"Wie oft denn noch? Es ist nichts gelaufen und da wird auch nichts laufen!" Genervt zog ich mir mein Shirt über den Kopf, während Laura noch immer grinsend neben mir saß und sich irhen zweiten Schuh anzog. "Du bist mega selbstbewusst, nur bei ihm nicht. Außerdem kommst du aus dem Schwärmen kaum mehr raus, wenn du erstmal angefangen hast, und wenn irgendwelche Mädchen über ihn reden, verziehst du das Gesicht, als ob du auf eine Zitrone beißen würdest. Du kannst mir nicht erzählen, dass da nichts ist." Ich seufzte. "Das hab ich ja auch nicht gesagt. Ich hab nur gesagt, dass neulich im Café nichts gelaufen ist und dass ich eigentlich keine Beziehung möchte. Jedenfalls noch nicht. Immerhin bin ich noch nicht lange von Jan getrennt und das will ich einfach so schnell nicht wieder durchmachen müssen." "Aber wenn Phillip doch der Richtige für dich ist, dann wird dir das nicht passieren." Damit keine unserer Mitspielerinnen Verdacht schöpfte, hatten wir uns Phillip als Decknamen für Julian überlegt. Es funktionierte auch ganz gut, wobei die meisten im Team sich sowieso nicht dafür interessierten oder die Umkleide schon verlassen hatten. Laura stand auf und setzte ihre Mütze auf, während ich in meine Jacke schlüpfte. Es war wieder ekelhaft kalt in Deutschland und ich wäre am liebsten den ganzen Tag zu Hause geblieben. Meine beste Freundin und ich verließen die Umkleide, während ich über Lauras Worte nachdachte. Irgendwie hatte sie ja Recht. Aber ich hatte jetzt auch gar keine Zeit für einen Freund. Das Studium und der Verein forderten mich schon genug, es blieb kaum freie Zeit. Seufzend legte ich meine Arme um meinen Körper, als wir das Gelände verließen und zu unseren Autos liefen. "Ein Freund passt einfach gerade überhaupt nicht in mein Leben. Und damit basta." Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem breiten Schmunzeln schaute Laura mich an. "Das wird Phillip nicht gefallen. Und deinem Herzen auch nicht." Wegen dem kitschigen Ende begann sie zu lachen und ich fiel mit ein. Wir erreichten ihren Wagen und umarmten uns zum Abschied, sodass ich jetzt alleine weiterlief. Bei meinem Auto angekommen, stieg ich schnell ein, um nach Hause ins Warme zu kommen. Aber schon in der ersten Sekunde, nachdem ich den Schlüssel umgedreht hatte, hörte ich, dass etwas nicht stimmte. Genervt stöhnte ich auf, als mir der Gedanke kam, dass es an der Batterie liegen könnte. Seufzend stieg ich wieder aus und öffnete die Motorhaube. Mein Wissen über Autos endete jedoch beim Anblick der vielen Kabel und Kästen, weshalb ich mich verzweifelt umschaute. In diesem Moment hielt neben mir ein Auto, das ich mittlerweile sehr gut kannte. Ein lächelnder Julian stieg aus und kam zu mir. "Springt er nicht an?" "Jap. Du weißt nicht zufällig, wie man überbrückt?" Jetzt begann der blonde Mittelfeldspieler zu grinsen. "Zufällig weiß ich das. Na los, beeilen wir uns. Es ist ja echt verboten kalt." Er holte aus seinem Auto ein schwarzes und ein rotes Kabel, dann parkte er seinen Wagen so um, dass die Motorhauben sich schräg gegenüber waren. Ich setzte mich in mein Auto und auf seinen Befehl hin, startete ich den Motor. Ein Grinsen breitete sich auf meinen Lippen aus, als es funktionierte. Zufrieden stieg ich aus und half Julian die Kabel wieder abzumachen, dann standen wir plötzlich mit sehr wenig Abstand vor meinem Auto, dessen Motorhaube noch immer hochgedrückt war. Das Grinsen auf meinen Lippen verschwand, als unsere Gesichter sich immer näher kamen und Julians Blick abwechselnd von meinen Augen zu meinen Lippen und zurück glitt. Und dann küsste er mich. Sofort spürte ich ein wohliges Kribbeln, das sich in meinem ganzen Körper verbreitete, und musste lächeln, während ich den Kuss sanft erwiderte. Plötzlich rutschte die Motorhaube mit einem heftigen Ruck ein paar Zentimeter nach unten und ich spürte einen stechenden Schmerz an meiner Stirn. Ich stöhnte vor Schmerz und löste mich von Julian, er tat es mir gleich. Meine Hand glitt zu meiner Stirn, wo ich sie sofort zischend zurückzog, als ich warme Flüssigkeit spürte. Julian hatte die Motorhaube auch ganz schön abbekommen, denn auch er blutete an der Stirn. Wir schauten uns tief in die Augen und begannen einfach zu lachen. Das war so bescheuert! Wir hatten uns geküsst und waren dabei einfach von meiner schäbigen Motorhaube unterbrochen worden. Und zum Dank würden wir auch noch Kratzer behalten, die wir unseren Freunden erklären mussten. Lachend lehnte ich mich gegen Julian, wobei ich darauf achtete, dass kein Blut an seine Jacke kam. Als wir uns wieder beruhigt hatten, was bei mir daran lag, dass ich Kopfschmerzen bekam, holte ich den Erste-Hilfe-Kasten aus meinem Kofferraum und suchte Pflaster. Bevor ich Julian eins auf die Stirn klebte, tupfte ich mit einer Kompresse noch den Großteil des Blutes ab. Es blutete sofort nach und das Pflaster war innerhalb weniger Sekunden dunkelrot und löste sich ab. "Ist wohl doch etwas schlimmer", stellte Julian fest, und ich nickte. Also holte ich eine frische Kompresse und verband ihm die Wunde. Jetzt sah er aus wie frisch aus dem Krankenhaus, aber es hielt. Als ich fertig war, klappte ich meine Motorhaube komplett runter und setzte mich drauf, weil mir schwindelig wurde. Sofort war Julian vor mir und hob mein Kinn an. "Nicht schlapp machen, ich fahr' dich gleich nach Hause. Aber vorher verbinde ich dir auch noch den Kopf." "Red' keinen Scheiß, keiner von uns beiden wird Auto fahren. Ich ruf' Sven an." Aus irgendeinem Grund zitterten meine Finger, während ich mein Handy aus meiner Jackentasche kramte. Ich wählte die Nummer meines Bruders, der zum Glück schon nach ein paar Sekunden abhob. "Was kann ich für dich tun Schwesterchen?" "Hey Großer, Julian und ich haben jeder 'ne Wunde am Kopf und sollten vermutlich eher nicht damit Auto fahren. Holst du uns ab?" "Wieso seid ihr verletzt?", fragte Sven alamiert. "Das ist-", ich schaute kurz hoch zu Julian, der gerade den Verband festknotete, "eine lange Geschichte. Kommst du her? Wir sind an der Ecke, wo ich immer parke." "Alles klar, ich fahr' sofort los." "Danke." Ich legte auf und und zog Julian am Ärmel neben mich auf die Motorhaube. Dann lehnte ich mich gegen ihn und er legte seinen Kopf auf meinen. "Mir ist schwindelig", nuschelte ich und schloss die Augen, weil ich plötzlich müde wurde. "Mir auch", kam die erschöpfte Antwort und dann schwiegen wir, bis Svens Auto neben uns fuhr. Sven und Lars stiegen mit besorgten Gesichtern aus und waren mit wenigen Schritten bei uns. "Was ist passiert?" Julian und ich richteten uns etwas auf, blieben jedoch auf dem Auto sitzen. Verlegen schauten wir uns an, weil wir meinen Brüdern nicht die Wahrheit erzählen wollten. Kurzerhand entschied ich mich für die einfachste Lösung. "Das ist unser Geheimnis. Können wir jetzt nach Hause?" Lars seufzte. "Klar. Julian, du solltest vielleicht besser mit zu uns. Falls es schlimmer wird, solltest du nicht alleine sein." Julian nickte nur und wir ließen uns von meinen Brüdern auf die Rückbank von Svens Auto verfrachten. Die beiden parkten noch Julians Auto richtig und schlossen meins ab, dann fuhren wir nach Hause. Dort schickten Sven und Lars uns hoch in mein Zimmer und ins Bett. Also schleppten wir uns die Wendeltreppe nach oben in mein Zimmer. Ich holte aus Svens Zimmer eine Jogginghose für Julian, dann suchte ich mir selbst eine aus meinem Schrank. Es war mir egal, dass Julian im Zimmer war, während wir beide unsere Hosen wechselten. Ich war viel zu erschöpft, um mich zu schämen oder weiter nachzudenken. Als ich fertig war ließ ich mich auf mein Bett fallen und Julian tat es mir gleich. Zum Glück hatte ich ein extrabreites Bett und immer ein zweiten Kissen und eine zweite Decke, sodass Julian und ich jetzt jeder seine eigenen Sachen hatten. Müde schloss ich die Augen und war kurze Zeit später eingeschlafen.
Ich wachte erst eine Weile später davon auf, dass mir schlecht war. Schnell richtete ich mich auf und raste ins Bad, wo ich es noch rechtzeitig schaffte, mich über die Toilette zu beugen. Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, krallte ich mich an den Badenwannenrand und den Handtuchhalter neben dem Waschbecken. Als schließlich nichts mehr übrig war, richtete ich mich erschöpft auf. Zumindest versuchte ich es, aber mir knickten sofort die Beine weg und ich fiel wieder auf die Knie. Hinter mir ertönten Schritte, dann wurde ich hochgehoben. Am Geruch erkannte ich sofort, dass es Sven war. Er hievte mich ans Waschbecken, wo ich mir den Mund ausspülte, dann trug er mich wieder in mein Zimmer. Julian hatte sich aufgerichtet und schaute besorgt zu mir. Sven legte mich ins Bett zurück und verschwand, um kurze Zeit später mit zwei Eimern zurückzukehren. Einen stellte er neben meine Seite des Bettes und einen neben Julians Seite. Ich kuschelte mich völig fertig ins Bett und mein Bruder setzte sich auf die Bettkante und strich mir sanft über die Wange. "Was macht ihr beiden bloß für Sachen? Du hast wohl 'ne Gehirnerschütterung Em." Ich seufzte nur leise, mehr schaffte ich nicht. "Ich informiere den Verein, du musst jetzt erstmal mindestens eine Woche mit dem Training aussetzen, so wie es dich erwischt hat." Jetzt schlug ich doch die Augen auf und schüttelte den Kopf, wovon mir weider schlecht wurde. Aber ich ignorierte es. "Ich muss aber trainieren! Sonst bin ich nicht in der Startelf. Und in die Uni muss ich auch. Eine Woche, du spinnst, dann hänge ich total hinterher!" Besorgt musterte Sven mich. "Ganz ruhig, mach' dir nicht so einen Stress. Du wirst eine Kommilitonin finden, die dir die Sachen bringt und was erklärt, und im Training können sie dich mit einer Gehirnerschütterung auch nicht gebrauchen. Ruh' dich aus und dann sehen wir weiter." Er schaute neben mich zu Julian. "Und wie geht's dir?" "Besser als Emily. Mir ist zwar schlecht, aber ich hab nicht so stark das Gefühl, dass ich mich übergeben muss. Ich hab nur Kopfschmerzen und will meine Ruhe." Sven seufzte und nickte. "Ich rufe den Mannschaftsarzt, damit er euch beide durchcheckt. Bis dahin versucht ihr noch ein bisschen zu schlafen." Er stand auf und verließ das Zimmer, ich rollte mich auf die Seite und schaute Julian an, der es mir gleichtat. "Wir erzählen niemandem wie das passiert ist, okay?" Julian nickte. "Aber, was ist das jetzt mit uns?" Ich seufzte leise. "Ich hab im Moment einfach überhaupt keine Zeit und Energie für eine Beziehung, ich hab dir ja von dem Stress mit Uni und Training erzählt. Also wird das mit uns beiden wohl eher nichts." Enttäuscht schaute der Blonde mich an. "Schade. Ich mag dich nämlich echt gerne." Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. "Ich mag dich auch gerne, mehr als nur einen Freund. Aber wir sollten das verschieben bis ich mein Studium beendet habe." Julian seufzte gespielt und schaute mich extra traurig an. "Und wie lange dauert das noch?" Ich überlegte kurz. "Zwei Jahre? Und ich weiß ja noch gar nicht, was ich danach mache." Jetzt seufzte Julian echt, dann nickte er. "Ich kann es wohl nicht ändern, also warte ich auf dich. Wehe du suchst dir doch noch einen anderen." Schmunzelnd nickte ich leicht, dann beugte ich mich vor und drückte dem blonden Mittelfeldspieler einen sanften Kuss auf die Wange. Wir grinsten uns kurz an, dann schloss ich erschöpft die Augen und war schon nach kurzer Zeit wieder eingeschlafen.
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Plötzlich zwei Brüder?
FanfictionEmily fühlt sich wie in einem schlechten Film. Ihre Mutter ist gerade gestorben und hat ihr einen Brief hinterlassen, in dem die 20-Jährige erfährt, dass sie adoptiert und durch eine Affäre ihres Vaters entstanden ist. Entschlossen macht sie sich au...