"Hä? Was geht denn jetzt beim kicker falsch? Als ob Lars gerade eine rote Karte wegen Handspiel bekommen hat!" Entsetzt starrte ich mein Handy an, während ich mit halbem Auge den Topf im Blick behielt, sodass nichts passieren konnte. Neben mir drehte Sven sich um und griff nach meinem iPhone, um meine Aussage zu kontrollieren. "Tatsache. Ach scheiße." Er legte das Handy wieder weg und widmete sich den Nudeln. Bei einem der letzten Spiele hatte er sich zwei Rippenbrüche zugezogen, die erstmal verheilen mussten, bevor Sven den Platz wieder betreten durfte. Deshalb war er heute nicht im Stadion, sondern half mir beim Kochen. Ich schaute nochmal auf mein Handy und aktualisierte die Seite, nur um im nächsten Moment erneut den Kopf zu schütteln. "Das muss ich jetzt nicht verstehen. Keine rote Karte für Lars, sondern für Benni und Forsberg hat den Elfmeter verwandelt." Sven stöhnte genervt auf und ich beschloss, dass es besser war, den Flugeugmodus einzuschalten. Danach widmete ich mich wieder dem Essen und lugte meinem Bruder kurz über die Schulter. "Ich deck' schonmal den Tisch." Routiniert holte ich Teller und Besteck aus den verschiedenen Schränken und machte im Wohnzimmer alles zurecht, dann trugen Sven und ich die Sachen rüber. Mein Arm steckte mittlerweile nur noch in einer Schiene und ich durfte auch schon wieder Fußball spielen. Allerdings hatte meine Kondition etwas abgenommen und ich war für heute nicht in den Kader bestimmt worden. Meine Kolleginnen kämpften also gerade um einen Sieg und ich war zu Hause und kochte. Um keine schlechte Laune zu bekommen, konzentrierte ich mich aufs Essen und wünschte Sven einen guten Appetit. Wir schwiegen einige Zeit, weil wir beide beschäftigt waren, dann war ich fertig und seufzte. Mein Blick glitt aus dem Fenster und ich dachte an Julian, der jetzt auch auf dem Fußballfeld stand und alles gab. Beim Gedanken an den blonden Mittelfeldspieler musste ich automatisch lächeln, aber gleichzeitig auch an Johanna denken. Es war zum Verzweifeln! "Alles okay, Kleine?" Überrascht zuckte ich zusammen und schaute Sven an, der mich besorgt musterte. Also nickte ich schnell. "Klar, war nur in Gedanken. Mittlerweile müsste das Spiel eigentlich zu Ende sein, ich geh' mal nachschauen." Mit diesen Worten stand ich hastig auf und lief in die Küche, um mein handy zu holen. Auf dem Rückweg ins Wohnzimmer öffnete ich die kicker-App und begann laut vorzulesen. "Leverkusen beweist Moral und dreht in Unterzahl gegen Leipzig mächtig auf, Volland hat im Highlight-Film das letzte Wort. Kevin hat also wirklich noch den Ausgleich gemacht, super." Grinsend las ich Sven den gesamten Artikel vor, dann gaben wir uns ein High-Five. Bei den Frauen stand es gerade 1:1 und es war noch eine gute halbe Stunde zu spielen, es hieß also weiter Daumen drücken. Zufrieden packte ich mein Handy weg und schaute aus dem Fenster. Draußen regnete es in Strömen, die Temperaturen waren seit Anfang letzter Woche immer weiter gesunken und so langsam merkte man, dass der Winter näher kam. Und irgendwie bekam ich Lust Plätzchen zu backen. Das sagte ich auch Sven, der kurz lachte und dann leicht den Kopf schüttelte. "Dein Ernst? Wir haben November." "Na und? Mama und ich haben immer früh gebacken, weil die Plätzchen ab Weihnachten nicht mehr schmecken." "Na gut, das mit dem nach Weihnachten nicht mehr schmecken war bei uns genauso, aber wir haben nie viel gebacken zu Hause." Ich begann zu grinsen. "Dann wird es dringend Zeit das zu ändern. Komm mit." Entschlossen lief ich in die Küche und durchsuchte die Schränke, bis ich mein altes Backbuch gefunden hatte. "Hol' dir Zettel und Stift und ich diktiere, was wir brauchen", wies ich Sven an, der mir gefolgt war, und er tat es. Dann trug ich ihm die Zutatenliste vor und er schrieb brav alles auf. Als das erledigt war, stiegen wir in sein Auto und fuhren in die Innenstadt, um einzukaufen. An der Kasse wurde uns so mancher komischer Blick zugeworfen, da unser Einkaufswagen bis oben hin mit Eiern, Butter, gerieben Mandeln oder Kokosraspeln, sowie Kuvertüre gefüllt war. Als wir es irgendwie geschafft hatten, alles im Auto zu verstauen und nach Hause zu fahren, stellten wir fest, dass der ganze Kram jetzt auch rein und vor allem hoch musste. Glücklicherweise parkte in diesem Moment Lars neben uns und wir begrüßten ihn und erzählten ihm von meinem Plan. Er war ähnlich skeptisch wie Sven, half uns aber mit den ganzen Einkäufen. Als schließlich alles da war, verteilten wir uns zu dritt in der Küche und während Lars Bericht über das Spiel erstattete, begann ich mit dem Teig für die Butterplätzchen und die Schwarz-Weiß-Herzen. Sven hatte die ehrenvolle Aufgabe mir immer wieder die Zutaten zu reichen oder zu rühren und zu kneten, wenn die Kraft in meinen Armen nachließ. Als die beiden Teige fertig waren, stellte ich sie zum Ruhen in den Kühlschrank und wir schmissen uns zu dritt aufs Sofa, um Fifa zu zocken. Mit einem Blick auf mein Handy stellte ich fest, dass die Mädels 2:1 verloren hatte, schrieb aber nur eine kurze Aufmunterung in die WhatsApp-Gruppe und widmete mich dann wieder meinen Brüdern. Nach zwei Stunden war der Teig meiner Meinung nach gut und ich rollte ihn aus und durchsuchte die Schränke nach den Ausstechförmchen, die ich mit in den Haushalt gebracht hatte. Es dauerte eine Weile, weil einer meiner Brüder sie wohl irgendwann in die Ecke hinter die Gewürze, die wir nie brauchten, gestellt hatte. Zu dritt setzten wir uns um den kleinen Küchentisch und stachen aus. Ich zeigte den Jungs, wie man so wenig Platz wie möglich ließ, um den Teig nicht unnötig oft wiederverwenden zu müssen. Als sie langsam den Dreh raus hatten, schaltete ich den Ofen ein und begann, die ausgestochenen Plätzchen mit Eigelb zu bestreichen und die Bleche anschließend in den Ofen zu schieben. Sven machte nach einer Weile Weihnachtslieder für Kinder an und spätestens bei der Weihnachtsbäckerei von Rolf Zukowski sangen wir alle lauthals mit. Auf die Butterplätzchen folgten die Herzen, bei denen ich später die eine Hälfte mit Schokolade bestreichen würde, was ihnen ihren Namen Schwarz-Weiß-Herzen verlieh. Zwischendurch machte ich mehrere Fotos von den Jungs oder uns dreien zusammen und schickte sie an die Bender-Eltern, Julian, Bernd und Laura. Als ich um halb elf abends das letzte Blech aus dem Ofen holte, war ich total kaputt und wollte nur noch schlafen. Die Zwillinge halfen mir noch mit dem Aufräumen, dann setzten wir uns aufs Sofa und schalteten den Fernseher ein. Aber bevor ich mich wirklich mit der laufenden Serie befassen konnte, war ich in meiner neongrünen Schürze und zwischen meinen eingemehlten Brüdern eingeschlafen.
Dieses Mal ein sehr winterliches Kapitel, aber bei uns hat es die letzten Tagen immer mal wieder sowas wie Schnee gegeben und in Leggins und Over-Size-Pulli mit einer Tasse Tee in der Hand kann man ja gar nicht anders, als winterlich zu schreiben. Mal davon abgesehen habe ich eine große Schwäche für Weihnachten😅
Ich wünsche euch einen guten Start in die Woche, bei mir steht direkt am Montag eine wichtige Klausur an, yey😒 #schülerlebenamlimit #binichdieeinzige? #ichglaubenicht
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Plötzlich zwei Brüder?
Hayran KurguEmily fühlt sich wie in einem schlechten Film. Ihre Mutter ist gerade gestorben und hat ihr einen Brief hinterlassen, in dem die 20-Jährige erfährt, dass sie adoptiert und durch eine Affäre ihres Vaters entstanden ist. Entschlossen macht sie sich au...