Kapitel 8

777 34 25
                                    


Als Claire den Arzt sah, waren ihre Gedanken sofort wieder voll und ganz bei Gordon. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus und ihr Herzschlag beschleunigte sich. In wenigen Sekunden würde sie erfahren, ob ihr Liebling die Operation gut überstanden hatte. Sofort wanderte Claires Blick zu der Hand des Tierarztes. Gordons Halsband hatte er nicht in der Hand – hoffentlich ein gutes Zeichen. Ein Gefühl von Erleichterung und wilder Hoffnung ergriff von Claire Besitz. Sie wollte einfach glauben, dass alles noch einmal gutgegangen war.

Während der Arzt jetzt näher kam, sprang Claire so eilig von ihrem Platz auf, dass sie über ihre eigenen Füße stolperte. Auch Paddy war aufgestanden und konnte gerade noch verhindern, dass Claire hinfiel, indem er sie am Arm festhielt. Claire warf ihm einen kurzen dankbaren Blick zu und fokussierte sich dann wieder auf den Tierarzt, der sich wie in Zeitlupe zu bewegen schien. Sie hielt es vor Anspannung kaum noch aus und ihre Knie fühlten sich an, als würden sie aus Wackelpudding bestehen. Beinahe verzweifelt versuchte Claire etwas aus der Miene des Arztes abzulesen, aber sie war vollkommen undurchschaubar.


„Frau Fulton", begann der Arzt schließlich ernst, als er vor Claire stand und sah sie sehr erst an. „Die Operation ist beendet. Leider gab es ein paar Komplikationen."


Claire fühlte sich, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggerissen und ihr Herz schien sich in einen eiskalten Klumpen verwandelt zu haben, der schmerzhaft gegen ihre Brust hämmerte. Ihr Magen zog sich zusammen und in ihrem Kopf drehte sich alles. Nur am Rande bemerkte Claire, dass Paddy einen Arm um ihre Schultern gelegt hatte, um sie zu stützen, weil sie drohte ohnmächtig zu werden.


„Gordon", flüsterte Claire tonlos und spürte, dass ihr Tränen die Wangen herunterliefen. „Was... Was ist mit ihm? Ist er...?"


Claire traute sich nicht, das schreckliche Wort endgültig auszusprechen, das in ihrem Kopf wie ein Dampfhammer dröhnte. Und eigentlich wollte sie auch die Antwort gar nicht hören. Sie fürchtete, dann endgültig zusammenzubrechen, denn Gordon war weit mehr als ein Begleiter für sie. Er war ihr bester Freund und beinahe etwas wie ihr Kind. Am liebsten hätte sich Claire jetzt die Ohren zugehalten, als sie sah, dass ihr Gegenüber den Mund öffnete. Sie wollte keine schreckliche Wahrheit hören. Aber sie war schließlich kein kleines Kind mehr und musste sich stellen. Wieder einmal war Claire unendlich froh, dass Paddy bei ihr war und sie jetzt ein wenig fester hielt.


„Wie gesagt, die Operation war alles andere als leicht", wiederholte der Arzt und lächelte jetzt. „Aber der alte Junge ist wirklich zäh. Er hat die OP gut überstanden und wacht jetzt langsam auf."


Claire stieß einen Freudenschrei aus und schluchzte hemmungslos. Ihr Herz fühlte sich plötzlich wieder unendlich leicht an und hatte sich in einen Kolibri verwandelt, der schnell in ihrer Brust flatterte. Gordon hatte es tatsächlich geschafft – auch dank Paddys Hilfe.


„Danke", weinte Claire jetzt. „Sie sind der Beste." Sie sah den Tierarzt an. „Darf ich Sie umarmen?"


„Wenn Sie möchten", schmunzelte der Arzt. „Aber Gordon ist noch nicht über den Berg. Er hatte schwere innere Verletzungen und mehrere gebrochene Knochen. Die nächsten 72 Stunden werden entscheiden."


„Das schafft er auch noch", erklärte Claire bestimmt. „Er ist ein Kämpfer." Sie umarmte den Arzt tatsächlich. „Noch einmal tausend Dank für alles", bedankte sie sich und sah den Arzt neugierig an. „Darf ich zu ihm?"

Lighthouse and Mobile HomesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt