Kapitel 20 - „Los, Jungs!"
„Wir brauchen alle – und ich meine wirklich alle – Informationen, die wir haben." Autoritär schallt meine Stimme durch mein Büro. Michael Watts und Adam O'Donnel stehen vor meinem Schreibtisch, ihre Notizblöcke erhoben und fleißig am Schreiben. Ron steht neben mir, die Arme vor seiner Brust verschränkt und beobachtet alles ganz genau. Ich bin mir sicher, dass ich Tränen in seinen Augen gesehen habe, als er mein Büro betreten hat. Er wollte noch mit Severus reden, als ich mich schon ins Ministerium aufgemacht hatte. Ich glaube, ihn trifft das alles sehr.
Ich habe ihn nur einmal weinen sehen – als wir erfuhren, dass Hermine (vermeintlich) gestorben war. Er brach zusammen, als ich es ihm Neujahr mitten in der Nacht erzählte und betrank sich danach heftig. Auf ihrer Beerdigung war er gefasst, auch wenn Tränen in seinen Augen standen. Doch er musste für Parvati da sein, sie stützen. Immerhin bekam auch sie ein Kind.
Ginny weinte regelmäßig, immer mal wieder nahm ich sie in den Arm, tröstete sie. Freds Verlust hing ihr noch immer – auch nach all den Jahren – in den Knochen und Hermine wühlte einfach alles wieder auf und machte es tausendmal schlimmer.
Ich selbst weinte nur an Silvester. Jedenfalls so, dass es jemand sah – und ich zähle Severus im Denkarium jetzt nicht dazu. Wenn ich alleine in meinem Büro saß oder unter Dusche stand, konnte auch ich nicht meine Trauer und Tränen aufhalten. Sie fehlte mir einfach so.
Doch jetzt, wo wir die Aussicht darauf haben, dass sie noch lebt; dass wir sie retten können, brennt mein Ehrgeiz und meine Wut stärker, denn je.
„Ihr besorgt mir alle Dokumente, die auch nur irgendwie etwas mit diesem Fall zu tun haben. Außerdem will ich alle Akten zu den aufgelisteten Todessern haben. Inhaftiert, tot oder frei. Vollkommen egal, ich will alle!" Augenblicklich setzt sich mein Team in Bewegung, verlässt mein Büro. Nur noch Ron steht neben mir. Ich atme tief durch und drehe mich zu ihm.
„Ich werde zu Kingsley gehen und ihm in den neuesten Entwicklungen unterrichten. Würdest du Ginny einen Brief schreiben? Ich denke an Parvati wäre wohl auch nicht verkehrt." Langsam, kaum sichtbar nickt er. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu und lege meine Hand auf seine Schulter. „Wir werden sie finden, Ron." Er schenkt mir ein halbherziges Lächeln, ehe ich ihn in meinen Arm nehme, ihn fest an mich drücke und ihm aufmunternd auf den Rücken schlage. „Wir haben schon so viel durchgemacht, das stehen wir auch durch. Zu dritt", flüstere ich an seinem Ohr, ehe ich ihn loslasse, ihm noch ein letztes Lächeln schenke und schließlich auch mein Büro verlasse.„Sie lebt?!" In Kingsleys Gesicht spiegelt sich purer Unglaube wider.
„Ja. Severus hat es mir gezeigt." Unruhig rutsche ich auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch hin und her. Ich möchte in mein Büro, möchte mit meinem Team an dem Fall arbeiten. Jede weitere Sekunde, ist eine verlorene.
„Aber wieso hat er dann nicht vorher etwas gesagt?" Ungläubig zieht er seine Augenbrauen zusammen und legt seine Stirn in Falten. Ich verdrehe die Augen.
„Kingsley, ich bin mir ziemlich sicher, wenn Severus vorher gewusst hätte, dass sie noch lebt, hätte er sich nicht schuldig bekannt. Als er bei mir ankam, wirkte er sehr gehetzt. Wahrscheinlich hat er es selbst erst wenige Minuten vorher erfahren und ist direkt zu mir gekommen." Ich muss zugeben, dass mich diese Diskussion nervt. Severus ist freigesprochen. Kingsley selbst hatte Draco sofort geglaubt, als er ihn entlastete. Wieso fällt es ihm dann so schwer, zu glauben, dass Hermine noch lebt?
„Seelenglas sagst du? Seelenverwandtschaft?", hakt er nochmal nach, lehnt sich in seinem Stuhl zurück und reibt sich das Kinn. Ich nicke nur stumm. „Wieso hat er uns nichts von diesem Glas erzählt?" Ich atme tief durch, ehe ich antworte.
„Weil er es sicherlich einfach vergessen hat. Der Mann dachte wochenlang, dass seine Partnerin gestorben sei. Und selbst wenn, uns hätte dieses Glas ohnehin nichts gebracht. Wir können es nicht leuchten sehen, es wäre einfach nur ein Gefäß gewesen, dem wir keine Beachtung geschenkt hätten."
„Aber wenn wir es nicht sehen können, wie sollen wir ihm dann glauben, dass..." Doch ich lasse ihn nicht ausreden.
„Verdammt, Kingsley! Sie lebt! Ich habe seine Erinnerungen bezüglich des Seelenglases gesehen. Er hat mir alles darüber erzählt. Und je länger ich hier sitzen und dich davon überzeugen muss, dass du uns die Suche machen lässt, desto unwahrscheinlicher wird es, dass wir sie lebend finden!", poltere ich ihm entgegen und fahre mir durch meine Haare. Meine Atmung hat sich beschleunigt und meine Kiefer sind zusammengepresst. Ich bin wütend auf ihn.
„Und was ist mit dem Todesser, der offensichtlich noch frei herumläuft?" Ich spüre, dass seine Blockade bröckelt. Er wird bald nachgeben.
„Den finden wir, wenn wir sie finden. Er hat sie entführt, dann wird er sicherlich immer mal wieder nach ihr sehen", antworte ich ungehalten und versuche, meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Kingsley schaut mir lange in de Augen, ohne auch nur ein Wort zu sagen.
„Nun gut, nun gut. Tu, was notwendig ist. Du hast freie Hand", sagt er schließlich und gibt mir mit einer Geste seiner Hand zu verstehen, dass ich gehen kann. Ich stehe auf und bin im Begriff, aus dem Büro zu stürmen, als er noch etwas anhängt. „Aber findet mir diesen Bastard von Todesser!"
Ich nicke und verlasse schließlich sein Büro.„Also, was haben wir Jungs?", frage ich, während ich mich über die Stapel an Ordnern beuge und mir die Beschriftungen durchlese.
„Ich habe hier alle Todesser, die im Krieg gefallen sind. Es sind einige. Eine handvoll ist entkommen, aber vier von ihnen wurden später tot aufgefunden. Mulciber jr. ist noch auf freiem Fuß. Zuverlässige Quellen sagen aber, dass er sich seit dem Krieg in Brasilien aufhält. Der Rest ist in Fort Hex inhaftiert", antwortet Michael professionell und ich kann ein anerkennendes Nicken nicht unterdrücken. Ich bin wirklich mit einem großartigen Team gesegnet.
„Und was hast du für mich, Adam?", frage ich an ihn gewandt und blicke ihn an. Hektisch blättert er einige Seiten seines Notizbuches um, ehe auch er anfängt aufzuzählen.
„Ich habe hier eine komplette Auflistung der Gäste von Silvester, sowieso alle Zeugenaussagen. Außerdem habe ich noch nach den Aussagen der verurteilten Todesser geschaut, in denen Snapes oder Miss Grangers Name erwähnt wurde." Zufrieden klopfe ich ihm auf die Schulter, als ich mich aufrichte, um um meinen Schreibtisch herum zu gehen.
Erschöpft lasse ich mich in meinen Stuhl fallen und ziehe die erste dicke Akte, die ich greifen kann, zu mir heran. Ehe ich sie lese, lasse ich noch einmal meinen Blick durch das Büro schweifen und sehe, wie Michael, Adam und Ron hochkonzentriert über den Dokumenten brüten, hier und da etwas notieren oder hastig nachschlagen. Ich seufze und hebe die Aufzeichnungen vor meine Augen.Müde reibe ich mir das Gesicht, während ich herzhaft gähne und meine erschöpften Augen massiere. Ich weiß nicht, wie lange wir schon hier sitzen oder die wievielte Akte ich bereits ohne neue Erkenntnis enttäuscht auf den immer größer werdenden Stapel vor mir geworfen habe.
Melissa hat uns ständig mit Kaffee versorgt und uns etwas zu Essen gebracht, doch erreicht haben wir bisher nichts.
Ich habe mir die Aussagen der inhaftierten Todesser durchgelesen. In allen, in denen Hermine oder Severus erwähnt werden, werden bloß die abscheulichsten Beleidigungen verzeichnet. Weil Severus ein Spion war. Weil Mine an meiner Seite gekämpft hat.
Ich atme tief durch, beuge mich nach vorne, um eine Akte zu nehmen, die die entflohenen Todesser näher beleuchtet, als urplötzlich eine Lichtgestalt durch die Tür geschossen kommt und mitten in meinem Büro stehen bleibt. Ungläubig reibe ich meine Augen. Spielt mir mein Verstand einen Streich? Ich könnte schwören, dass... Adam, Michael und Ron fahren erschrocken von ihren Stühlen hoch, als Severus' tiefe Stimme zu sprechen beginnt.
„Habe eventuell eine Spur. Minervas Büro. Zehn Minuten." Kaum hat er ausgesprochen, verschwindet der spielend hüpfende Otter und lässt sowohl mich, als auch Ron sprachlos zurück. Wir teilen einen kurzen Blickkontakt – keiner von uns kann glauben, was er gerade gesehen hat.
Es dauert ein paar Sekunden, ehe ich mich wieder fasse.
„Ihr habt ihn gehört. Los, Jungs!", rufe ich, ehe ich meinen Gürtel anziehe. Die Drei machen es mir nach, rüsten sich für ihren Einsatz und folgen mir, als ich aus meinem Büro stürme, bis ich schließlich vor einem Kamin „Büro der Schulleiterin von Hogwarts" rufe und wir alle vier nach und nach in die grünen Flammen steigen.
![](https://img.wattpad.com/cover/107584387-288-k394912.jpg)
DU LIEST GERADE
Komm, uns bleibt die Ewigkeit
FanficSeverus Snape musste mit eigenen Augen sehen, wie die Liebe seines Lebens - seine Seelenverwandte - bei lebendigem Leib verbrennt. Wie kommt er damit zurecht und wird er sie rächen? Feststeht, dass er Hermine mehr als alles andere auf diesem Planete...