1. Nur ein Traum?

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Jiyeon POV

„Wonhae manhi manhi!", sang ich und sprang bei dem Tanzschritt beinahe in meinen Spiegel, als urplötzlich meine Zimmertür aufgerissen wurde und meine Mutter mich streng anblickte.

„Es ist halb neun! Und überhaupt, solltest du nicht besser Koreanisch Vokabeln lernen, anstatt zu dieser komischen Musik rum zu hampeln?!", rief sie gegen die Lautsprecherboxen an. Schlagartig hörte mitten in der Bewegung auf zu tanzen und drehte die Musik fast komplett runter.

„Ich hab schon gelernt! Und außerdem ist das keine komische Musik! Durch die lern' ich die Sprache doch bestimmt gleich viel besser!" Schmollmundartig schob ich meine Unterlippe vor und sah meine Mutter mit Dackelblick an. „Sicherlich, aber nicht bei solch eintönigen Texten" Ich schnappte hörbar nach Luft und wollte gerade etwas darauf erwidern, als meine Mutter einfach weitersprach. „Also, mach, dass du runter kommst und noch was isst, okay?" „Jaha", brummelte ich und schob sie sachte aus meinem Zimmer, ehe ich die Tür mit Nachdruck schloss.

Ich verstand meine Mutter einfach nicht, durch die Musik lernte ich doch wirklich am besten! Sie war Koreanerin. Und als sie ihr Auslandsstudium in Deutschland machte, lernte sie meinen Vater kennen und schlussendlich heirateten die beiden. Sie blieb bei ihm in Deutschland, wo sie fortan ihrem Beruf als Fremdsprachenkoordinatorin nachgehen konnte.

Hieß, dass ich das große Glück, oder wohl eher das große Pech hatte, zweisprachig aufwachsen zu dürfen, was bei zwei so unterschiedlichen Sprachen wirklich schwer ist, wobei ich koreanisch schon sehr gut beherrsche, da ich nun mal eine Vorliebe für die koreanische Popmusik, sowie Tänze hatte.

Seufzend schlurfte ich die Treppe hinunter, um mir irgendwas zum Abendbrot zu machen. Immerhin konnte ich dadurch die Liedtexte verstehen...die eindeutig nicht eintönig waren, wie meine Mum schlicht behauptete. Aber ihr das beizubringen, würde wohl noch ein Weilchen dauern.



„Du hast dir den Zeh an deinem Spiegel gestoßen?", prustete meine beste Freundin mir entgegen, als ich mich am nächsten Morgen in der Schule auf den Platz neben ihr fallen ließ. Darf ich vorstellen: Lilly. Lilly Collins. Meine beste Freundin und ein absoluter Freak.

Und das ist nicht mal untertrieben, immerhin trug sie ihre hellen, kürzeren Haare an den Spitzen hellrosa gefärbt, kannte alle Kochbücher ihrer beiden Großmütter komplett auswendig und konnte die Texte jedes Adele-Liedes mitsingen. Aber genau deswegen mochte ich sie ja. „Lach nicht, das tat voll weh! Der Move ist halt sehr speziell..." „Ach, wieder einer deiner komischen BTF Tänze oder was?"

„ Erstens sind die nicht komisch, zweitens heißen sie BTS und drittens nennt man so was Choreographie!", sagte ich spitz, als die Klasse murrend unseren Deutschlehrer begrüßte. Man muss wissen, das Tanzen meine große Leidenschaft war. „Oh, entschuldige, kann mir den Namen einfach nicht merken, erinnert mich immer so an Behind The Scenes", meinte Lilly gespielt entschuldigend und zog ihren Stuhl an den Tisch ran. „Das sagst ausgerechnet du?" Lilly war in einer Hinsicht so genauso wie ich: Zweisprachig aufgewachsen.

Ihre Familie war vor acht Jahren von New York nach Deutschland gezogen, weshalb sie fließend englisch sprechen konnte. „Deine Eltern triezen dich ja nicht, englisch zu lernen" „Nö, ich kann's ja auch perfekt" Sie grinste bis über beide Ohren und klackte die Kappe ihres Füllers auf. Ich verdrehte nur die Augen und suchte in meinem Mäppchen ebenfalls nach meinem.

"Zuerst checke ich die Anwesenheitsliste. Paul Ackmann?", begann unser Lehrer. Oh nein, nicht schon wieder. Ich hasste es, die Anwesenheitsliste durchgehen zu müssen. Denn so gütig meine Mutter gewesen war, hatte sie mir nicht nur ihren koreanischen Mädchennachnamen aufgedrückt, sondern auch noch gleich einen Vornamen.

Teleport Backpacker | BTS JungkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt