Seit 2 Jahren sehe ich ihnen zu. Im Winter fliegen sie in den Süden, im Sommer kommen sie zurück. Sie lassen sich nirgends fest nieder. Aber genau das ist es, was ihr Leben frei macht. Sie sind nicht gebunden, sie sind frei. Sie haben die Möglichkeit ihre Flügel auszustrecken und sich vom Wind tragen zu lassen. Durch die Gitterstäbe des Fensters ist es nicht leicht, sie zu beobachten, aber das Wesentliche ist, dass ich sie sehe. Und dass sie mir zeigen, dass es die Freiheit ist, die jeder Mensch anstrebt. Und doch weiß man tief im Herzen, wo sein Platz ist. Wo man herkommt, und wo seine Heimat ist.
Das Leben macht es einem allerdings nicht einfach, die pure Freiheit zu erlangen. Es ist, als würde man nach den Strahlen der Sonne greifen und vergebens versuchen, sie festzuhalten. Die Hände zum Licht zu strecken, obwohl man genau weiß, dass man es nur für kurze Zeit spüren wird. Aber Freiheit erfährt man nicht überall. Hier im Gefängnis ist es schwer, etwas anderes als graue Wände wahrzunehmen.
Das Einzige, worauf ich jedes Jahr warte, sind die Zugvögel. Sie zeigen mir, was mich im Innersten unvollkommen macht. Die Möglichkeit zu ziehen. Das Wichtigste hier hinter den Eisenstäbe ist, Einsicht zu finden. Menschen machen Fehler. Aber genau das ist es, was das Leben aufregend macht. Unser Leben ist wie ein Gemälde. Manchmal tun wir genau das Richtige und die Farben harmonieren perfekt miteinander. Und manchmal kommen wir vom Weg ab und verwenden die falsche Farbe. Aber wichtig ist, dass wir aus unseren Fehlern lernen und die falsche Farbe nicht übermalen, sondern akzeptieren. Einsehen, dass das Bild nicht perfekt ist. Jeder Künstler hat von ganz unten angefangen. Aber jeder Künstler hat an sein Bild geglaubt. Und das ist es, worauf es ankommt. Ich glaube an mein Leben, auch wenn manche Farben und manche Pinselstriche danebengingen.
Doch die schönsten Farben malt immer noch unser Herz. Und genau deshalb ist es wichtig, sich von ihm tragen zu lassen, so wie sich die Zugvögel vom Wind tragen lassen. Wenn man nicht weiß, wohin, dann gibt uns unser Herz die Antwort. Denn Heimat ist, wohin dein Herz gehört.
Es ist nicht wichtig, dass unser Gemälde perfekt ist. Wichtig ist, dass es unser Gemälde ist und dass wir Änderungen zulassen. Dass wir keine Angst vor Fehlern oder Neuem zeigen. Auch in meinem Leben wird sich nach meiner Entlassung einiges ändern. Neue Farben werden sich mit den alten vermischen und zu den alten Fehlern kommen neue hinzu. Aber das ist auch gut so. Würde sich nämlich nichts ändern, wäre es nicht das Leben, sondern der Tod.
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Mindless - Eine Party. Eine falsche Entscheidung. Eine ewige Schuld
Teen FictionDer vierte Juli wird für Amber nie ein Unabhängigkeitstag sein. Sie wird nie wieder am vierten Juli feiern und sie wird dieses Datum auch nie wieder vergessen. Egal wie sehr sie es sich auch wünscht. Der vierte Juli erinnert sie daran, dass sie Sch...