Raelyn kam am letzten Tag der Ferien wieder. Wir trafen uns am See und wanderten dort entlang, während ich mich über Harry, Ron und Hermine beschwerte.
"Sie haben ständig irgendwas zu tun und wollen mir nicht sagen, was sie tun!", jammerte ich.
"Ich will gar nicht wissen, was die aushecken. Könnte sein, dass sie sich in Schwierigkeiten bringen", bemerkte sie und klopfte mir leicht auf die Schulter, ihre giftgrünen Haare wurden ihr vom Wind ins Gesicht gedrückt.
"Hermine und Schwierigkeiten? Dafür müsste sie die Regeln brechen und das würde sie nie tun", sagte ich zweifelnd.
Raelyn zuckte die Schultern. "Naja, ich erinnere dich an den Troll. Regeln brechen geht schneller als du denkst."
Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch dann dachte ich an meine abendlichen Treffen mit Floh und schwieg.
Als hätte ich ihn herbeigerufen, ertönte da ein Knall und der junge Gargoyle ließ sich auf meine Schultern fallen. Raelyn zuckte heftig zusammen, dann griff sie sich theatralisch ans Herz.
"Meine Güte, Floh! Musst du mich so erschrecken?", lachte sie.
Die Haut des Gargoyle verfärbte sich gräulich schwarz, was, wie ich inzwischen wusste, Scham ausdrückte.
"Tut mir leid, Raelyn", entschuldigte er sich.
"Ach, kein Ding. Mach dir nicht so viele Sorgen", schmunzelte Raelyn.
"Floh, ist etwas? Normalerweise tauchst du nicht so plötzlich auf, außer, es ist wichtig", unterbrach ich die beiden.
"Oh, ja", sagte Floh und wandte sich mir zu, "ich habe mit meiner Mutter gesprochen. Sie weiß, wer dein Vater ist. Aber sie wollte es mir partout nicht sagen und danach hat sie auch keine Fragen mehr zu deiner Mutter beantwortet. Sie war sehr böse, dass ich überhaupt frage."
Schuldbewusst ließ er den Kopf hängen. Ich bekämpfte mühsam die Enttäuschung und nahm seine krallenbewehrte Hand.
"Ist nicht schlimm, Floh. Du kannst ja nichts dafür. Danke, dass du es versucht hast.""...was der Grund für diese häufig auftretende Blaufärbung des Gegenstandes im Verlauf der Verwandlung ist. Wollen Sie das wiederholen, Miss Starling?"
Erschrocken blickte ich von meinem Blatt auf, das ich gedankenverloren vollgekritzelt hatte und starrte McGonagall an, die mich erwartungsvoll musterte.
"Ähm, tut mir leid, ich war etwas abgelenkt", gab ich zu und wurde rot.
Hermine neben mir sah mich mit gerunzelter Stirn an.
"Sonst sind Sie doch aufmerksamer. Bitte konzentrieren Sie sich jetzt auf den Unterricht, oder ich muss Ihnen leider Punkte abziehen", wies sie mich zurecht, dann fuhr sie mit ihrem Vortrag fort.
"Ist alles in Ordnung?", fragte Hermine, als wir den Raum verließen und uns auf dem Weg zum Quidditch machten.
Das Spiel Gryffindor gegen Hufflepuff stand an und Raelyn hatte mir am Morgen scherzhaft mitgeteilt, dass wir die nächsten vierundzwanzig Stunden Feinde wären.
"Ja, sicher. Ein Wunder, dass du überhaupt etwas mitbekommst. Haben Harry, Ron und du gefunden, was ihr gesucht habt?", schoss ich ihr ungehalten an den Kopf, nur um mich sofort wieder zu entschuldigen.
Hermine seufzte. "Ist schon gut. Aber du bist seit den Ferien so seltsam drauf, ist wirklich alles in Ordnung?"
"Ja. Ich bin nur etwas enttäuscht, weil ich Antworten über meine Eltern erwartet habe und sie nicht bekommen habe", gab ich zu.
Diese Enttäuschung drückte mich stark runter. Ständig musste ich daran denken, dass alle etwas zu wissen schienen, mir aber kein Wort sagten. Immer hieß es, jemand anders sollte es mir erklären. Aber wer? Sie schoben die Verantwortung nur von sich und ich verstand einfach nicht, warum. Was war so schlimm, dass es niemand aussprechen wollte? Wer war mein Vater?
Wir schwiegen, bis wir uns auf unsere Plätze setzten. Uns gegenüber saß Raelyn und hatte sich die Haare in der Farbe ihres Hauses gefärbt. Der Anblick brachte mich zum Lachen.
Das Spiel fing wie immer meine volle Aufmerksamkeit und ich verfolgte jede Bewegung der Jäger. So war ich ziemlich ungehalten, als Tumult hinter mir ausbrach.
"Könnt ihr euch nicht zusammenreißen!", brüllte ich und drehte mich um, nur um verblüfft auf das Knäuel vor mir zu blicken.
Neville rollte mit Crabbe und Goyle über den Boden, Ron schlug auf Malfoy ein und Molton stand daneben und sah einfach zu.
Ein Aufschrei von Hermine ließ mich gerade rechtzeitig aufblicken: Harry stürzte auf den Boden zu, wobei er den Schiedsrichter Snape beinahe mitriss und fing kurz darauf den Schnatz. Getöse brach aus, noch nie war ein Spiel so schnell vorbei gewesen. Himmel, es hatte bloß fünf Minuten gedauert!
Hinter all den Gryffindors, die auf der Tribüne herumsprangen, ging ich komplett unter, also kletterte ich einfach auf die Sitze und jubelte der Mannschaft zu, dann sprang ich herunter und machte mich auf den Weg zum Gemeinschaftsraum.
Die Mannschaft wurde beim Eintreten noch mehr gefeiert als beim letzten Mal. Nur war Harry nicht dabei. Ich beschloss, nicht nachzufragen, drängte mich durch die jubelnde Menge und blieb vor den Zwillingen stehen.
"Gratuliere! Ihr seid großartig geflogen, wenn auch etwas kurz", lachte ich.
Die beiden tauschten Blicke.
"Ich glaube, wir hatten noch nie einen so guten Sucher!", sagte der eine triumphierend.
"Hast du gesehen, wie Snape fast vom Besen gefallen ist?", grinste der zweite.
Ich unterhielt mich eine Weile mit ihnen und feierte mit dem Rest der Gryffindors. Doch später am Abend seilte ich mich ab, verzog mich in mein Zimmer und starrte nachdenklich aus dem Fenster neben meinem Bett, den Zettel meines Paten auf der Brust.
Ob meine Mutter mich jetzt sehen kann? Warum ist sie kein Geist? Warum hat mein Vater mich ganz allein gelassen? Warum kann mir niemand etwas darüber sagen? Oder eher: Warum, bei Merlin, will keiner etwas sagen?
Die Fragen drehten sich schon so lange in meinem Kopf, doch auch heute konnte ich keinen Sinn in ihnen finden. Unglücklich streichelte ich Sorens Gefieder.
Mein Leben war immer von Ungewissheit geprägt gewesen und es hörte einfach nicht auf. Eine einzelne Träne rollte über meine Wange. Schnell wischte ich sie weg und lächelte mein Spiegelbild in der Scheibe gequält an.
Etwas miaute hinter mir. Überrascht drehte ich mich um.
Dort saß Scaramouche, Raes Kater. Er betrachtete mich aus warmen, blauen Augen.
"Kann es sein, dass du genauso ungewöhnlich bist, wie deine Besitzerin", schmunzelte ich und kraulte ihn.
Schnurrend schmiegte er sich an meine Seite, dann kletterte er auf meinen Schoß und legte sich dort schlafen.
Warum auch immer es so war, aber seine bloße Anwesenheit linderte den Schmerz in meinem Inneren.Oh man, die Arme Leila. Habt ihr eine Vermutung, was es mit ihren Eltern auf sich hat? Und wer ist überhaupt Flohs Mutter? Schreibt eure Vermutungen in die Kommis!
Das auf dem Bild soll Scaramouche darstellen.
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Drachenfeuer ~Harry Potter FF~
FanficLeila hatte es in ihrem Leben nie einfach. Als Weise wuchs sie in einem Weisenhaus auf, bis ein gewisser Albus Dumbledore auftaucht und sie mit nach Hogwarts nimmt. Denn sie ist eine Hexe. In der Schule erfährt sie vieles über sich selbst und lernt...