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Rayan

Ich habe viele Träume die letzten Tage gehabt. Träume, wie ich sie küsse. Träume, wie ich sie ausziehe und mich in ihr versenke. Doch kein Traum kann annähernd das beschreiben, was ich erlebe. Ich habe noch nie in meinem Leben solche Gefühle gehabt. Sie sind extrem. Es zerreißt mich fast. Sie scheint wirklich mein lang gehegter Traum zu sein. Mehr als befriedigt schlafe ich mit ihr im Arm ein und das Gefühl gefällt mir.

Wie ein Presslufthammer, direkt neben meinem Kopf, ertönt meine Klingel und der Störenfried geht nicht zimperlich damit um. So leise wie möglich stehe ich auf und ziehe mir eine Shorts an. Bevor ich die Schlafzimmertür zuziehe, werfe ich noch einen Blick auf die Frau in meinem Bett. Sie kugelt sich ein wie eine Katze. Ich reiße mich von ihrem Anblick los und gehe zur Tür, um den Summer zu betätigen. Gespannt warte ich, welcher Vollpfosten es wagt so früh meine Klingel zu vergewaltigt. Es dauert nicht lange und ich blicke in das Gesicht meines besten Freundes. Er sieht allerdings nicht so friedlich aus und kaum habe ich den Mund aufgemacht, spüre ich seine Faust auf meiner Nase und höre ein Knacken. Schmerzen schießen mir in die Nase und ich presse meine Hände darauf.
"Verd..."
Was ist denn mit dem los? Hat er mir gerade ernsthaft die Nase gebrochen? Wofür?
Seine nächsten Worte bringen Licht ins Dunkel. Scarletts blaue Flecken also. Trotzdem habe ich das nicht verdient, obwohl wäre ich an seiner Stelle und Scarlett wäre Alexia ... Okay doch verdient.
Apropos Alexia, wütend steht der Lockenkopf neben mir und funkelt mich aufgebracht an. Ihre Arme sind vor der Brust verschränkt und puschen diese zusätzlich. Ich muss mich wirklich konzentrieren. Die Gedanken haben hier momentan nichts zu suchen.
Wie sie mir allerdings die Frage nach Scarlett entgegenschleudert, lässt meinen Magen verknoten. Denkt sie ich habe was mit Zweien am Laufen? Ich bin zwar ein Arschloch und nehme mir, was ich brauche, aber nur mit deren Einverständnis und noch nie habe ich mich mit einer vergnügt, die vergeben war. Ich habe keine Ahnung, was das mit Alexia ist, aber sie ist mir wichtig. Außerdem ist Phoenix mein bester Kumpel und Scarlett mittlerweile eine gute Freundin. Okay, das alles kann Alexia nicht wissen. Woher auch?
Nach ein paar Minuten kann aber wenigstens das Wichtigste geklärt werden. Alexia geht duschen und ich versuche den Schmerz zu ignorieren. Als jedoch Phoenix zu sprechen beginnt, will ich mich lieber auf den Schmerz konzentrieren.
»Alter, wer war das? Seit wann laufen Weiber fast angezogen bei dir rum und das tagsüber? Seit wann versteckst du sie nicht im Bett?«
Ganz so unrecht hat er mit seinen Worten nicht. Ich hatte noch nie eine Freundin, wollte mich nie festlegen, wie Phoe. Er und ich ticken in der Hinsicht gleich. Doch Phoe ist jetzt mit Scarlett zusammen. Ja und ich? Sind Alexia und ich zusammen oder was ist das?

Verlegen kratze ich mich am Hinterkopf und verschränke die Arme im Nacken.
»Na auch erwischt?«, spottet Phoe und grinst mich an.
»Sehr witzig, Alter. Keine Ahnung. Mit ihr ist es anders«, gebe ich angefressen von mir.
Ich mache mich auf weitere blöde Bemerkungen gefasst, doch sie bleiben aus.
»Woher kennst du sie?«, fragt er stattdessen.
»Aus der Werkstatt ... Sie ist eine Kundin.«
»Bring sie mal mit zu einer Party von uns.«
Mehr sagt er nicht und verabschiedet sich kurze Zeit später.

Nachdem Alexia endlich aus der Dusche kommt, ziehe ich sie auf meinen Schoss und lasse dabei achtlos ihr Handtuch fallen. Ich vergrabe mein Gesicht in ihrer Halsbeuge und atme ihren unbeschreiblichen Duft ein. Sie windet sich, denn anscheinend kitzelt es sie, aber mich stört es nicht. Statt aufzuhören, stehe ich mit ihr auf und trage das quietschende Etwas dahin wo es hingehört: in mein Bett, unter mich. Nur mit der Nase muss ich aufpassen ...

Als ich am nächsten Morgen neben etwas warmen, weichem aufwache und letzte Nacht in meine Erinnerung kommt, muss ich mir etwas eingestehen: Phoe hat Recht. Ich mag Lexi sehr. Ich will keine andere und ich will sie nicht teilen.
Die Gedanken verschrecken mich. Solche Gedanken sind mir fremd. Kann das gut gehen? Ich hatte doch noch nie ...
Plötzlich bewegt sie sich neben mir und schaut mich schläfrig an. Alle Gedanken sind verflogen, denn es gibt in diesem Augenblick wichtigere Dinge.

Tage später und aus dem Nichts heraus, entsteht ein Gedanke, der mir Sorgen bereitet. Ich will unbedingt, dass sie bei nächster Gelegenheit meine Freunde kennenlernt. Ich möchte, dass meine Freunde sie kennenlernen. Bestimmt ist Freitag eine Party, das wäre die Gelegenheit. Genau das sage ich auch Lexi. Ich spüre ihre Angst, doch die ist in meinen Augen völlig unbegründet. Meine Freunde werden sie lieben. Solche Worte in meinen Gedanken sind befremdlich. Doch sie entsprechen der Wahrheit.
Um sie zu beruhigen, schlage ich vor, dass sie mittags zu mir kommt, damit wir zusammen Pizza essen können und vielleicht auch die ein oder andere Schreinerei in meinem Bett.
Sie stimmt zu und es erstaunt mich immer wieder wie viel dieser kleine Mensch essen kann. Okay, wenn sie immer nach dem Essen jetzt Bettsport mit mir betreibt, ist das kein Wunder. Nachdem wir die Laken ordentlich durcheinander gebracht haben, machen wir es uns auf der Couch gemütlich und albern herum. Ich und rumalbern? Ich lerne gerade ganz neue Seiten an mir kennen.
Die Stimmung zwischen uns ist ausgelassen und elektrisch geladen. Ich könnte schon wieder über sie herfallen.
Als plötzlich mein Handy klingelt, habe ich erst keine Lust dran zu gehen, aber der Anrufer ist penetrant.
Nach dem Telefonat hat sich die Stimmung um einhundertachzig Grad gedreht, denn ich bin angespannt und in Alarmbereitschaft.
»Lexi, ich muss kurz weg. Es ist ein Notfall. Bleib hier und fühl dich wie zu Hause. Ich beeile mich und erkläre dann alles.«
Ihr beunruhigter Blick entgeht mir nicht, aber für Erklärungen habe ich jetzt keine Zeit. Ich drücke ihr einen Kuss auf den Mund und mit Handy am Ohr sprinte ich zu meinem Auto. Mein Weg führt mich in halsbrecherischem Tempo zum Club. Riley und Phoenix warten bereits und Phoenix sieht verdammt wütend aus. Die Boxsäcke, die er drinnen vertrimmt, tun mir leid, aber die Gegner, die ich organisiert habe, noch mehr. Phoe kämpft, als ob es kein Morgen mehr geben würde.
In so einem Moment wird mir wieder bewusst, dass man Phoe niemals zum Feind haben sollte, denn das überlebt man nicht. Und wenn der so weitermacht, dann überlebt sein jetziger Gegner es auch nicht und der ist echt gut.
»Phoenix, es reicht«, schreie ich ihm entgegen und ziehe ihn zusammen mit Ri aus dem Ring.
Phoenix atmet schwer und versucht runter zu kommen. Doch ich weiß, dass die nächsten Informationen ihn wieder auf zweihundert und höher bringen werden. Ri hat Mira am Telefon und Scarlett wurde gerade aus dem Wohnheim verbannt. Sie ist sozusagen obdachlos.
Die Wut kommt wie auf Kommando zurück, sobald Ri den Satz beendet hat. Ich kann Phoe verstehen. Wäre es Lexi ... Wieso vergleiche ich denn jetzt alles mit ihr? Das hat hier gerade keinen Platz.
In zügigem Tempo rasen wir Richtung Akademie und Phoenix ist auf dem Weg außer Kontrolle. Ich bezweifle stark, dass meine Worte zu ihm durchdringen. So wie er auf mein Armaturenbrett eindrischt anscheinend nicht. Mein Vorschlag Scarlett bei mir im Gästezimmer unterzubringen, scheint ihn noch wütender zu machen und langsam werde ich es auch.
»Phoenix, ich pack sie nicht an und das weißt du. Ich habe Lex.«
Rileys Frage, wer das ist, ist gerade unwichtig. Das merkt er selber, als wir am Wohnheim zum Stehen kommen. Ich könnte kotzen und diese Welt, diese Snobs machen mich wütend. Phoe schießt, wie ein Pfeil, der gerade von einem Bogen abgefeuert wurde, auf seine Freundin zu. Jeder der ihm im Weg steht, wird zur Seite geschubst. Die meisten gehen jedoch zum Glück freiwillig zur Seite.
Es dauert nicht lange und er bringt sie zum Auto. Schnell verstauen wir ihre Koffer und dann nichts wie weg von diesem beschissenen Ort und dieses beschränkten Menschen.
Würden wir eine Sekunde länger bleiben, würde hier gleich ein großes Unglück passieren.

Als Scarletts Weinen zu hören ist, schnürt es mir die Kehle zu. So einen Scheiß hat niemand verdient. Jeder sollte sein Leben so leben, wie er es möchte und sich nicht dafür verbiegen oder ausgegrenzt werden, weil er anders ist als andere.

Ich parke den Wagen und jeder nimmt eine Tasche oder einen Koffer. Viel ist es nicht. Phoe nimmt eine schlafende Scarlett und dann schließe ich die Tür zu meiner Wohnung auf und braune unruhige Augen schauen von einem zum Anderen. Sie ist noch da. Zum Glück. Ich stoße die Luft aus. Keine Ahnung wieso ich sie angehalten habe, aber ich hatte einen Moment die Befürchtung sie wäre gegangen. Als ich sie betrachte, sehe ich ihre roten Augen. Hat sie geweint? Was hat sie gedacht, was ich mache?

1,2 oder 3? Herz verschenkt... ✔ #LeseLiebe18 #Lagune18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt