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Alexia

Ich muss eingeschlafen sein, denn plötzlich spüre ich die Matratze nachgeben und seine Nähe. Träume ich?
Leise dringt seine tiefe Stimme zu mir durch: »Lex, es tut mir so leid. Ich wollte dir keine Angst machen. Es tut mir leid. Ich hasse Tyler. Sein Verhalten, aber nicht deins und dich auf gar keinen Fall. Ich ...«
Weiter spricht er nicht. Was wollte er sagen? Doch nicht etwa? Nein, das wäre zu früh. Viel zu früh. Nein, das wollte er sicher nicht sagen. Mein Gehirn hat echt einen gehörigen Fehler intus.

Federleicht streicht er meine Locken aus meinem Gesicht und ich kann nicht anders und kuschle mich an ihn, rolle mich bei ihm ein und drifte schnell wieder ins Land der Träume ab. Ich fühle mich geborgen bei ihm. Bei ihm kann ich einfach ich sein. Und auch wenn es mich irritiert, dass er zu der PCrew gehört und tanzt, glaube ich doch, dass er anders ist als Tyler. Mein kleines Herz will das auf jeden Fall glauben. Miras Worte schwirren in meinem Kopf herum. Was wollte sie sagen als Rayan sie sehr unwirsch zum Schweigen aufforderte? Sollte es »nichts anbrennen« bedeuten? Hatte Rayan schon mal eine Freundin oder liebte er das unverbindliche Abenteuer? Bei Gelegenheit muss ich das in Erfahrung bringen. Am besten bevor ich mein Herz komplett an ihn verliere. Doch wie soll ich das anstellen? Ich kann ihn schlecht darauf ansprechen.


Als ich wach werde, schläft Rayan noch und ich kann nicht anders und beobachte ihn. Er liegt auf dem Rücken und sieht zum Anbeißen aus. Sein Körper ist durchtrainiert und seine Oberarme zeigen einige Tattoos. Was haben die wohl für eine Bedeutung? Die Leute lassen sich doch nicht grundlos Farbe unter die Haut spritzen.

Bei meinem Beobachtungsfeldzug erkenne ich am rechten Oberarm ein verschnörkeltes P und bei genauerer Betrachtung sehe ich auch das Crew darin. Sie haben sich sogar gebrandmarkt. Ist diese Crew nur eine, die gerne tanzt oder steckt da mehr dahinter? Haben sie sogar mit Drogen zu tun? Ist es nicht so, dass die Gangs illegale Sachen treiben? Oder ist das Illegalste der PCrew die Streetdance? Krampfhaft überlege ich, ob Tyler auch seine Gang auf der Haut trägt. Auch er ist tätowiert, aber so genau habe ich mir seine Tattoos nie angeschaut.

»Suchst du etwas bestimmtes?« Reißt mich seine verschlafene, raue Stimme aus meiner Beobachtung und aus meiner Grübelei. Ich zucke erschrocken zusammen. Nicht weil ich mich ertappt fühle, sondern weil ich so vertieft in diese ganzen schwarzen Striche bin. »Du bist ein Kunstwerk. Morgen«, erwidere ich und lege mich auf ihn. »Oh ja. So gefällt mir das Wachwerden«, brummelt er und schlingt seine Arme um mich. Ich spüre seine Erektion und werde selber ganz hibbelig. Unruhig bewege ich mich hin und her. »Lex, nicht...«, keucht er. »Kondom...los.« Ich will ihn ohne spüren, aber da kann ich machen, was ich will, er lässt sich nicht darauf ein und rollt uns herum. Verheimlicht er mir etwas oder traut er mir nicht? Muss ich ihm etwa einen Aidstest vorlegen oder hat er Angst, dass er Vater werden könnte? Beides ist doch total unsinnig.

Eng umschlungen liegen wir da bis mein Magen um Aufmerksamkeit bettelt. »Komm wir gehen Frühstücken«, kontert Rayan lachend und erhebt sich. Schnell schlüpft er in eine Boxershorts und wirft mir ein T-Shirt zu. Ich steige hinein, suche nach meinem Slip und gehe mit ihm in die Küche. »Du hättest auch ohne gehen können«, gibt er grinsend von sich. Ich spüre wie meine Wangen Feuer fangen. Meine große Klappe schläft vermutlich noch. Während wir auf den Kaffee warten, zieht Rayan mich an seine Brust. Seine Hände gleiten unter mein Shirt und finden meine Brüste. Er beginnt meinen Nacken zu küssen und ich reibe mich an seiner wachsenden Männlichkeit. Ich will ihn schon wieder und ihm scheint es nicht anders zu gehen. »Beug dich weiter vor«, raunt er mir zwischen den Küssen zu und ich weiß genau, was er vorhat. Einwände habe ich dagegen nicht im Geringsten. Gerade als ich mich vorlehne, ertönt eine Stimme irgendwo hinter mir. »Mann Rayan, beschränk dich die nächste Zeit auf dein Zimmer, wenn du deine Freundin vernaschen willst.« »Meine Wohnung«, kontert Rayan. Ich spüre sein Grinsen deutlich an meinem Nacken. Mir ist es unangenehm und ich verstecke mein Gesicht hinter meinen Locken. Rayan zieht mich mit zu einem Stuhl und platziert mich auf seinem Schoss. Seelenruhig lässt er seine Hände wieder unter mein Shirt wandern. Die anderen in seiner Küche scheint er komplett ausgeblendet zu haben. Ich aber nicht. »Rayan, Schluss jetzt«, sage ich energisch und entferne seine Hände von meinem Körper. Langsam drehe ich mich um und sehe zwei Personen in der Küche stehen. Phoenix grinst wissend und die Frau, die dann Scarlett sein muss, sieht leicht geschockt aus. »Hey ich bin Alexia. Du musst Scarlett sein. Beachte doch die Neandertaler einfach gar nicht. Kaffee?« Ich erhebe mich, funkle Rayan böse an und als er mir sein breitestes Grinsen zeigt, kann ich nicht anders und greife ihm in den Schritt. Er zieht scharf die Luft ein, doch ich lächle nur zuckersüß. Ja das kann ich auch. Meine große Klappe ist aus ihrem Schlaf erwacht. Da habe ich ihn wohl an den Eiern. Grinsend gehe ich zur Arbeitsplatte und frage erneut, ob jemand Kaffee möchte. Scarlett schaut zwischen meiner Hand und meinem Gesicht hin und her. Damit hat sie anscheinend nicht gerechnet. Phoenix hingegen scheint diese kleine Show gefallen zu haben, denn er zeigt mit dem Finger auf Rayan und gestikuliert wild herum. Keine Ahnung was er da Rayan zu verstehen gibt. Rayan sieht ihn brummig an.

»Ja gerne. Freut mich dich kennenzulernen«, antwortet Scarlett mir. Ich wende mich von Rayan und Phoenix ab und schaue ihr ins Gesicht. Ein Lächeln erscheint darauf. Sie ist wirklich hübsch und hat eine tolle Figur. Außerdem ist sie mir durch ihre Art sofort sympathisch. So jemand soll von der Akademie geflogen sein? Ihr Freund und diese Mira sind doch noch da und die scheinen die weitaus größeren Klappen zu haben. Bei Gelegenheit muss ich Rayan danach fragen. Es interessiert mich wirklich. Aber erst später, denn zuerst frühstücken wir alle und dann verabschiedet sich Phoenix. So weit ich mitbekommen habe, ist er im letzten Jahr und steht vor der Abschlussprüfung. Vermutlich ist seine Laune deswegen nicht die beste. Denn bis auf die zwei Grinser am Anfang zog er ein sehr langes griesgrämiges Gesicht. Oder ist der immer so? Das würde jedoch so gar nicht zu Scarlett passen, finde ich zumindest. Ich kann mir Scarlett nicht als Hip Hopperin vorstellen. Wieso weiß ich auch nicht so genau.

Ich komme gerade aus der Dusche, als ich Rayans Stimme vernehme. »Scar, jetzt ist aber gut. Hör auf dich zu bedanken. Wir sind Freunde und ich mache das gerne.« »Aber du hast...ich störe doch nur...« »Schluss jetzt.« Das ist eine Ansage. Rayan kommt mir im Flur entgegen und zieht mich an sich. »Ich muss für ein paar Stunden in die Werkstatt. Bis gleich.« Ich presse meine Lippen auf seine und klaue mir einen Kuss. »Okay. Bis gleich.« Als Rayan weg ist, gehe ich zu Scarlett. »Hey. Brauchst du Hilfe oder soll ich uns was kochen?« Ihr Magen knurrt genau in dem Moment und sie hält sich grinsend den Bauch. »Gute Entscheidung. Dann wäre das geklärt. Bis gleich«, erwidere ich lachend und gehe in die Küche. Viel gibt der Männerkühlschrank zwar nicht her, aber für Spaghetti mit Soße reicht es. Keine 10 Minuten später steht Scarlett in der Küche und fängt an den Tisch zu decken. Wir kommen schnell ins Gespräch und so erfahre ich auch, dass sie keine Hip Hopperin ist, sondern Primaballerina. Den Grund ihres Rauswurfs aus dem Akademiewohnheim schildert sie mir dazu. Ich bin mächtig wütend. Wie kann man so sein? Ich habe nicht das beste Verhältnis zu meinen Eltern, denn ich bin nicht Savanna. Meine Schwester tragen sie auf Händen. Sie ist groß, schlank, hat lange braune Haare. Das perfekte Gesicht hat sie noch dazu. Sie ist beliebt. Jeder mag sie sofort. Sie hat ihren Traumprinzen gefunden und ist verlobt. Ich bin so etwas wie das schwarze Schaf der Familie, vielleicht nicht ganz so extrem. Mein Körper ist nicht perfekt. Ich habe eine große Klappe, die mich schon oft in Schwierigkeiten gebracht hat und immer bringen wird. Es gab Zeiten, da war ich auf jeder Party, trank viel Alkohol und rauchte. Na ja und mich fand man öfter in anderen Betten, bis ich Tyler traf. Meine Eltern haben Tyler nie kennengelernt, denn mit einem Tätowierten hätte ich da nie auftauchen dürfen und so wurde der Kontakt immer weniger. Ich sehe sie einmal im Jahr, zu Weihnachten. Und das auch nur Savanna zu liebe. Zu meinem Geburtstag bekomme ich Geld und eine Karte und gratuliere ihnen am Telefon. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass meine Eltern nicht so drauf sein würden. Ausprobieren will ich es allerdings nicht.

»Hey Lexi. Alles okay?« Scarletts Stimme dringt langsam zu mir durch. »Oh sorry. Ich war in Gedanken.« »Schon okay. Kenn ich«, sagt Scarlett leichthin, aber ich sehe die Besorgnis in ihren Augen. Aus einem Impuls heraus erzähle ich ihr von meiner Familie. Ich plappere einfach drauf los, erzähle Sachen, die nur Megan weiß und jetzt erzähle ich es einer Fremden. Doch auf eine Art und Weise, die ich nicht erklären kann, fühle ich mich mit Scarlett verbunden. »Eltern kann man sich leider nicht aussuchen.« Scarlett hat diesen klugen Satz gerade ausgesprochen, da bricht sie in Gelächter aus und ich kann nicht anders und steige mit ein. Wir können nicht mehr aufhören zu lachen und Rayan muss uns für bescheuert erklären, als er uns in seiner Küche vorfindet. Sein Gesicht spricht Bände und in den Gedanken sucht er sicher schon einen Fluchtweg. Besser wird es bei Scarlett und mir nicht, als er auch noch den Soßenlöffel nimmt und daran riecht. Hat er gerade ernsthaft daran gerochen, um zu gucken, ob da Alkohol, viel Alkohol reingeraten ist?

Mir tut abends im Bett mein Gesicht immer noch weh. Es erinnert mich an Megan und mich. Schnell schreibe ich ihr eine Nachricht und dann kuschle ich mich an Rayan. Mit verknoteten Beinen schlafe ich ein.

1,2 oder 3? Herz verschenkt... ✔ #LeseLiebe18 #Lagune18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt