Rayan
Büroarbeit werde ich wohl niemals mögen und bei meiner momentanen unterirdischen Laune noch weniger. Mann, was sind das schreckliche Tage. Ich stehe mir selber im Hals und könnte alles und jeden in den Boden stampfen. Das ist doch nicht normal. Ich denke über eine ernsthafte Krankheit nach, denn diese Fehlstörung in meinem Hirn kann ja nicht normal sein.
Und wenn noch einmal jemand klopft, den reiße ich eigenhändig in Stücke.
Hier hat man noch nicht mal fünf Minuten seine Ruhe, dabei habe ich den Vollpfosten draußen doch gesagt, dass ich nicht gestört werden will, wenn ihnen ihr Leben lieb ist. Anscheinend mögen sie ihr Leben nicht sonderlich.
Fluchend bearbeite ich die Tastatur und riskiere doch mal einen Blick auf den Übeltäter, da setzt mein Hirn komplett aus. Was macht sie hier? Träume ich?
Ich muss träumen, anders kann ich mir das nicht erklären.
Ihre Erscheinung macht mich total nervös und als sie dann auch noch auf mich zukommt, muss ich mich zwingen sie nicht so offensichtlich anzustarren. Ich scheitere jedoch kläglich.
Was hat sie vor? Sie kommt mir viel zu nah und dann lehnt sie sich auch noch halb über meinen Schreibtisch und ihre schlanken Finger liegen auf der Maus. Diese Finger könnten sich gerne um was anderes legen. Ihr Duft steigt mir in die Nase. Etwas fruchtiges und doch intensiv und ein Hauch Minze. So etwas habe ich noch nie gerochen und es macht mich schier verrückt. Ob ich der Einzige bin, der diesem Duft verfallen scheint?
Ich würde sie so gerne berühren, ihre weiche Haut anfassen und es kostet mich meine gesamte Selbstbeherrschung es nicht zu tun.
Ich spüre ihre Anspannung und ein leichtes Zittern sehe ich auch. Ist sie etwa genauso durcheinander wie ich?
Ein Blick auf den Bildschirm zeigt mir, dass die ganzen bedrohlichen Fenster verschwunden sind. Wie hat sie das denn gemacht?
Enttäuschung macht sich in mir breit als sie sich von mir entfernt und um den Schreibtisch herumgeht und statt ein Danke über die Lippen zu bekommen, frage ich sie ob sie mit mir ins Kino geht. Nein ich frage sie nicht, ich setze es voraus und zu meiner großen Überraschung nickt sie und geht dann.
Plötzlich fällt mir auf, dass sie gar nicht gesagt hat, warum sie hier war. Was wollte sie von mir? Ihren Mund haben höchstens fünf Worte verlassen.
Mit dieser Erkenntnis bin ich noch verwirrter als vorher.Als ich abends noch mal über diese skurile Begegnung nachdenke, fällt mir auf, dass wir kein Datum und keine Uhrzeit genannt haben. Wie kopflos bin ich denn momentan?
Ich krame ihren handschriftlichen Zettel hervor und betrachte eine Weile diese ordentliche Schrift.
Als ich mich endlich davon losreißen kann, schreibe ich ihr und frage sie, ob es Freitag passt.
Mein Handy bleibt nicht lange stumm und ich verliere keine Zeit den blinkenden Umschlag anzuklicken und freue mich wie ein Kind, das gerade die ersten Schneeflocken auf ihrem Flug zur Erde bestaunt. Freitag werde ich sie also wiedersehen und mit ihr ins Kino gehen.Die Tage bis dahin versuche ich zu ergründen, was bei mir falsch läuft, denn richtig läuft es in meinem Kopf gerade ganz und gar nicht. Ich habe noch nie so etwas für eine Frau getan. Ich war noch nie mit einer Frau essen oder im Kino. Frauen gehörten unter mich und sonst nichts. Ich wollte nie eine näher kennenlernen und Zeit mit ihr verbringen, außer sie war nackt.
Ich höre mich an wie ein Weichei und fühle mich auch so, denn als ich in ihre Straße einbiege, trommle ich doch tatsächlich nervös auf meinem Lenkrad herum. Ich, Rayan Darx, der früher Autos geknackt hat, und nervös? Das ist doch nicht mein Ernst.
Glücklicherweise sehe ich, dass es ihr anscheinend ähnlich geht. Es beruhigt mich jedoch nicht im Geringsten und im Kino wird es nicht besser. Der Film interessiert mich nicht ein Stück. Mich interessiert die Frau neben mir. Ich kann nicht anders und schiele immer wieder zu ihr herüber oder berühre sie ganz leicht. Ich muss sie einfach berühren. Sie zieht ihren Arm nicht zurück, also gefällt es ihr. Am liebsten würde ich sie packen und an mich drücken, meine Lippen mit ihren versiegeln. Dieses Verlangen tut schon fast weh. Doch ich halte mich zurück, will nichts überstürzen und sie nicht verschrecken. Schließlich hat sie schon mal die Flucht ergriffen. Ich fühle mich, wie ein blutiger Anfänger bei seinem ersten Dateversuch. Irgendwie bin ich genau das, denn ein Date hatte ich noch nie. Ich weiß nicht, wie so etwas geht. Ich muss es langsam angehen lassen und gebe mich vor ihrer Haustür mit einem keuschen Kuss auf die Wange zufrieden. Eigentlich reicht es mir nicht, denn ich will mehr und das am besten sofort und auf der Stelle.
Unruhe untreibt mich, aber ich widerstehe dem Drang den Weg Richtung Wohnheim einzuschlagen. Das fühlt sich falsch an und ich will es nicht mehr. Ich bin mir auch sicher, dass die Unruhe dadurch nicht verschwinden würde. Es schon davor nicht geklappt. Lieber genehmige ich mir zu Hause ein oder zwei Gläser und lasse meine Hand an der richtigen Stelle auf und ab gleiten. Mit ihrem Körper und diesem Mund vor Augen komme ich schneller als mir lieb ist und bin frustriert, denn es befriedigt mich nicht so wie es sollte, aber besser als nichts.
Samstag redet Phoenix so lange auf mich ein bis ich zustimme und mich abends auf den Weg zum Wohnheim mache. Ein bisschen mit Freunden chillen hat noch nie geschadet. Mein Auto lasse ich in weiser Voraussicht zu Hause und so gehört der erste Scotch mir. Endlich entspanne ich mich und lache über Scotts und Zacs Dummheiten. Die können ganze Bücher damit füllen.
Als Leni sich auf meinen Schoss setzt und ihre Hände über meinen Oberkörper gleiten lässt, schiebe ich sie von mir. Erschrocken reißt sie die Augen auf, aber gibt nicht so schnell auf und legt ihre Hände wieder auf meine Brust. Erneut schiebe ich sie weg und als meine Stimme ertönt, ist sie nicht die Einzige, die geschockt ist. "Leni, lass. Ich hab keinen Bock."
Alle im Raum verstummen und sehen mich verwundert an. Ich kann ihre Reaktionen verstehen, denn es ist noch nie vorgekommen, dass ich Leni von mir geschoben habe. Ich weiß doch auch nicht was los ist.
Leni fängt sich schnell wieder und klettert einfach einen Schoß weiter. So ist sie einfach. Den Korb nimmt sie nicht persönlich, das weiß ich. Sie hat noch nie nur einen Kerl in einer Nacht gehabt. Das ist ihr Ding und dafür verurteile ich sie nicht. Das steht mir nicht zu.
Zac steht keine Minute später mit ihr auf und verlässt den Raum. Die Gespräche haben wieder eingesetzt, doch mir entgegen die Blicke von Phoe und Riley nicht. Auch die von Mira und Scarlett nicht. Ich kann sie sogar verstehen, aber sie sollen mich in Ruhe lassen. Ich kann auch mal eine schlechte Woche haben.
Ich stemme mich von der Couch hoch und gehe in die Küche, denn ich brauche Nachschub. Als ich hinter mir Schritte höre, weiß ich sofort wer mir gefolgt ist.
"Rayan, alles okay?", fragt Riley.
"Ja alles gut. Scheiß Woche gehabt." Ich werde ihm sicher nicht von meinem Chaos im Kopf erzählen. "Okay. Wenn was ist, du weißt wo du mich findest."
Er kauft es mir nicht ab, aber damit ist das Gespräch trotzdem beendet und wir lassen unsere Gläser aneinander klirren, trinken beide einen großen Schluck. Dann schlage ich in seine dargebotene Hand und wir gehen wieder ins Wohnzimmer.
Lange bleibe ich nicht mehr. Ich will in mein Bett. Der Alkohol hat mich schläfrig gemacht und die Chancen stehen gut keine Träume von braunen Augen zu haben.Weit gefehlt, mehr als einmal wache ich genau wegen dieser Augen auf.
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1,2 oder 3? Herz verschenkt... ✔ #LeseLiebe18 #Lagune18
Narrativa generale... vorbei? Alexia Brent wird unsanft von ihrer gemütlichen Wolke sieben mitten in eine Schlammpfütze katapultiert und schwört sich nie wieder einem männlichen Wesen ihr Vertrauen in den Rachen zu schmeißen. Rayan Darx genießt seine Freiheit und be...