°•° 23. Türchen °•°

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Seit Tagen gab ich Chen jetzt schon die kalte Schulter. Doch je näher der Tag rückte, an dem jede Chance vorbei war, desto schlimmer wurde das Drücken in meinem Herzen. Dieses schlechte Gewissen. Blödes Gewissen.

23.ter Dezember. Nur beim Heimkommen dieses Kalenderblatt zu sehen jagte mir einen Schauer den Rücken herunter.

So schnell wie ich konnte huschte ich in mein Zimmer. Chen saß, wie immer die letzten Tage, auf einem meiner Bücher und las. Ich meine, was sollte er auch sonst tun? Wenn man klein war, und nicht mehr zu Bandproben mitgenommen wurde, war das Leben schon langweilig. Er konnte auch etwas essen von den Krümeln, die ich ihm jeden Tag hinlegte, aber der Spaß daran hielt sich natürlich auch in Grenzen.

Eigentlich wollte ich straight zu meinem Bett gehen.
Eigentlich ist eine Einschränkung.

Stattdessen blieb ich stehen, mein Blick auf Chen gerichtet. „Uhm, hallo..."

Ich erwartete keine Antwort, nicht einmal eine Reaktion, und wollte mich schon auf mein Bett schmeißen, als zurückkam. „Hey..."

Überrascht blieb ich stehen. Er antwortete mir?

„W-wie geht es dir?"

„Geht so. Wie es einem so geht, wenn man kurz davor steht, für immer klein zu bleiben..."

„Oh, uhm..." Beinahe hätte ich geantwortet, dass ich das Gefühl kennen würde, was nicht gelogen gewesen wäre, aber ich hielt mich zurück. „Es... Tut mir Leid. Immernoch. Für immer."

„Ist schon okay", Chen unterbrach mich, bevor ich überhaupt erst anfangen konnte, mein schlechtes Gewissen von der Seele sprudeln zu lassen.

„Es ist okay? Nichts ist okay", entgegnete ich entrüstet.

„Nein, alles ist okay. Ich bin okay, du bist okay", Chen richtete ich von der Buchseite auf, auf der er gerade gesessen hatte.
„Mittlerweile habe ich mich mit dem Gedanken angefreundet, für immer klein zu bleiben. Und das ist okay. Ich - Wir - haben alles probiert, was in unserer Macht stand und wenn es nicht sein soll..."

„Chen..." Jetzt stiegen mir tatsächlich Tränen in die Augen.
Der Knoten in meiner Brust zog sich immer enger zusammen.

„Ich akzeptiere es, klein zu bleiben", fuhr Chen fort. „Aber ich akzeptiere es nicht, mich so lange mit dir zu streiten. Das war falsch von mir. Tut mir Leid."

Ich schniefte.

„Ich hätte dir kein schlechtes Gewissen machen sollen. Ich weiß, dass du empfindlich bist."

Da kullerte mir die erste Träne über die Wange, dicht gefolgt von der nächsten. Der Knoten in meiner Brust war geplatzt, und hervorgekommen war Erleichterung.

„Mir tut es auch Leid", brachte ich einfach nur hervor und fiel auf die Knie, um Chen so nah zu kommen wie ich konnte.

„N-nicht weinen!", rief Chen bestürzt. Der kleine Junge trat näher und legte seine kleinen Hände auf mein Knie. Es fühlte sich an, als würde man mir mit der stumpfen Seite eines Bleistifts gegen das Knie drücken.

Aber die Erleichterung war einfach zu überwältigend.

Exo Chen • Der WunschpunschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt