waren fünf, wie sie sagte.

Sarah hatte diesen Abend immer noch nicht überwunden. Wie auch? Es war schrecklich! Doch Dean lenkte sie ab. Er erzählte ihr jeden Tag von seinem Job. Wie er bei Serien mitgespielt hatte. Sie liebte es, ihm zu zuhören.
So viel hatte sie von ihm erfahren, doch Sarah erzählte nie etwas von sich oder ihrer Familie. In die Schule ging sie auch nicht. Der Rektor war einverstanden gewesen.

,,Was möchtest du denn frühstücken?“ fragte Dean sie an diesem Morgen. ,,Das Übliche.“
Das hieß Brötchen mit Rührei.
Er saß ihr gegenüber und sie aßen die Brötchen. Während Sarah so ihr Ei kaute, fasse sie einen Entschluss.
,,Mein Vater arbeitet als Programmierer. Meine Mutter als Chemikerin bei BAYER. Sie waren die besten Eltern, die man sich wünschen konnte. Mein Bruder, James, er war der beste Bruder auf der Welt. Er hat alles mit mir gemacht. Einmal haben wir die Hühner unserer Nachbarin aus dem Fenster geschmissen. Nur um zu sehen, wie gut sie fliegen können. Es sah echt witzig aus.
Ich liebte sie alle so sehr.
Aber jetzt... jetzt sind sie...“ Das war das erste Mal, dass sie von ihnen erzählte. Sarah kamen die Tränen. Dean wusste nicht, was er sagen sollte. Und so stand er auf und umarmte sie bloß. ,,Danke, Dean. Danke für alles, was du bis jetzt für mich gemacht hast. Ohne dich wäre ich jetzt wohl ziemlich verloren.“ Sie drückte ihn ganz fest. ,,Ja. Aber du hast ja noch deine Freunde.“ meinte er. ,,Naja. Seit dem Ereignis habe ich nicht mehr mit ihnen gesprochen.“ gab sie zu. ,,Warum nicht?“ ,,An dem einen Abend war ich bei ihnen und wir haben eine kleine Party geschmissen. Sie erinnern mich zu sehr an das Ereignis. Und ehrlich: Ich glaube, ich will auf eine andere Schule.“ ,,Hmm. Das können wir bestimmt machen. Aber mal was anderes: Was hältst du davon, wenn wir heute einfach mal spazieren gehen?“ wechselte er das Thema. Dean wollte sie auf andere Gedanken bringen. ,,Das klingt Toll. Liebend gerne!“

Zwei Stunden waren sie schon unterwegs, doch Sarah sprach kein Wort. Auch, wenn sie der Ausflug ablenken sollte, konnte sie nur an ihre Familie und diese eine Nacht denken.
,,Hey, was ist los mit dir? Du genießt den Ausflug ja gar nicht.“ sprach Dean sie vorsichtig darauf an. ,,Hach, ich kann einfach nicht abschalten. Meine Gedanken sind bei... Dean, was soll ich bloß machen. Mein Leben wird nie wieder, wie früher. Ich habe keine Familie mehr, keine Freunde mehr. Einfach Niemanden.“ verzweifelte sie. ,,Doch. Du hast mich.“ meinte der Kiwi bestimmt und knuffte sie. Sarah lachte ihn breit an. ,,Da hast du Recht. Und das freut mich ungemein.“
,,Ach übrigens. Meine Eltern kommen mich, also uns in zwei Tagen besuchen. Sie wissen aber noch nichts von dir.“ kündigte Dean an. ,,Wie sind sie denn so?“ ,,Liebevoll, freundlich. Einfach typisch Eltern.“ grinste er.

Zwei Tage später war es dann so weit. Der Tisch war gedeckt und pünktlich wie die Maurer klingelten es an der Tür. Dean öffnete sie breit lachend. ,,Na Kleiner. Wie geht es dir? Alles fitt?“ fragte Lance, sein Vater.
,,Alles bestens. Hi Mom. Schön, euch mal wieder zu sehen. Kommt doch erst mal rein. Ich muss euch jemanden vorstellen.“ ,,Wen denn?“ wollte seine Mutter, Vicky, neugierig wissen. Sie standen schon im Flur. Sarah saß am Tisch. Als Deans Eltern ins Esszimmer traten, stand sie auf. ,,Mom, Dad, das ist Sarah. Sie lebt jetzt bei mir.“ Sie guckten sich irritiert und leicht geschockt an. ,,Hallo. Schön, sie kennen zu lernen. Dean hat mir viel von ihnen erzählt.“ lachte sie sie an und gab ihnen die Hand. Lance drehte sich zu seinem Sohn um. ,,Kind, sie ist doch erst... sechzehn?...“ begann er. Die Situation missverstehend. ,,Nein, nein! Denk das bloß nicht! Sie ist doch nicht meine Freundin.“ Dean wurde  etwas rot. Aber nur, weil er seine Eltern so peinlich fand. Sarah musste sich ein Lachen verkneifen. ,,Dann erklär es uns.“ bat seine Mutter. ,,Ihr Sohn hat mich bei sich aufgenommen, nachdem ich... nach etwas Grausamen. Er lässt mich seit einer Woche hier leben.“ übernahm Sarah für ihn. ,,So ist es. Bitte geht nicht weiter auf das Grausame ein.“

Sie unterhielten sich köstlich. Sarah verstand sich auf Anhieb mit Vicky. Auch Lance mochte sie. Die Vier unterhielten sich über Gott und die Welt. Doch auch ein schöner Tag muss zu Neige gehen.

Verlust Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt