-einunddreißig-

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Sirius findet mich keine zehn Minuten später am Steg des großen Sees. Stumm setzt er sich neben mich und spielt mit seinen Händen.
Es fühlt sich an, als wäre ewig viel Zeit vergangen, als er seinen Mund öffnet und mit mir spricht. "Es tut mir Leid" sagt er. Es war eher ein murmeln aber trotzdem hörte ich es klar. "Ich dachte, wenn du wüsstest, was meine Cousine macht, dann... dann würdest du mich anders sehen"
Eine Weihle sage ich nichts darauf. Ich schaue einfach nur auf den See.
"Nein" rede ich mit ihm und für einen Moment war er irritiert. "Nein, das ist nicht der Grund, weshlab du mir nichts gesagt hast. Sind wir doch mal ehrlich" Ich schaue ihm zum ersten Mal an. Er schaut mit einer Mischung aus Bersorgnis, Schuld und Verwirrung zurück. "Du hast es mir nicht nicht gesagt, weil du dachtest ich würde dich anders sehen. Du weißt genau, dass ich dich nicht wegen deiner Cousine anders sehen würde. Du hast es mir nicht gesagt, weil du dachtest, dass ich es nicht packe. Du hast in Hogsmeade gesehen, wie sehr ich diese Frau hasse und hast gedacht, dass ich es nicht packen würde, wenn ich wüsste, dass sie mit dir verwandt ist." er sagt nichts und ich richte meinen Blick wieder auf den See. "Du denkst, dass ich in einem großen, weißen Haus aufgewachsen bin. Mit einem großen Garten, in dem ich jeden Tag mit meinen besten Freunden gespielt habe. Zwei Eltern, die mich lieben und alles für mich tun würden. Einen Hund und eine Schwester, ohne die ich nicht leben könnte. Eine heile Familie, deren einzige Sorge die Universität ihrer Kinder ist" Er antwortet nicht. Das braucht er auch gar nicht. Sein schweigen ist Antwort genug.
Ich schnaube durch die Nase und schüttel den Kopf. Die Tränen, die ich in der großen Halle runter geschluckt habe kommen wieder hoch. "Aber weißt du was? Ich hatte nie ein großes weißes Haus. Ich hatte nie einen großen Garten. Ich hatte nie einen Hund und ich hatte auch nie eine heile Familie" meine Augen laufen über aber ich mache mir nicht die Mühe die Tränen weg zu wischen.
"Was... was ist passiert?" fragt Sirius und schaut mich besort von der Seite an. Ich antworte nicht. Was soll ich ihm sagen?
Er mustert mich und bleibt an meinem Arm hängen. In der Weste wird es langsam wirklich heiß, aber ich ziehe sie nicht aus.
Er will nach meinem Arm greifen, aber ich ziehe ihn weg. Dann schaut er mir in die Augen. Er muss nichts sagen. Sie strahlen so viel Fürsorge aus. So viel Sorge. Es ist, als würde er mir versichern, dass alles gut wird, ohne es auszusprechen.
Er greift erneut nach meinem Arm. Dieses mal ziehe ich ihn nicht zurück und lasse zu, dass er ihn zu sich zieht. Vorsichtig schiebt er meinen Ärmel nach oben und hat freie Sicht auf meinen Unterarm.
Der gleiche Unterarm, wie im Krankenflügel, als er ihn zum ersten mal gesehen hat. Voller Narben. Die Kratzer und blauen Flecken sind zum Glück schon verheilt, aber auch ohne ihnen schaut es schlimm aus.
Als Sirius mit seinen Fingern darüber fährt zucke ich bei der Berührung seiner Raune Haut zusammen. Er streichelt über meinen Narben. Über mein Handgelenk. Über meinen Ellbogen. Über meine Fingerspitzen.
"Wer hat das getan?" fragt er ohne seinen Blick von meinem Arm zu nehmen.
"Ich..." fange ich an, aber breche ab.
"Bee, bitte. Wer tut dir das an?" sagt er und schaut mich jetzt an. Seine Stimme klingt bedrohlich und sogar leicht wütend, als würde er am liebsten auf irgendwas einschlagen.
"Das ist eine lange Geschichte" erkläre ich ihm, aber das scheint ihn nicht zu interessieren.
"Sprich mit mir" fleht er schon fast und fährt wieder über meinen Unterarm.
Ich atme tief durch. "Wir waren wirklich eine heile Famile" beginne ich zu erzählen. Ganz von Vorne. "Meine Mum, mein Dad, mein großer Bruder und meine große Schwester. Ich weiß noch, wie wir alle immer Abends auf dem Sofa saßen und meine Mutter uns etwas vorgelesen hat. Ich schlief an der Schulter meiner Schwester ein und morgens bin ich in meinem Bett wieder aufgewacht." Bei der erinnerung muss ich etwas lächeln. Wie schön und zugleich grausamm Erinnerungen sein können. "Aber dann, als ich sieben war bekam meine Mutter Krebs. Lungenkrebs. Es war von anfang an klar, dass sie es nicht überleben würde, aber sie hat trotzdem gekämpft. Bis sie starb als ich acht war. Mein Vater zerbrach innerlich. Meine Mutter war die Liebe seines Lebens. Meine Schwester beginnt sich abzusonderen und verbrachte die meiste Zeit in ihrem Zimmer. Es dauerte Monate, bis wir meinen Vater dazu brachten wieder raus zu gehen. Wir. Mein Bruder und ich. Stück für Stück peppelten wir ihn auf. Wir zeigtem ihn, dass das Leben weiter geht und er hat es geschafft, wieder zurück zu kommen. Im Gegensatz zu meiner Schwester. Teilweise war sie Tage weg ohne uns bescheid zu sagen. Eigentlich war es vorhersebahr, dass sie fünf Jahre später, sobald sie achtzehn war, weg ging. Sie hat sich nicht mal verabschiedet. Sie war einfach weg. Wir wollten sie an ihrem Geburtstag aufwecken und sie war weg. Mein Vater gab sich die Schuld dafür. Er verlor seinen Job und mein Bruder musste für uns sorgen. Er hat uns immer beschützt. Egal, was passiert ist, er war immer für mich da. Und dann, eines Abends, als mein Vater tatsächlich das Haus verlassen und zum einkaufen gegangen ist schien alles, als würden er wieder okay werden. Mein Bruder und ich haben den Tisch zum Abendessen gedeckt. Dann hörten wir ein Krachen. Mein erster Gedanke war ein Baum, der umgefallen ist, aber mein Bruder hat an etwas anderes gedacht. Er sprang auf und versteckte mich in seinem Kleiderschrank. 'Komm nicht raus, bevor ich dich hole, verstehst du?' sagte er zu mir. Ich habe protestiert und mich geweigert, aber er lies es nicht zu. Er wollte mir keine meiner Fragen beantworten. 'Vertrau mir' sagte er und schloss die Türe" Vertrau mir. Selbst wenn ich alle Kraft der Welt hätte könnte ich meine Tränen nicht aufhalten. "Dann hörte ich ein weiteres Krachen. Viel lauter, als das erste. Schritte. Dann ein lachen. Ein schrilles lachen. Jemand hat etwas geschrien und der Schrank wurde durch den Spalt unten an der Tür grün erhellt. Ich musste mir dem Mund zuhalten um nicht zu schreien. Und dann habe ich gewartet. Minuten. Stunden. Ich weiß nicht, wie lange ich da saß, aber es war eine lange Zeit. Zusammengekauert auf den heruntergefallenen Klamotten meines Bruders. Ich traute mich nicht aus dem Schrank zu kommen. Dann hörte ich die Türe aufgehen und meinen Vater schreien. Verzweifelt. Voller schmerz. Er schreit nach mir. Ich antwortete nicht. Irgendwann hat er mich gefunden. Und dann sah ich es auch. Mein Bruder. Auf dem Boden im Flur. Er bewegte sich nicht und seine Augen starrten leblos an die Decke. Das hat auch das letzte Stück 'heile Familie' zerstört. Ich war damals fünfzehn. Mein Vater ist ausgerastet. Er hat hilfe in Alkohol gesucht und irgendwann kam er jeden Tag betrunken nach Hause. Jeden Tag kommt er betrunken nach Hause" Die dicken Tränen haben sich zu einem Fluss verbunden und strömen meine Wangen hinunter.
Sirius schaut immer noch auf meinen Arm. "Das war dein Vater?" fragt er noch mal nach. Fassungslos, aber nicht so fassungslos, wie erwartet. Ich nicke. "Aber... aber es wurde weniger. Die größeren sind schon vor längerem passiert. Und es ist ihm nicht bewusst, was er tut. Er ist nicht er selbst." versuche ich ihm zu erklären.
"Wiso hast du uns nie etwas davon erzählt, Bee? Das... das ist furchtbar" sagt Sirius und schaut mir wieder in die Augen. Jetzt spiegelt sich noch mehr Wut darin.
"Was hätte ich sagen sollen? 'Hey, ich bin der neue Muggel auf einer Zaubererschule. Ach ja und noch ganz neben bei ist fast meine ganze Familie tot und mei Vater wirft täglich Gläser nach mir'? An meiner alten Schule war ich quasie unsichtbar. Die einzige Freundin, die ich habe ist meine Sandkastenfreundin und als ich euch gesehen habe wollte ich wirklich mit euch befreundet sein. Ohne Mitleid." antworte ich ihm, aber er scheint nicht zu verstehen, was ich meine. Natürlich nicht. Er ist der Mädchenschwarm an der Schule. Ich bin mir sicher, dass er sich noch nie um Freunde Gedanken machen musste." Außerdem habe ich meine Vater immer noch lieb. Er hat mich auch noch lieb. Das weiß ich. Er ist nur zu sehr zerbrochen." Ich schaue ihm in die Augen und spüre gar nicht mehr, wie aus meinen Augen immer noch die Tränen laufen. "Bitte" füge ich noch hinzu. "Bitte denk jetzt nicht anders von mir."
Er atmet tief durch. Dann legt er seinen unterarm neben meinen. Zuerst verstehe ich nicht, was er sagen will, aber dann zieht er seinen Zauberstab. Langsam fährt er damit über seine Haut. Als ob ein Vorhang aufgezogen wird erscheint eine Narbe nach der anderen. Nach und nach schaut sein Arm genau so aus wie meiner.
"Meine ganze Familie war in Slytherin" erklärt er jetzt mir. "Sie sind alle Todesser und verabscheuen Muggel. Es ist nicht nur meine Cousine. Meine ganze Familie ist besessen von reinem Zaubererblut. Es dauerte nicht lange, bis ich begriffen habe, wie falsch ihre Ansicht ist. Das gefiehl ihnen gar nicht. Als ich nach Gryffindore kam war zu Hause die Hölle los. Mein Vater ist ausgerastet. Meine Mutter stoß Schümpfwörter aus, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt und meine komplette Familie stellte sich gegen mich. Ein Folterfluch fürs Tellerrunterschmeißen. Eine Ohrfeige fürs blöd schauen. Ein weiterer Folterfluch fürs existieren. Es war furchtbar. Ich bin letztes Jahr zu James gezogen. James Eltern haben mich sofort aufgenommen." Ich schaue von unseren Armen in seine Augen. "Glaub mir. Ich verstehe dich."

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Heyy
es tut mir echt leid, dass ich gestern nicht gepostet habe aber ich war den ganzen Tag lang unterwegs...
Ich glaube, dass es ein bisschen zu viel ist fünf Kapitel auf ein mal zu veröffentlichen also poste ich heute drei (die heutigen zwei mit dem bonuskapitel) und morgen und übermorgen zwei (die reguleren plus eines der Kapitel, die ich gestern hätte posten sollen)
Lasst mir euere Meinung da:)

Rumtreiber, Muggel und die anderen Dinge in Hogwarts (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt