16. Nervosität

1.1K 111 27
                                    

Nervös kaute Danny auf seiner Unterlippe herum. Toni hatte ihn ausschlafen lassen und das lange wach bleiben in der Nacht schien ihm doch mehr zugesetzt zu haben, als erwartet.

Zwar war er relativ genau um zwölf Uhr aufgewacht, als Toni ins Schlafzimmer gekommen war, um nachzusehen, ob er noch schlief und hatte damit die zehn Stunden Schlaf, die er als Omega brauchte, um fit zu sein, sogar bekommen, und dennoch war er müder als sonst.

Dieser Zustand erinnerte ihn ein wenig an seine Schulzeit. Während der Schulzeit war es für einen Omega so gut wie unmöglich, genug Schlaf zu bekommen, um acht Uhr abends ins Bett zu gehen war einfach nichts, was sich mit Schule, Hausaufgaben, Lernen und eventuell auch noch Freizeit vereinen ließ. Auf Dauer führte das nur leider dazu, dass regelmäßig Omegas im Unterricht eingeschlafen waren - um dafür wenn sie Pech (und einen Alpha oder Beta als Lehrer) hatten am nächsten Tag vor der Schule eine Stunde Nachsitzen zu dürfen. Dass das reine Schikane war und keinem Omega auch nur ansatzweise half, interessierte dabei niemanden und höchstens ein Omega-Lehrer nahm darauf, mit viel Glück, Rücksicht und beließ es bei so etwas bei einer Verwarnung.

Bei Leon hatte Danny dann zwar meistens genug Schlaf bekommen, aber auch dort hatte es Nächte gegeben - wie die, in der er Toni getroffen hatte - in denen er nicht hatte schlafen können oder dürfen. Um diesen fehlenden Schlaf nachzuholen hatte er aber meistens genug Zeit gehabt, während Leon in der Uni gewesen war.

Jetzt aber, wenn die nächtlichen Ausflüge mit Toni vielleicht sogar zur Gewohnheit werden würden, wäre es vielleicht sogar eine Überlegung wert, seinen Mittagsschlaf - wie ihn viele Omegas täglich ein, zwei Stunden hielten - wieder zu beginnen. Das würde ihn zwar nachts nicht vollkommen wach machen - aber zumindest ein wenig helfen würde es bestimmt.

Heute aber musste es auch ohne Mittagsschlaf gehen. Danny war zwar müde, gleichzeitig aber viel zu aufgeregt, als dass er hätte schlafen können. Er hatte seit seinem Geständnis, dass er bereit wäre, sich an Toni binden zu lassen (wobei das eigentlich noch untertrieben war - eigentlich wünschte er e sich sogar) vor nunmehr fünf Tagen jeden Tag damit gerechnet, dass Toni ihn nun endgültig an ihn binden würde, oder zumindest das Thema noch einmal ansprechen. Jedoch hatte er nichts dergleichen getan und inzwischen war dem Omega klar, dass Toni seine Ankündigung, ihm Zeit zu geben anscheinend so verstand, dass er wollte, das Danny von sich aus zu ihm kam. Nach den letzten Tagen, die er zusammen mit dem Alpha verbracht hatte und gerade der letzten Nacht, in der Toni ihn erst in der Hall of Fame so gut behandelt hatte, ihn immer an seiner Seite gehalten hatte und gegenüber seinen Freunden so klargestellt hatte, dass Danny in gewisser Weise zu ihm gehörte (Danny hatte dieses Gefühl extrem genossen - dass jemand ihn gerne an seiner Seite hatte, fast schon ein wenig stolz darauf zu sein schien, gab seinem Selbstbewusstsein zumindest nochmal einen kleinen Schubs in die richtige Richtung) und dann Zuhause sich so lieb um ihn gekümmert und gesorgt hatte, ohne ein Wort erlaubt hatte, dass Danny sich an ihn kuschelte und ihm das Gefühl gegeben hatte, ihn zu beschützen, war Danny sich jetzt vollkommen sicher, dass er sich an Toni binden lassen wollte. Oder zumindest so sicher, wie man sich eben sein konnte. Klar, bei einem Alpha konnte man sich eigentlich nie zu einhundert Prozent sicher sein - eine winzige Wahrscheinlichkeit, dass Toni sich nach der Bindung ihm gegenüber anders verhalten würde, blieb - aber Danny war sich ziemlich sicher, dass dem nicht so sein würde.

Jetzt also saß der Omega auf seinem Bett, knabberte abwechselnd an seinen Fingernägeln und auf seiner Unterlippe herum und versuchte, seinen Mut zusammen zu nehmen, um nun endlich mit Toni zu sprechen.

Es war nicht schwer. Aufstehen, ins Wohnzimmer gehen, sich zu Toni aufs Sofa setzen. Ihn fragen, ob sie kurz reden könnten. Und dann den Satz, den er sich schon lange zurechtgelegt hatte. Der Rest würde sich ergeben. An sich nicht schwer. Und trotzdem hielt irgendetwas Danny davon ab, es einfach zu tun.

Er atmete tief durch. Bis drei zählen. Bei drei würde er aufstehen und ins Wohnzimmer gehen.

Eins. Zwei. Drei.

Danny stand auf. Erster Schritt geschafft. Und jetzt, wo er einmal begonnen hatte, fiel es ihm zumindest ein bisschen leichter. Zur Tür, in den Flur, ins Wohnzimmer. Toni sah auf, als er Danny ins Zimmer kommen hörte, pausierte den Fernseher. Sehr gut. Er hob einladend den Arm und bevor Danny kneifen konnte, ging er zu dem Alpha und setzte sich dicht neben ihn, wo Toni begann, über seinen Rücken zu streichen. Sanft, nicht drängend, obwohl der Alpha ihm ansehen musste, dass ihm etwas auf dem Herzen lag.

»Was ist los, Kleiner?«

»Können ...« Nein. Nicht so. Durchatmen, nächster Versuch.

»Ich habe mir eine ganze Weile Gedanken gemacht. Über ... die Bindung und so.«

Tief durchatmen. Er war auf dem richtigen Weg. Warum war er so verdammt nervös? Ton würde doch bestimmt nicht nein sagen.

Danny drückte seine Zähne in seine Lippe, stand dann vom Sofa und Tonis Umarmung auf, um sich vor ihn auf den Boden zu knien. Wenn ein Omega einen Alpha um so etwas großes bat, dann tat er es auf Knien. Und so schlimm er es gefunden hatte, vor Leon zu knien, wenn er ihn um Verzeihung für irgendwelche Dinge gebeten hatte, für die er teilweise nicht einmal etwas konnte oder zu sonst einer Gelegenheit, so wenig machte es ihm bei Toni aus und trotz seiner Nervosität fühlte er sich dabei nicht fehl am Platz, erniedrigt oder über seine Nervosität hinausgehend ängstlich. Bevor er zu sprechen beginnen konnte, spürte er, wie sich Tonis Hand auf seine Schulter legte, den beruhigenden Druck, den er ausübte, seinen sanften Blick, der ihn einfing.

»Ganz ruhig. Du musst dich nicht hinknien, wenn du nicht willst. Atme tief ein und aus, nimm dir kurz Zeit, wenn du willst. Bleib ruhig.«

Danny nickte vorsichtig, schloss die Augen. Für einige Sekunden rührte er sich nicht, konzentrierte sich bloß darauf, was er sagen wollen würde, blieb aber auf Knien, bevor er die Augen wieder öffnete.

»Toni? Ich würde mir wünschen, dass du mich an dich bindest.«

Geschaft.

Der Alpha lächelte, seine Hände griffen sanft nach denen des Kleineren, umschlossen sie. Danny ließ mich sanft von ihm auf die Beine und zu ihm ziehen, bis er auf seinem Schoß saß, Tonis Arme um seinen Körper gelegt.

»Danke, Danny. Ich würde mich wirklich freuen, wenn ich dich binden darf.«

Danny nickte leicht, sein Blick klebte förmlich an dem sanften Blick von Tonis Augen.

»Ja.«

Seine Stimme war kaum mehr als ein Hauchen und trotzdem drückte sie perfekt aus, wie glücklich er sich gerade fühlte.

~~~~~~~~~~

Ist jemand von euch auf der Frankfurter Buchmesse?

Diesen Monat werden weniger Updates kommen. Wer die genauen Gründe dafür wissen will, kann gerne auf meinem Profil in meinem »Random Stuff«-Buch das Kapitel dazu lesen. 

The nights which count ~ boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt