Kapitel 22

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Clarise P.O.V.

Nicht weit von der Straße, an der mich Edolia alleine gelassen hatte kam ich auch schon in die Stadtmitte.

An den Seiten der großen Straße standen kaputte Autos, deren Fenster eingeschlagen oder gar nicht erst vorhanden waren. An den Häusern hingen zerrissene Stoffstücke, die im warmen Wind hin und her wehten. Rauchwolken stiegen von allen Seiten auf, da die meisten Leute sich in einer alten Tonne oder woanders Feuer machten. Überall lagen kaputte Dinge rum und in zerlöcherten Taschen und Tüten befanden sich noch mehr Dinge. Die meisten Menschen saßen in kleinen Gruppen zusammen ums Feuer oder suchten etwas. Einige liefen alleine umher. Doch keiner schien mich wirklich zu beachten. Sie waren alle mit ihren eigenen Sachen beschäftigt. Die Kleidung der Leute war zerlöchert und hing in Fetzten runter, aber das war besser, als nichts. Ich mir kam gerade eine Frau, die ich auf Mitte dreißig schätze entgegen und ich sah verwirrt, wie sie ein kleines Kind an der Hand führte. Vermutlich ihr Kind. Diese Erkenntnis traf mich mit voller Wucht und Trauer machte sich in mir breit. Diese Menschen hatten Angst. Große Angst. Jeden Tag könnten sie sterben, wenn ein Crank sie angriff oder weil es nicht mehr zu essen gab. Sie könnten sich anstecken und ebenfalls ein Crank werden. Das war ein schreckliches Leben, das ich niemanden wünschte...Obwohl, vielleicht Janson...

Ich musste mich dennoch auf meine Mission konzentrieren und schüttelte den Traurigen Gedanken ab und sah mich um. So schnell würde ich Marcus nicht finden... Die Frau mit ihrem Kind sah mir kurz in die Augen, dann sah sie schnell weg, als wäre Blickkontakt tödlich. Ich atmete schnell ein und stellte mich neben sie. „Entschuldigung...", fing ich an und sie sah mich ängstlich an, meldete immer noch den Blickkontakt. Der kleine Junge, den sie an der Hand hielt sah mich ebenfalls ängstlich an, doch im Gegensatz zu ihr starrte er mir in die Augen. Seine braunen Augen durchbohrten mich förmlich und erinnerten mich an die von Thomas. Die Hand der Frau umklammerte die kleine Hand des Jungen und man sah, wie sehr sie sich anspannte. „Ähm... Ich will nur kurz etwas fragen...nichts Böses...", sagte ich ruhig und die Frau nickte langsam. „Ich suche Marcus, weiß den Weg aber nicht. Wo ist er denn?", fragte ich und versuchte absichtlich einer persönlichen Anrede auszuweichen, da es mir zu persönlich vorkam. „Einfach dieser langen Straße folgen und dann einfach weiterfragen." Ihre Stimme war kratzig und leise, dennoch verstand ich es. „Dankeschön.", sagte ich noch und schon ging sie schnellen Schrittes davon. Ich folgte der Straße, bis ich zu einer Kreuzung kam und mich umsah. Natürlich musste ich noch jemanden fragen, aber ich überlegte gut, wen ich fragen konnte und lief ein wenig unschlüssig durch die Gegend.

Nachdem ich mehrere Leute gefragt hatte bekam ich eine ausführliche Antwort und ging los. Es war ein Glück für mich, dass die Leute mir den Weg erklärten, denn sonst wäre ich vermutlich nie aus dieser Stadt zu Marcus gekommen....

Nach nicht allzu langer Zeit kam ich schließlich zu einer Straße, wo man von weitem schon ein lautes Poltern aus einem Haus hörte. Der laute Bass wummerte und es hörte sich an, als würde man dort einen Gehörschaden bekommen. Dennoch ging ich über den Platz und sah mich um. Das Gebäude sah aus, als wäre es mal eine Luxusvilla gewesen, doch jetzt hingen an den Torbögen und vom Balkon zerrissene und schmutzige Tücher. Menschen, die nicht ganz so schlimm aussahen liefen durch die Gegend. Misstrauisch sah ich mich um, während ich langsam über den Platz zu dem großen Gebäude ging, das wohl das Hauptgebäude war. Ich sah gerade, wie zwei Personen in das Gebäude geschoben wurden. Es waren ein Junge mit dunklen Haaren und ein Mädchen mit ebenfalls kurzen und dunklen Haaren. Der Junge hatte ähnliche Kleidung an, wie Thomas und ich beschleunigte meinen schritt. Es könnte natürlich auch sein, dass das nicht Thomas war, denn jeder andere könnte auch seine Jacke tragen, aber es war eine Hoffnung wert. Kurz, bevor die zwei endgültig in dem Gebäude verschwanden drehte er den Kopf zurück und sah sich kurz nochmal zu dem Kerl um, der sie reinschob, dann war er in dem Gebäude verschwunden. Jetzt gab es keine Zweifel mehr. Das waren Brenda und Thomas! Schnellen Schrittes ging ich dort hin und wollte gerade einfach in das Gebäude laufen, als mich jemand aufhielt. Eine Frau mit blonden Haaren, die grauenhaft geschminkt war und aussah, als wäre sie auf Drogen. „Wo willst du denn hin?", fragte sie mit einer seltsamen Stimme und fuhr mit ihren langen Fingernägeln meinen Arm herunter und wieder rauf. Diese Geste machte mir Angst und so wirkte sie noch abstoßender auf mich, als eh schon. „Ähm... Ich suche Marcus und meine Freunde. Und die sind gerade dort reingegangen...", erklärte ich schnell und der Kerl kam zu mir, der die zwei eben noch in den Club geschubst hatte. Ich wollte mich von der Frau losreißen, aber sie bohrte ihre Nägel in meine Haut an der Schulter und ich blieb stehen. „Du willst also da rein?", fragte er und ich nickte. „Eigentlich habe ich noch eine andere Frage. Bist du Marcus?" Der Kerl lachte seltsam auf und schüttelte den Kopf. Dann holte er aus seiner Jackentasche eine gläserne Flasche, in der eine blaue Flüssigkeit drin war. „Was ist das?" Argwöhnisch betrachtete ich das Gefäß und er hielt es mir hin. „Ich bin mir sicher, dass du deine Freunde dort drinnen suchen willst. Das ist der Eintrittspreis, damit du dort rein kannst...", erklärte er und ich sah die blaue Flüssigkeit argwöhnisch an. Das würde ich doch nicht trinken! Wer wusste schon, was da drin war... „JETZT TRINK SCHON!", schrie er halb und ich nahm das Fläschchen langsam in die Hand, während ich es kritisch betrachtete. Der Deckel war bereits abgeschraubt und ich roch vorsichtig daran. Angeekelt wendete ich das Gesicht ab und spürte im naschten Moment erneut, wie sich die Nägel der Frau in meine Haut bohrten, als sie fragte: „Worauf wartest du?" Unüberhörbar hörte ich den drohenden Ton heraus und setzte die Flasche vorsichtig an. Der Gedanke daran, wie viele Leute da womöglich schon draus getrunken haben ließ mich kurz schaudern, aber ich trank dennoch einen kleinen Schluck. Gerade, als ich wieder absetzten wollte hob diese Frau die Flasche wieder an und schüttete somit mehr in meinen Mund, das ich wohl oder übel runterschlucken musste. Das widerliche Gebräu rann meine Kehle runter und das einzig Positive war, dass es sie ein wenig befeuchtete, auch, wenn ich das Gefühl hatte es würde sie wegätzen. Hustend setzte die Frau die Flasche ab und ich musste zu meinem Schrecken feststellen, dass sie leer war, bis auf ein kleines bisschen, das auf dem Boden zurückgeblieben war. Der Kerl grinste breit und nahm die Flasche wieder entgegen, während ich noch hustete. „Dann viel Spaß!", meinte er noch und schubste mich ebenfalls in das Gebäude.

Frohe Weihnachten euch allen!!
Tut mir leid, dass das Kapitel erst so spät kommt...

Dennoch wünsche ich allen ein wunderbares Fest und viel Spaß!

LG Falke22

Darkest Dreams (Newt ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt