Kapitel 12

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„What the..."


Es war ungewohnt, Paddy so fluchen zu hören und Claire sah ihn etwas irritiert an. Natürlich hatte sie ihn schon wütend erlebt und er war auch ziemlich ausgeflippt, aber solche harten Worte hatte sie von einem ehemaligen Mann Gottes nicht erwartet. Andererseits war es aber auch menschlich und brachte Claire ein wenig zum Schmunzeln. Das Straßenkind von einst steckte als immer noch in Paddy, auch wenn sein Leben sich so sehr geändert hatte – und in Momenten wie diesen brach es sich seine Bahn.

Es klopfte noch einmal und Paddy fuhr sich stöhnend durchs Haar, das jetzt wieder einmal aussah, als wäre er gerade erst aus dem Bett gefallen. Claire mochte es, wenn Paddy so aussah, und hätte ihm am liebsten ebenfalls durch sein dichtes Haar gewuschelt. Aber das war wohl gerade nicht der passende Moment dazu. Paddy starrte so wütend zur Tür, als hätte sie ihm persönlich etwas getan. Aber auch Claire selbst war alles andere als begeistert von der Störung. Hätte es nicht ein paar Minuten später klopfen können? Die herrliche Stimmung war jedenfalls dahin – und damit wohl auch ihre Chance auf einen Kuss. Vorerst zumindest. Claire unterdrückte ein Seufzen. Es wäre auch zu schön gewesen.


„Ja, ist ja gut", knurrte Paddy, als es zum dritten Mal laut klopfte und schob Claire mit deutlichem Bedauern sanft von seinem Schoß. „Don't smash the door. I'm coming."


Claire war nicht sicher, ob die Person auf der anderen Seite der Tür Paddys Worte gehört hatte oder ob es Zufall war, aber endlich hörte das Klopfen auf. Paddy stand seufzend auf und ging in Richtung Tür. Claire wunderte sich ein wenig, warum die Person nicht einfach die Tür öffnete, die immerhin nicht abgeschlossen war, aber vielleicht respektierte sie auch Paddys Privatsphäre. Aber wer mochte überhaupt etwas von Paddy wollen? Freunde oder Bekannte hatte er soweit sie wusste nicht auf dem Campingplatz. Und ihre Freunde konnten kaum wissen, dass sie bei Paddy war. Also war es auch keiner von ihnen – außer er versuchte es auf gut Glück.

Aber plötzlich fiel Claire etwas ein, was ihr Herz schneller schlagen ließ. Sie musste an Leos Worte darüber denken, dass jemand Paddy erkannt hatte und an das, was er über seine Fans erzählt hatte. Was, wenn ihn tatsächlich einer von ihnen aufgespürt hatte und jetzt an die Tür klopfte? Wenn er sie zusammen hier im Wohnwagen sah? Wie schnell würde sich das wohl herumsprechen und auch sie keine ruhige Minute mehr haben? Bei diesem Gedanken überlief es Claire heiß und kalt und ihr wurde regelrecht übel. Ob Paddy wohl auch daran dachte? Am liebsten hätte Claire sich irgendwo versteckt oder Paddy wenigstens gewarnt. Aber sie war wie gelähmt und konnte nur mit vor Schreck weit geöffneten Augen zusehen, wie Paddy förmlich in Zeitlupe die Tür öffnete.


„Na endlich, Paddy", war eine nörgelnde Frauenstimme zu hören. „Ich dachte schon, du lässt mich ewig da draußen stehen. Ich bin schon ganz ausgetrocknet und brauche dringend ein Glas Wasser."


„Patricia", gab Paddy wenig begeistert zurück, als er seine Schwester sah und kniff die Augen zusammen. „What you're doing here? Haven't my words been clear enough for you? Get out."


Aber Patricia ließ sich offenbar nicht beeindrucken. Sie schob ihren Bruder kurzerhand zur Seite und schlüpfte in den Wohnwagen. Claire war so erleichtert, dass sie am liebsten geweint hätte, als sie Paddys Schwester erkannte. Die schlimmste Gefahr war also gebannt.

Paddy knallte wütend die Wohnwagentür zu und drehte sich dann zu den beiden Frauen um. Mit verschränkten Armen funkelte er seine Schwester an, die sich einfach auf die Eckbank des Wohnwagens fallen ließ. Claire stellte fest, dass Patricia unglaublich gut roch als sie so dicht neben ihr saß – nach Rosen. Außerdem sah sie phantastisch aus, obwohl sie ziemlich erhitzt und kaum geschminkt war. Es war unglaublich, aber Patricia schien immer hübscher zu werden, je älter sie wurde und strahlte eine Grazie aus, die Claire ein wenig einschüchterte. Patricias langes blondes Haar fiel ihr offen über die Schultern und ihr rotes Sommerkleid betonte ihre Figur perfekt. Neben Patricia kam sich Claire noch viel unzulänglicher und langweiliger vor. Patricia hätte auch Model sein können, wenn sie etwas größer gewesen wäre und obwohl Claire sie um ein paar Zentimeter überragte, kam sie sich unendlich klein und unbedeutend vor.

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