Kapitel 30

744 31 36
                                    


Claire spürte, dass sie rot wurde und zupfte ein wenig nervös an ihrem Shirt herum, als Paddy sie jetzt ansah. Seine Augen wanderten an ihrem Körper herunter und das leichte Schmunzeln um seine Lippen zeigte deutlich, dass ihm gefiel, was er sah. Dieses Mal schien er sein Interesse nicht verstecken zu wollen. Auch wenn seine anerkennenden Blicke ihr schmeichelten, verunsicherten sie Claire auch und sie wünschte sich, doch einen Bademantel angezogen zu haben. Sie fühlte sich plötzlich entsetzlich nackt und wollte gar nicht daran denken, welche Phantasien Paddy jetzt vielleicht haben mochte. Am Ende war er eben doch ein Mann und sie eine Frau – egal, welche Probleme es gerade zwischen ihnen gab.


„Ähm... Hey", begrüßte Claire und zupfte noch einmal an ihrem Shirt herum, als würde es dadurch auf magische Weise länger. „Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt. Ist alles in Ordnung? Ich habe jemanden schreien hören."


Paddys zuvor fast wieder heiteres Gesicht verdunkelte sich kurz. „Yeah", murmelte er und verzog kurz das Gesicht. „Sorry. Just a little nightmare."


„Oh", machte Claire und sah Paddy mitfühlend an. „Das ist nicht schön. Ich hasse Albträume auch." Sie lächelte aufmunternd. „Möchtest du mir davon erzählen? Manchmal hilft das."


In diesem Augenblick vergaß Claire einfach, dass sie praktisch nackt war und auch die Probleme, die sie mit Paddy hatte. Albträume waren nie schön und konnten ziemlich belastend sein. Und Paddy schienen sie regelmäßig den Schlaf zu rauben. Außerdem hatte sie jetzt auch wieder den Schrei in den Ohren. Sie konnte sich nicht erinnern, einen Menschen jemals so schreien gehört zu haben – so entsetzt, gequält und vollkommen verängstigt. Da war es wohl nur verständlich, wenn sie ihm etwas Zuspruch gab. Am liebsten hätte sie Paddy jetzt einfach in den Arm genommen und ihm seine Angst weggeküsst. Er sollte nicht leiden. Aber sie zwang sich neutral zu bleiben. Wenigstens war Gordon an seiner Seite und tröstete ihn ein wenig.


Paddy schüttelte den Kopf. „Nein", antwortete er leise und wich Claires Blick aus. „Ich... Ich kann nicht."


„Okay", nickte Claire, die bemerkte, wie sich Paddys Hand bei seinen Worten kurz in Gordons Fell verkrampfte. „Du musst auch nicht. Aber wenn du doch willst – ich höre zu." Sie lächelte. „Tja. Da wir gerade beide wach sind... Was hältst du von einem Tee zur Beruhigung? Ich ziehe mir nur schnell etwas über."


Paddy sah Claire an. „Tee klingt super", nickte er. „Und sorry, das sich dich geweckt habe." Er musterte Claire noch einmal und grinste. „Aber von mir aus musst du nichts überziehen."


Claire verdrehte die Augen. „Das war so klar. Typisch Mann." Sie drohte Paddy halb im Scherz, halb im Ernst mit dem Zeigefinger. „Übertreib es nicht, Herr Kelly. Die Badewanne wartet immer noch."


Wirklich böse war Claire Paddy allerdings nicht, in dessen Augen es jetzt amüsiert funkelte. Es fühlte sich gut an, wieder ein wenig mit ihm scherzen zu können und sie musste sich selbst das Grinsen verkneifen. Dieser Paddy gefiel ihr weit besser als der von heute Nachmittag und sie spürte, dass etwas von der alten Vertrautheit zurückkehrte. Mit diesem Paddy konnte sie umgehen. Und es war schön zu sehen und zu spüren, dass auch Paddy wieder entspannt war. Das Gespräch hatte ihnen tatsächlich beiden gut getan.



Claire schüttelte noch einmal den Kopf und drehte sich dann gespielt beleidigt um. Kurz überlegte sie, absichtlich mit dem Hintern zu wackeln, aber dann verzichtete sie darauf. Sie wollte es nicht übertreiben. Aber ihr Herz fühlte sich schon weit leichter an und auch die Stimme in ihrem Kopf war deutlich leiser geworden. Nein, Paddy war definitiv nicht Nico. Er hatte eine ganz andere Ausstrahlung. Trotz allem was heute passiert war, hatte sie in seiner Gegenwart nicht das Gefühl von lähmender Angst. Er war immer noch er und hatte sich nicht in ein fürchterliches, angsteinflößendes Monster verwandelt. Und zu wissen, dass er selbst große Angst hatte, machte es zusätzlich irgendwie einfacher, normal mit ihm umzugehen. Vielleicht lag es auch an seinem Albtraum, der ihr Herz noch weicher gemacht hatte.

Lighthouse and Mobile HomesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt