»Du solltest wissen, wir haben so ein paar Traditionen bei uns. Das ist nichts Verbindliches, ich will nur, dass du es weißt und selbst entscheiden kannst, ob du das willst oder nicht.«
Neugierig nickte Danny, wartete darauf, dass Toni fortfuhr. Er hatte keine Angst vor diesen Regeln, so wie er die Leute in der Hall of Fame bis jetzt erlebt hatte, würde es nichts allzu Schweres oder Erniedrigendes sein.
»Okay. Die größte Tradition, die euch Omegas betrifft, ist etwas sehr ... keine Ahnung. An sich mag ich den Gedanken, aber du musst selbst entscheiden, ob du das willst.« Der Omega zog die Augenbrauen hoch. »Viele Omegas bei uns kommen barfuß zur Hall of Fame und bekommen erst bei der Hall of Fame von ihren Alphas Schuhe. Das macht der Omega eigentlich fast immer freiwillig. Der Hintergrund dahinter ist es, dass es Irrsinn wäre, die Hall of Fame ohne Schuhe zu betreten. Da sind immer noch überall Trümmer und Scherben, auch wenn wir schon das meiste weggeräumt haben. Es ist eine Art ... Symbol. Der Omega liefert sich seinem Alpha freiwillig aus und nimmt für ihn in gewisser Weise sogar
›Schmerzen‹«, er malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft, »auf sich, indem er ohne Schuhe kommt, wird von ihm angenommen und bekommt seinen Schutz - also eben von ihm Schuhe angezogen. Aber wie gesagt, die meisten machen das, aber es ist trotzdem immer noch freiwillig.«
Toni war sichtlich nervös, hatte ein wenig Angst, Danny könnte diese Tradition als Pflicht verstehen.
»Also ... würde mich das auch betreffen.«
»Wenn du das willst, ja.«
Danny überlegte kurz, aber eigentlich stand seine Entscheidung schon fest.
»Ja. Ja, wenn du das willst, würde ich es machen. Ich finde den Gedanken eigentlich ganz schön. Wenn es ... ich könnte mich ja immer noch dagegen entschieden, oder? Also, nur weil ich für heute ja sage, muss ich es ja nicht auch nächstes Mal tun, oder?«
»Natürlich nicht! Du kannst es erst einmal einfach ausprobieren heute, oder wenn du willst auch erst wann anders, und dann sagen, ob du es willst, oder nicht. Und wenn du dann ja sagst, kannst du auch trotzdem jederzeit sagen, dass du es dieses Mal nicht willst, oder auch generell nicht mehr willst. Ich werde dich bloß nicht mehr jedes Mal fragen. Wenn du es dann nicht willst, musst du das von dir aus sagen. Wie gesagt, das soll nur so weit gehen, wie es für dich passt. Es geht nicht darum, dem Omega irgendetwas aufzuzwingen, sondern um freiwillige Aufgabe eines gewissen Komforts.«
Danny nickte zustimmend, sah zu, wie Toni die Hand, die die ganze Zeit dort gelegen hatte, von seinem Arm nahm, und ein paar Schritte in Richtung Küche ging.
»Ich mach uns noch eben eine Kleinigkeit zum Essen, Brot oder so. Wir sollten in einer halben Stunde spätestens los, viel dunkler als jetzt wird es draußen nicht mehr.«
*
Den Weg zur Hall of Fame hatten Danny und Toni Hand in Hand zurückgelegt und auch, wenn es ungewohnt war, hatte Danny festgestellt, dass er es nicht schlimm fand, ohne Schuhe zu gehen. Zumal ihm Tonis Sorge um ihn und seine Aufmerksamkeit während des Weges zugegebenermaßen sehr gefiel.
Wieder wurden sie am Tor von einem Alpha abgefangen, doch anstatt, dass sie die Wache wie beim letzten Mal ohne lange zu Zögern hinter sich ließen, brachte Toni den Omega jetzt mit leichtem Druck seiner Hände auf dessen Schultern zum Stehen. Danny beobachtete nervös den Wachposten, der leicht lächelte, als Toni aus seinem Rucksack die Schuhe des Omegas zog. Sanft schob Toni den Kleineren zum Zaun, an dem ein dunkler Plastikgartenstuhl stand. Er bedeutete Danny, darauf Platz zu nehmen und ging selbst vor seinem Omega in die Hocke.
Es war eine irgendwie merkwürdige Situation, als Toni nach dem Knöchel des Omegas griff, ihn anhob und auf seinem Bein abstellte. Noch nie hatte jemand so sanft, fast schon fürsorglich seine Füße berührt wie Toni es jetzt tat. Vorsichtig strich er mit den Fingern über die Knöchel, reinigte Dannys Fußsohlen von Staub und kleinem Dreck, rieb ein wenig mit seinen Händen über die kalte Haut, um sie zu wärmen und zog ihm schließlich erst Socke, dann Schuh an, um mit dem zweiten Fuß genauso zu verfahren.
Erst dann stand der Alpha wieder auf, zog den Kleineren mit sich und hauchte ihm einen leichten Kuss auf die Wange – nicht mehr.
Als er dieses Mal auf dem Weg durch das Treppenhaus bewusst darauf achtete, sah Danny auch, was Toni meinte, wenn er sagte, es wäre gefährlich, hier barfuß zu laufen. Den Boden zierten an vielen Stellen Glassplitter und von den Wänden blätterte der Putz, vereinzelt lagen sogar ganze Trümmerteile - Holzbalken oder Stücke einer kaputten Mauer – herum.
Immer wieder wurde Toni auf seinem Weg von Alphas oder Betas angesprochen und jedes Mal unterhielt er sich kurz mit ihnen, begrüßte sie freundlich und erkundigte sich nach ihnen, während Danny nur stumm daneben stand und seine Hand hielt. Und jedes Mal zog Toni ihn ein Stück näher an sich, strich ihm sanft über Rücken, Arm oder Hand und stellte Danny seinem Gegenüber als seinen Omega vor, was das Herz des Kleineren vor Freude ein Stück höher hüpfen ließ.
»Baskis?«
Die Stimme gehörte einem Omega, der etwas an der Seite gewartet hatte, während Toni sich mit einem Alpha – Danny hatte seinen Namen schon wieder vergessen - unterhalten hatte und nun an sie herangetreten war.
»Joshi. Wie geht es euch?«
Der blonde Omega nickte, lächelte.
»Sehr gut. Artis hat letztens den Kleiderschrank ausgemistet und gestern seinen Freund vorbeigeschickt, um uns eine ganze Tüte voll Kleidung zu bringen. Die Sachen sind ziemlich cool.«
»Prima. Braucht ihr sonst irgendetwas? Oder hat sich schon jemand darum gekümmert?«
Der Omega lächelte süß, seine Hand wanderte in seine Jackentasche, wo er ein paar Münzen klimpern ließ.
»Wir haben. Pira hat am Donnerstag Gehalt bekommen. Was sie uns davon gebracht hat, sollte auf jeden Fall bis übermorgen reichen und Artis hat versprochen, uns am Mittwoch auch noch einmal etwas vorbei zu bringen.«
Toni nickte, schien mit der Antwort halbwegs zufrieden.
»Sehr gut. Joshi, das hier ist Danny, mein Omega. Danny: Joshi. Er ist einer unserer ungebundenen Omegas, die hier wohnen.«
»Hey.« Der fremde Omega grinste nun auch Danny an, streckte ihm seine Hand zur Begrüßung entgegen und schüttelte sie. »Freut mich. Ich wusste gar nicht, dass du einen Freund hast, Toni?«
Der Alpha konnten nun auch nicht anders, als zu lächeln und wuschelte Danny zufrieden durch die Haare.
»Es ist auch erst seit heute Nachmittag offiziell.«
»Echt? Dann freut es mich umso mehr für euch. Für euch beide.« Er pikste Danny leicht gegen die Brust, zwinkerte ihm verschwörerisch zu. »Du hast echt Glück mit deinem Alpha. Baskis ist einer der besten Alphas, die ich kenne.«
Während Danny nur unsicher lächelte, die quirlige Art des anderen Omegas aber zugegeben sympathisch fand, lachte Toni leise.
Es grenzte an ein Wunder, dass Joshi überhaupt noch so fröhlich sein konnte. So wie Danny es jetzt verstanden hatte, war er bereits Achtzehn und damit volljährig. Und für einen volljährigen, ungebundenen Alpha gab es in der Regel nicht sonderlich viel zu lachen. Um den Druck, sich zu binden, auf Omegas zu erhöhen, gab es einige Gesetze, die volljährigen Omegas das Leben ziemlich schwer machten. So musste ein Omega beispielsweise an seinem achtzehnten Geburtstag von Zuhause ausziehen und durfte von da an nur noch mit seinem gebundenen Alpha oder Beta zusammen wohnen. War ein volljähriger Omega ungebunden – war er obdachlos. Und als obdachloser Omega ohne Halsband als Zeichen der Bindung lebte es sich meistens nicht leicht – und in der Regel auch nicht lange. Wenn einen nicht einfach nachts irgendwelche Alphas – zum Spaß oder aus sonst einem Grund – töteten, verhungerte man ziemlich schnell. Niemand würde auch nur daran denken, einem bettelnden Omega etwas zu geben, sei es Geld, etwas zu Essen oder auch nur ein paar Schlucke sauberes Wasser.
Aus welchem Grund auch immer die Sprayer der Hall of Fame diese ungebundenen Omegas mitversorgten – sie retteten ihnen damit mit ziemlicher Sicherheit das Leben.
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Hayho, Leute!
Heute zu einer ungewohnten Zeit ein neues Kapitel. Ich bin aber einfach sehr neugierig, wie es euch gefällt. Ich habe heute, nachdem ich bei der FBM über den Stand gestolpert bin, ein neues Schreibprogramm ausprobiert.
Hat jemand von euch Erfahrung mit Papyrus Autor?
Liebe Grüße, minnicat3
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The nights which count ~ boyxboy
Teen FictionWährend Antonio tagsüber ein Alpha wie jeder andere zu sein scheint, ist er nachts einer der bekanntesten Graffiti-Künstler der Stadt. Seine Werke zieren dutzende Wände und werden von Gleichgesinnten oft bewundert. Als er eines Nachts auf den, von s...