Vorsichtig klopfte ich gegen den Türrahmen und sofort schauten Lars und Sven von ihren Büchern hoch und mich an. "Hey Kleine, hast du fertig gelernt?" Ich nickte und ließ mich zwischen den beiden auf die Couch fallen. "Ich hab nachgedacht." Sofort klappten meine Brüder ihre Bücher zu und schauten mich an. "Ist das gut oder schlecht?", erkundigte Lars sich. "Ich denke gut. Seit ich euch beim Training gesehen habe, ist mir klar geworden, dass ich euch ziemlich belastet habe. Ich bin euch wirklich dankbar, dass ihr für mich da ward, auch wenn ich euch weggestoßen habe. Die Sache mit Jan ist jetzt schon lange genug her, damit ich sie verarbeiten konnte. Ab jetzt werde ich daran keinen Gedanken mehr verschwenden und ihr solltet das auch nicht tun. Konzentriert euch lieber wieder auf den Fußball und trainiert fleißig, damit es diese Saison besser läuft. Was meint ihr?" Ich versuchte mich an einem überzeugenden Lächeln und es schien ganz gut zu klappen, denn die Jungs lächelten ebenfalls und nickten. "Das klingt gut." "Das klingt sehr gut." "Okay, was haltet ihr dann davon, wenn wir jetzt zusammen was kochen?", fragte ich und Sven und Lars stimmten sofort zu. Wir standen auf und liefen in die Küche. Dort mussten wir uns erstmal einigen, was es geben sollte. Am Ende entschieden wir uns für einen Salat mit allem möglich dazu. Währned Lars die Rindfleischstreifen briet, kümmerten Sven und ich uns um den Salat, das Dressing und das Gemüse. Zwanzig Minuten später saßen wir am Esstisch und ich zündete schmunzelnd noch eine Kerze an, dann begannen wir zu essen. "Was würdet ihr davon halten, wenn ich wieder Fußball spielen würde?", fragte ich irgendwann unvermittelt und sofort starrten meine Brüder mich an. "Wenn du das gerne machen möchtest, dann finde ich das gut." "Seh' ich genauso", stimmte Sven Lars zu. "Denkt ihr ich könnte bei euch anfangen? Also in eurer Frauenmannschaft?" "Bestimmt. Wenn du morgen Zeit hast, kannst du ja mal zum Training mitkommen. Die Frauen müssten morgen auch da sein, dann kannst du da mal zur Probe mitmachen." Ich nickte und schob mir eine weitere Gabel Salat in den Mund. Sobald ich runtergeschluckt hatte, legte ich den Kopf schief und begann zu grinsen. Sven zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Was hast du dir jetzt in den Kopf gesetzt?" "Ich möchte meinen Namen ändern lassen." "Was?" "Von Keil zu Bender. Dann können wir das Schild an der Tür erneuern und da steht dann Lars, Sven und Emily Bender und nicht mehr Lars und Sven Bender und Emily Keil. Ist die Idee blöd?" "Nö, ich find's cool", sagte Lars sofort und Sven nickte ebenfalls. "Ich schätze wir haben morgen einiges vor." "Sieht so aus. Und jetzt erzählt mir irgendwas. Bis jetzt hab nur ich neue Themen gebracht." "Was sollen wir dir denn erzählen?" "Worum es in euren Büchern geht, zum Bespiel." Meine Brüder grinsten sich an und dann erzählten sie mir wirklich, worum es in ihren Büchern ging. Als wir mit dem Essen fertig waren, räumten wir alle zusammen ab und kuschelten uns anschließend auf die Couch. Als es schließlich spät wurde, ging ich hoch ins Bett und hörte nur wenige Minuten später, wie Sven und Lars meinem Beispiel folgten. Seufzend rollte ich mich auf die Seite und griff nach meinem Handy. Dann suchte ich in meinen Kontakten nach meiner Kommilitonin Marie und fragte sie, ob sie mir ihre Mitschrift von morgen schicken konnte und ob wir uns mal treffen wollten. Dann sperrte ich meine Handy, legte mich auf den Bauch und war nach kurzer Zeit eingeschlafen.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich extrem müde. Denn obwohl ich mir vorgenommen hatte mit Jan abzuschließen, hatte ich heute Nacht mehrere Male schlecht von ihm geträumt. Seufzend kugelte ich mich aus meiner Decke und stand auf. Mein Handy nahm ich ebenfalls vom Ladekabel und entdeckte eine Antwort von Marie. Sie würde mir Kopien von ihren Aufzeichnungen mitbringen wenn wir uns trafen. Am Besten passte es ihr heute am späten Nachmittag. Ich antwortete schnell und schrieb einen Ort und eine genaue Uhrzeit, dann lief ich ins Bad und anschließend wieder in mein Zimmer. Da es momentan relativ kalt war, suchte ich mir eine dickere Leggins und einen Pullover raus, der mir bis über den Po reichte. Als ich angezogen war, deckte ich im Bad noch schnell meine Augenringe ab, dann ging ich in die Küche, wo Sven und Lars schon saßen und Kaffee tranken. "Morgen Jungs. Wann fahren wir zum Training?" "Um viertel vor zwei." "Okay, dann fahre ich vorher noch in die Stadt einige Dinge erledigen." "Alles klar. Dann bis nachher." Ich drückte den beiden noch je einen Kuss auf die Wange, dann packte ich meine Kleinigkeiten in eine Tasche und zog mir Stiefeletten an. Der Pulli war dick genug, sodass ich keine Jacke brauchte. Draußen stieg ich in mein Auto und fuhr los. In der Stadt ließ ich mir zuerst neue Passbilder drucken, dann ließ ich bei der Behörde meinen Nachnamen ändern und ließ mir auch gleich einen neuen Personalausweis ausstellen. Meiner war nämlich in ein paar Wochen abgelaufen. Das sagte ich auch der Frau hinterm Tresen und sie versicherte mir, dass sie dafür sorgen würde, dass es schnell ging. Ich bedankte mich und schaute noch kurz in einem Buchladen vorbei. Dort kaufte ich mir zwei neue Wälzer und fuhr anschließend nach Hause, wo ich mir ein Brötchen machte. Seufzend ging ich hoch auf mein Zimmer und suchte mir Klamotten fürs Training raus. Schneller als erwartet war es viertel vor und ich lief runter. "Na, aufgeregt?", erkundigte Lars sich. Gespielt selbstbewusst grinste ich ihn an. "Sollte ich?" Lachend schüttelte er den Kopf. "Nein, das brauchst du wirklich nicht, du bist nämlich verdammt gut. Also komm." Wir verließen die Wohnung und fuhren los. Auf der Fahrt spürte ich dann doch ein wenig Nervosität, welche jedoch in dem Moment verschwand, als Julian mich lächelnd auf dem Parkplatz begrüßte. Ich hielt es sogar aus, dass er mich für einen Moment umarmte, dann gingen wir zu viert rein und Sven und Lars brachten mich zu einem der Trainingsplätze, wo eine Frau mit hellbraunen Haaren saß. "Hallo Verena, das ist unsere Schwester Emily. Die würde gerne bei euch spielen." "Hey Lars, hey Sven, hallo Emily. Ich bin Verena, die Cheftrainerin. Freut mich dich kennenzulernen." Lächelnd schüttelte ich ihr die Hand. "Emily, freut mich auch." "Und du würdest also gerne bei uns spielen?" Ich nickte. "Hast du schonmal Fußball gespielt?" "Ja, einige Jahre im Verein, bis ich aus Zeitgründen aufhören musste." "Okay, und auf welcher Position?" "Meistens im Tor, manchmal als Notfall in der Abwehr." "Du bist also sowohl Torhüterin als auch Feldspielerin, das ist gut. Du kannst heute gerne mal mittrainieren und dann sehen wir weiter." "Okay super. Danke." Ich drehte mich zu Sven und Lars um. "Danke Jungs. Ab jetzt schaff' ichs auch alleine." Lächelnd umarmte ich die zwei kurz, dann gingen sie weg und Verena führte mich in die Umkleide. Dort klatschte sie in die Hände. "So Mädels, das ist Emily und sie wird heute mal zur Probe mit uns trainieren. Ich hoffe ihr präsentiert euch von eurer besten Seite!" Alle nickten und Verena ging wieder raus. "Hier ist noch ein Platz frei Emily!", rief eine Brünette von links und ich lief dankbar lächelnd zu ihr. "Hey, ich bin Laura." "Emily, freut mich." Wir zogen uns um und machte mir noch die Haare zusammen, dann gingen wir alle zusammen nach draußen. Das Training machte richtig viel Spaß und als ich schließlich erschöpft auslief und letztendlich anhielt, war ich mir sicher, dass ich das wieder öfter machen wollte. In diesem Moment kam Verena zu mir. "Und, wie war's?" "Großartig. Ich würde gerne weitermachen." "Das freut mich, du bist auch wirklich gut. Aber Torhüterinnen haben wir genug und du bist auch ein wenig zu klein dafür. Deshalb würde ich dich gerne in der Abwehr oder dem defensiven Mittelfeld sehen." "Ähm, okay." "Hast du schonmal im Sturm gespielt?" "Nein, ich bin eher dafür gut jemandem den Ball abzujagen." Verena lachte. "Ja, das habe ich heute gemerkt. Du bist unglaublich schnell, was dich auch als Stürmerin geeignet machen würde. Deshalb wärst du mir im Mittelfeld am liebsten. Aber das sehen wir dann. Jetzt geh' erstmal duschen und morgen Vormittag kommst du nochmal her und wir klären den Papierkram." "Alles klar. Und vielen Dank nochmal." Lächelnd joggte ich in die Umkleide, wo die anderen Mädchen mich sofort gespannt anschauten. "Und? Bleibst du?" Grinsend nickte ich uns wurde sofort in mehrere Arme gezogen. Lachend ließ ich mich darauf ein und fühlte mich zum ersten Mal seit Langem wieder richtig gut.
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Plötzlich zwei Brüder?
FanfictionEmily fühlt sich wie in einem schlechten Film. Ihre Mutter ist gerade gestorben und hat ihr einen Brief hinterlassen, in dem die 20-Jährige erfährt, dass sie adoptiert und durch eine Affäre ihres Vaters entstanden ist. Entschlossen macht sie sich au...