Kapitel 26

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Claire erkannte Paddy sofort, obwohl er ihr zuerst den Rücken zudrehte. Sein verwuschelter dunkelblonder Schopf und seine zerbrechliche Statur waren einfach unverkennbar. Tiefe Erleichterung durchströmte sie bei seinem Anblick. Sie hatten ihn tatsächlich gefunden – und wie es aussah gesund und munter. Joey hatte wirklich recht gehabt – Gott hatte ihre Schritte in die richtige Richtung gelenkt. Es war wie ein Wunder.

Jede Angst und Sorge schienen innerhalb von Sekunden von ihr zu weichen. Claire begann zu zittern und spürte, dass ihr die Tränen kamen. Schnell schlug sie die Hände vor den Mund, um nicht zu schreien. Das wäre in einer Kirche wohl kaum passend gewesen. Aber es fiel ihr unglaublich schwer, ihre Gefühle im Zaum zu halten – dafür waren sie einfach zu überwältigend.


Als die Tür hinter Joey zuschlug, wandten die beiden Männer in den Kirchenbänken überrascht die Köpfe und in diesem Augenblick hatte Claire Gewissheit. Noch mehr Tränen rannen über ihre Wangen, als ihr jetzt tatsächlich Paddy entgegensah. Sämtliche negativen Gefühle waren zumindest für den Moment vollkommen aus ihrem Kopf verschwunden und sie war nur noch froh ihn endlich gefunden zu haben.

Claire stieß kurz Joey an, der sich gerade bekreuzigte und noch gar nichts mitbekommen hatte, um ihn auf seinen Bruder aufmerksam zu machen. Joey sah Claire kurz irritiert an, aber sie nahm sich nicht die Zeit, ihm irgendetwas zu erklären. Er würde es schon selber merken, wenn er genauer hinschaute. Stattdessen eilte Claire jetzt auf Paddy zu, der nun ebenfalls aufstand und auf sie zukam. Am Rande registrierte Claire, dass er humpelte, aber darum würde sie sich später kümmern. In diesem Augenblick konzentrierte sie sich nur auf Paddys Gesicht, das langsam immer näher kam und besser zu erkennen war. Alles andere war unwichtig.

Je näher sie Paddy kam, desto größer wurde das Strahlen auf Claires Gesicht und sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Er sah müde und erschöpft aus, aber er lebte. In diesem Augenblick war das der schönste Anblick, den sich Claire vorstellen konnte. Sie wollte ihn einfach in die Arme schließen und sich davon überzeugen, dass sie nicht träumte. Was danach kam... Daran wollte sie jetzt nicht denken. Vielleicht würde sie ihm deutlich ihre Meinung sagen und ihn dann mit seinem Bruder allein lassen. Oder sie würde einfach in seine Arme sinken und ihn küssen. Seine Wärme spüren und seine weichen Lippen auf ihren genießen. Alles war möglich – und es war im Augenblick vollkommen gleichgültig. Das würde sie entscheiden, wenn es so weit war. Claire war schon einige Meter gelaufen, als sich hinter ihr auch Joey in Bewegung setzte.



Die letzten Meter legte Claire beinahe laufend hinter sich. Es war ihr egal, ob sich das in einer Kirche gehörte oder nicht und auch, dass ein Priester nur ein paar Meter hinter Paddy stand, der sie schmunzelnd beobachtete. Sie wollte nur noch bei Paddy sein. Schon jetzt konnte sie das sanfte, etwas schüchterne Lächeln auf seinem schönem Gesicht sehen und den leichten Zweifel in seinen Augen, um die sich kleine Fältchen gebildet hatten.


Etwa auf halbem Weg hatte Claire Paddy endlich erreicht und schlang einfach die Arme um seinen Hals. „Paddy", flüsterte sie lachend und schluchzend zugleich. „Mein Gott. Ich bin so froh, dass wird ich gefunden haben. Und dass es dir gut geht."


„Claire", hauchte Paddy dicht an ihrem Ohr und strich ihr schüchtern über den Rücken. „Ich bin auch froh. Ich... Du..."


Paddy ließ Claire vorsichtig los und musterte sie ein wenig ängstlich. Er schien etwas in ihren Augen zu suchen und wartete auf eine Reaktion. Tatsächlich kam nach der ersten Erleichterung auch die Wut in Claire zurück und ihre Augen blitzten auf. Paddy hatte keine Ahnung, was er überhaupt angerichtet hatte.

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