Kapitel 8

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EMILIA

Erst war alles schwarz.
Die Schwärze schiehn mich verschlucken zu wollen.
Sie machte all den Schmerz den ich spürte, noch schlimmer und ließ ihn wie eine Welle über mir zusammenbrechen.
All die Angst schiehn mich zu bedrohen.
Bilder zogen an mir vorbei. Erinnerungen an längst vergangene Zeiten.

Mama und Papa feiern mit mir meinen Geburtstag.
Mein erster Kindergartentag.
Der Umzug in eine neue Wohnung.
Der erste Schultag.
Die ersten Freunde.
Und dann...
Der Unfall.
Die Beerdigung.
Der Schmerz.
Doch...
Micha.
Manu und Nala.
Der Umzug in die neue Wohnung mit ihnen.
Und dann der Typ. Er kam bedrohlich schnell auf mich zu.

Doch plötzlich wich das Schwarz einem gleißend hellen Licht.
Es ist warm und zieht mich fast schon magisch an.
Ich sehe Mama und Papa und all der Schmerz und die Angst  ist verschwunden.
Sie strecken mir die Hand entgegen. "Komm mit uns Liebes." sagen sie und lächeln.
Ich habe sie so sehr vermisst.
Ich gehe auf sie zu.
Die vertraute Geborgenheit, nimmt mich in sich auf.
Fast berühren sich unsere Hände.

Eine Bewegung im Augenwinkel lässt mich inne halten.
Mitten im Licht ist eine Art Loch und zunächst scheint es eine weitere Erinnerung zu sein, doch diese scheint anders zu sein.
Darin sehe ich mich.
Ich liege in einem Krankenhausbett.
Neben mir sitz jemand.
Braune schulterlange Haare, verdecken wie so oft die Sicht auf wunderschönen grünen Augen.
Er hält meine Hand, mit dem Daumen streicht er immer wieder darüber.
"Wach bitte wieder auf. Ich darf dich nicht verlieren. Ich liebe dich doch..."
Er klingt so gebrochen.
Ich will ihn nicht verlieren. Ich will ihn sehen, ihn berühren, ihm mit der Hand durchs Haar wuscheln und ihm sagen das alles okay ist, doch meine Hand greift ins leere.
Ich will wieder auf dem Sofa sitzen und ihm und Micha beim zocken zu sehen, sehen wie er lacht und wie er immer wieder zu mir schaut und mich mit seinen grünen Augen anlacht.

"Schatz komm her." Ich drehe mich wieder um, weg von der Erinnerung, von der Wärme und Liebe die von ihr ausgeht, von dem Jungen den ich liebe und sehe meine Eltern an, noch immer strecken sie mir ihre Hände entgegen.
"Mama... Ich... Es ist... Ich kann nicht... jetzt noch nicht." Ich weiche einen Schritt zurück, doch meine Mutter lächelt nur verständnissvoll.
"Es ist okay, Schatz. Noch ist nicht deine Zeit. Wir werden auf dich warten."

Das Licht verschwindet und die Schwärze umhüllt mich wieder.
Die Schmerzen brechen über mich ein, doch ich kämpfe mich durch, die Gedanken immer bei Manu. Ich muss es schaffen, für Manu.

Und dann spüre ich meinen Körper wieder. Langsam kehrt das Gefühl zurück.
Meine eine Hand fühlt sich warm an. Ich versuche den Kopf in diese Richtung zu drehen und sehe wie Manu meine Hand noch immer fest in seiner hält, sein Kopf liegt daneben, das Gesicht in die Bettdecke gedrückt, leise höre ich ihn schluchtzen.

Mein ganzer Körper tut weh, doch ich hebe meine andere Hand an und lege sie vorsichtig auf Manus Kopf. Seine Haare sind so weich.
Manu hebt leicht den Kopf, als meine Hand seine Haare berühren. Seine grünen Augen mustern mein Gesicht, als wenn er nicht glauben könnte das ich da bin.
"D-Du bist wach. Oh Gott... Emilia ich hatte solche Angst." seine Stimme zitterte.
Ich versuchte etwas zu sagen aber die Schmerzen arbeiten gegen mich.
"Alles okay. Sag nichts. Schlaf noch ein bisschen, okay?"
Er war in begriff aufzustehen und somit auch meine Hand los zu lassen, doch ich hielt sie unbewusst fest, als Manu seine Griff lockerte.
Ich wollte jetzt nicht allein sein.
"Bleib hier. Bitte." meine Stimme war so leise, nichts mehr als ein flüstern, aber Manu schiehn mich verstanden zu haben, denn er drückte meine Hand einmal und setze sich wieder auf den Stuhl neben dem Bett.

"Ich bin hier. Schlaf ein. Ich pass auf dich auf." Er lächelte leicht und hauchte einen Kuss auf meine Hand.

"Danke..." flüsterte ich noch, dann schlief ich ein.

Ich wachte Stunden später wieder auf. Ein Blick auf die Uhr verriet mir das ich knapp 12 Stunden geschlafen hatte und die Sonne schiehn schon wieder unter zu gehen.
Manu war eingeschlafen, doch er hielt meine Hand noch immer fest in seiner.
Er sah so gebrochen aus, so verletzlich aber dennoch irgendwie glücklich.

Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. "Herrein." bat ich, gerade so laut das man mich hören konnte aber so leise das Manu nicht wach wurde.
"Hey. Du bist ja wach!" Micha kam um die Ecke und hielt inne. "Schläft er jetzt endlich?" flüsterte er mit einem Blick auf Manu und ich nickte.

"Er war die ganze Nacht wach und bis eben auch noch. Er ist nicht einmal von deiner Seite gewichen, hat deine Hand nicht losgelassen. Aber jetzt zu dir. Wie geht es dir?" Micha lächelte leicht und zog einen weiteren Stuhl ans Bett heran.
"Ich hab Kopfschmerzen, mir tut der Hals weh. Naja aber sonst eigendlich ganz okay. Die Schmerzmittel scheinen ihren Job sehr gut zu machen." Ich sah Micha an und dieser nickte.
"Der Arzt kommt gleich noch einmal rein und die Polizei möchte auch mit dir reden, okay?" Micha sah mich an, doch ich nickte nur.
Ich war noch immer müde aber mir blieb keine Zeit mich auszuruhen denn im selben Moment schwang die Tür, diesmal ohne klopfen, auf und mit lauter, unfreundlicher und fester Stimme wurde mir "Guten Abend!" gewünscht.
Ich erschreckte mich ebenso wie Manu, der jetzt wieder wach war.
Das kann ja nur nen spitzen Arzt sein wenn der einen schon so begrüßt und meine Beführchtungen wurden leider bestätigt.

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