Toni wusste zum Glück noch genau, wo er suchen musste, als er aus einer Schublade der Kommode im Wohnzimmer ein kleines Kästchen kramte. Er hatte damit gerechnet, dass Danny zusagen würde, natürlich. Sie hatten schließlich schon darüber gesprochen und schon da waren die Aussagen des Omegas relativ eindeutig gewesen. Das hieß aber nicht, dass er sich jetzt weniger freute, im Gegenteil. In dem Moment, in dem Danny sich vor ihn gekniet hatte, um ihn um die Bindung zu bitten, hatte sein Herz vor Aufregung Sprünge gemacht und trotzdem hatte er versucht, sich nichts anmerken zu lassen und stattdessen den sichtlich nervösen, fast schon panisch ängstlichen Danny zu beruhigen. Es war seine Aufgabe als Alpha, und als Dannys damals noch zukünftiger Alpha sowieso, ihm in diesem Moment die Ruhe zu vermitteln, die er so dringend gebraucht hatte. Eine ganze Weile lang hatten sie auf dem Sofa gesessen, Danny auf Tonis Schoß und in seinen Armen, hatten ein wenig geredet und viel gekuschelt.
Jetzt hatte er Danny ins Schlafzimmer geschickt, damit er sich würde umziehen können, ein einfaches Shirt würde heute Nacht viel zu kalt werden, und hatte selbst eine Weile gewartet, um dem Kleineren Zeit zu geben, sich alleine umziehen zu können, bevor er selbst aufgestanden war und aus der Kommode die Schachtel gekramt hatte.
Vor der Scflafzimmertür lauschte er kurz, ob er etwas würde hören können, bevor er klopfte und die Tür vorsichtig öffnete. Egal, was der Omega die letzten Minuten getan hatte, sich umzuziehen war es nicht gewesen, denn das Erste, was Toni sah, war Danny, der oberkörperfrei mitten im Raum stand und gerade seinen Gürtel schloss.
»Sorry.«
Toni zögerte, wollte grade den Raum wieder verlassen, um Danny seine Privatsphäre zu geben - er wollte auf keinen Fall, dass der Omega das Gefühl hatte, zu irgendetwas gedrängt zu werden, doch Dannys Reaktion ließ ihn zögern.
»Schon okay. Komm ruhig rein.«
Der Alpha betrat das Zimmer, schloss aus einem Instinkt die Tür hinter sich und betrachtete dann vorsichtig Danny, dem seine Blicke zum Glück nichts auszumachen schienen.
»Brauchst du einen Hoodie?«
Tonis Beine hatten ihn wie von selbst zu seinem Kleiderschrank getragen. Danny nickte bloß.
»Irgendeinen bestimmten?«
»Nein, danke. Einfach irgendeinen.«
Toni zögerte kurz, bevor er einen bestimmten Hoodie aus dem Schrank zog. Er war aus einem rosanen, dickeren Stoff, der schwer fiel, dafür aber umso gemütlicher war. Er selbst liebte die Farbe, gerade zu dunklen Hosen, wie Danny sie trug, sah das seiner Meinung nach toll aus, aber ob es dem Omega gefallen würde, wusste er nicht.
»Ist der okay?«
Danny warf ihm nur einen kurzen Blick zu, nickte und lächelte dann süß, als Toni ihm aus einem Instinkt heraus den Hoodie hinhielt und ihn ihm anzog. Danny ließ sich gerne helfen und betrachtete sich im Anschluss im Spiegel. Der Hoodie ging ihn bis über die Mitte der Oberschenkel und seine Hände verschwanden ganz in den langen Ärmeln, doch genau so fand er es perfekt.
Nervös hielt Toni dem Omega die kleine Schachtel, die er vorhin herausgesucht hatte entgegen und interessiert musterte Danny das ihm Dargebotene.
»Für dich.«
Danny nahm die Schachtel vorsichtig in die Hand und öffnete den Deckel. Darin war ein helles Lederhalsband, das Danny vorsichtig herausnahm und betrachtete. Toni deutete auf ein Zeichen, die einzige Verzierung an dem Halsband, die dadurch stark hervorstach. Es war ein dünner Kreis, der von einer Linie und einem Pfeil senkrecht aufeinander geschnitten wurde.
»Das ist unser Zeichen. In der Hall of Fame ... wir sind so eine Art Crew. Auf jeden Fall gehören wir zusammen, helfen einander, beschützen uns zur Not gegenseitig. Jeder tut für jeden, der dazu gehört, was er kann, egal, wie gut man sich kennt. Und das gilt auch für unsere Partner. Die meisten Alphas bei uns haben gebundene Omegas und alle von ihnen tragen ein Halsband. Und eigentlich auf jedem dieser Halsbänder ist dieses Zeichen irgendwie. Selbst wenn also einer von unseren Alphas seinen Omega nur selten oder auch gar nie dabei hat, auf der Straße würden wir erkennen, dass er zu einem von uns gehört. Wenn irgendwer von euch in Schwierigkeiten gerät, würde jeder Alpha und Beta von uns, der das mitbekommt, euch zur Hilfe kommen, als wärst du sein eigener Omega. Es kann vielleicht nochmal ein kleiner ... zusätzlicher Schutz sein. Also wenn du das willst. Wenn nicht, bekommst du auch ein anderes Halsband. Du musst das Zeichen nicht tragen.«
Danny jedoch strich nur vorsichtig mit dem Daumen darüber.
»Das Zeichen soll mich beschützen ... natürlich will ich es tragen.«
Der Omega hielt Toni das Halsband hin und dieser nahm es sanft wieder aus seiner Hand. Danny beugte den Kopf, eine unterwürfige Geste, die es Toni ermöglichte, ihm das Halsband anzulegen. Sanft strich der Alpha, sobald er das Leder verschlossen hatte, über den Nacken des Omegas.
»Passt es so? Ist es zu eng?«
Danny bewegte probehalber seinen Hals, schüttelte dann den Kopf.
»Nein. Es fühlt sich gut an.«
Der Kleinere genoss die Nähe des Alphas, der dicht vor ihm stand, die Hände locker auf Dannys Hüfte und seinen Atem, der warm über sein Gesicht strich. Tonis Lippen waren seinen eigenen so nah und dennoch berührte er sie nicht, schien zu zögern.
»Darf ich?«
Tonis angenehmer Duft umhüllte Danny, der ein Nicken bloß andeutete und im nächsten Moment spürte er die Wärme von Tonis Lippen auf seinen, wie sie sanft die Linien seines Mundes nachfuhren und schließlich nach kaum ein paar Sekunden wieder von ihm abließen.
»Ich will dich zu nichts zwingen. Du kannst jederzeit nein sagen und ich werde sofort aufhören.«
Danny nickte nur stumm.
»Eine Bindung muss nicht zwangläufig eine romantische Beziehung sein. Die Bindung an sich ist bloß eine Art Vertrag, das muss nichts über unser Verhältnis zueinander aussagen.«
Danny lächelte leicht, traute sich sogar, seine Lippen kurz auf Tonis zu legen, ohne dass dieser darauf reagieren konnte.
»Ich mag es, wenn du mich küsst. Ich mag dich, Toni. Und ich vertraue dir.«
Für einen kurzen Moment sagte keiner der beiden Jungen etwas, bis Tonis Lippen erneut Dannys Haut streiften, dieses Mal nur seine Wange berührten. Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, den Omega noch einmal zu küssen, auch wenn alles in ihm danach schrie, aber Dannys zu vertrauensvoll geschlossenen Augen, seine nur sanft verschlossenen Lippen und das Wissen, dass Danny nur darauf zu warten schien, dass er etwas tat - ganz egal, was - ließ ihn seinen Entschluss über den Haufen werfen.
Dieses Mal dauerte der Kuss länger, immerhin ein paar Sekunden, und Toni wagte es sogar, sanft seine Zunge zwischen Dannys Lippen, die sich widerstandslos öffneten, zu schieben.
Weiter ging er nicht, wollte er noch nicht gehen. Danny bewies ihm - selbst jetzt, nach all dem, was er mit seinem alten Alpha schon hatte erleben müssen - mit jeder Sekunde so unglaubliches Vertrauen, dass Toni es kaum glauben konnte. Er wollte dieses Vertrauen nicht ausnutzen, nicht einmal so weit, wie Danny bereit war, es ihm zu schenken.
Stattdessen hielt er den Omega weiterhin sanft in seinen Armen - ein Angebot, kein Zwang - und beobachtete, wie Danny nach wenigen Sekunden blinzelte, die Augen wieder öffnete und, sobald seine Augen Tonis fanden, glücklich lächelte.
Und diese kleine, unbewusste Geste, machte Toni so glücklich, sogar noch glücklicher, als ihr Kuss es getan hatte.
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Nach dem Twitter-Gespräch über Fanfiktions mit @darkviktory - höchste Zeit für ein Kapitel von einer Nicht-Fanfiktion.
Feedback?
Ich habe heute einige Zeit damit verbracht, die nächsten 15 Kapitel durchzuplanen - das habe ich echt noch nie getan :O
Seid ihr gespannt?
Liebe Grüße, minnicat3
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The nights which count ~ boyxboy
Teen FictionWährend Antonio tagsüber ein Alpha wie jeder andere zu sein scheint, ist er nachts einer der bekanntesten Graffiti-Künstler der Stadt. Seine Werke zieren dutzende Wände und werden von Gleichgesinnten oft bewundert. Als er eines Nachts auf den, von s...