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Rayan

Savanna und Cohen mag ich auf Anhieb. Sie scheinen beide eine unkomplizierte Art zu haben. Trotzdem entgeht mir der prüfende Blick von Savanna nicht. Ich kann sie verstehen, denn ich wäre sicher um einiges unerträglicher, wenn ich an ihrer Stelle wäre und es sich um Sarah handeln würde. Auch wenn Sarah die Ältere von uns war, hatte ich schon damals einen großen Beschützerinstinkt ihr gegenüber. Wie wäre es wohl gewesen, wenn wir beide älter gewesen wären?

»Hey Rayan. Wo bist du mit deinen Gedanken? Die Bühne geht nicht weiter runter«, reißt Ricks Stimme mich aus meinen Gedanken. Stimmt ja, ich stehe in der Werkstatt. Schnell mache ich mich wieder an die Arbeit und vertreibe meine Gedanken. Wahrscheinlich sind sie nur da, weil ich Lexi momentan so selten zu Gesicht bekomme. Sie ist im Lernstress und nicht wirklich anwesend.

Als sie freitags endlich mal eine Pause macht und zu mir kommt, merke ich sofort, das etwas nicht stimmt. Sie wirkt bedrückt.
»Hey Baby, was ist los?«, frage ich sie beim Essen. Sie hat den Teller mit Spaghetti gar nicht angerührt. Das ist untypisch für meine Freundin und sofort macht sich Sorge in mir breit. Mit großen Augen sieht sie mich an und schweigt.
Eine Minute, zwei Minuten und am liebsten würde ich erneut nachfragen, aber ich beherrsche mich. Sie wirkt wie ein verschrecktes Tier und mit meinen Fragen würde ich sie doch nur weiter in die Enge treiben.
Dann plötzlich bricht sie ihr Schweigen. Ich habe schon nicht mehr damit gerechnet.
»Megan zieht mit Colin zusammen.« Das drückt auf ihre Stimmung? Megan ist die meiste Zeit doch sowieso bei Colin und sie doch die meiste Zeit bei mir. Ich spüre förmlich die Fragezeichen über meinem Kopf wild durcheinander rennen.
»Ich freu mich für die Beiden, aber ...« Freude klingt in meinen Ohren eindeutig anders. Doch auch da schweige ich und warte auf die nächsten Worte. So langsam rückt sie mit der Sprache heraus und ich bin gespannt, welches Aber nun aus ihrem Mund kommt.
»Ich kann mir die WG allein nicht leisten und außerdem will ich keine andere Mitbewohnerin ... Megan will sogar weiterhin Miete zahlen, was totaler Quatsch ist.«
Sie klingt traurig und betrübt. Einerseits verstehe ich es, aber andererseits ...
»Dann zieh zu mir. Oder wir ziehen in eure Wohnung«, höre ich mich sagen, bevor ich es verhindern kann.
Diese Frau bringt Seiten an mir zum Vorschein, die in meinen Augen nie existiert haben – bis jetzt.

Geschockt sieht sie mich an. Ist dieser Gedanke für sie so absurd? Bin ich über das Ziel hinausgeschossen? So wie sie guckt anscheinend schon. Die Stille ist nicht auszuhalten und ich fange an das Geschirr abzuräumen. Ich brauche Beschäftigung.
»Rayan«, erklingt ihre zarte Stimme. »Ich ... ich wollte dich mit meinem Schweigen nicht vor den Kopf stoßen ...«
»Ich weiß, Babe«, unterbreche ich sie und sie schlingt ihre Arme um meinen Bauch und ich bette mein Kinn auf ihren Lockenkopf.
»Es war eine spontane Reaktion. Du musst dich nicht verpflichtet fühlen. Ich hab sowas auch noch nie gemacht.«
Ich höre ihr erleichtertes Seufzen und auch wenn es mir einen kleinen Stich versetzt, einigen wir uns darauf, dass sie darüber nachdenkt und ich auch. Es ist einfach aus einer Laune heraus entstanden und ich sollte wohl auch kurz innehalten und darüber nachdenken. Ich habe noch nie eine feste Freundin gehabt und somit auch noch nie mit einer unter einem Dach gelebt. Es wäre für uns beide ein gewaltiger Schritt.

Nach einem verhaltenen Beginn des Abends wird er doch noch entspannt und ganz nach meinem Geschmack, besonders der Teil in meinem Bett, zwischen den Laken.

»Wann zieht Megan um?«, frage ich am nächsten Morgen, als wir es auch endlich aus dem Bett geschafft haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Thema nicht leicht für Lexi ist, aber diesmal huscht kein betrübter Schatten über ihr hübsches, makelloses Gesicht.
»Nächstes Wochenende. Sie zieht ja zu Colin. Sie renovieren die Woche ein bisschen und dann werden Megans Sachen rübergebracht. Viel ist es nicht. Vielleicht zwei Schränke und ein paar Kartons, Schreibtisch und Kleinkram.«
Das überrascht mich doch, denn so schnell habe ich nicht damit gerechnet. Jetzt kann ich Lexis betrübte Stimmung besser verstehen. Würde Megan erst in einem Monat umziehen, dann hätte Lexi Zeit sich darauf vorzubereiten und sich damit abzufinden, aber schon nächstes Wochenende ist natürlich hart.

Und genau wie sie gesagt hat, findet eine Woche später Megans Umzug statt. Ich habe mir den Vormittag freigeschaufelt, um mit anzupacken. Megan kenne ich mittlerweile ein bisschen, aber sie ist nicht der Grund, der eigentliche ist Lexi. Je näher der Umzug kommt, desto stiller wird mein Mädchen. Megan und sie haben über zwei Jahre diese WG zusammen bewohnt und bestimmt dort einiges erlebt. Ich habe die Vermutung, dass die Beiden gestern bei einem Glas Sekt und zwischen Kisten heulend in Erinnerungen saßen. So machen Mädels das doch oder nicht?

Als Megans Sachen alle sicher verstaut sind, schickt sie mich zurück in die Wohnung. Lexi ist noch oben. Ich finde sie in Megans altem Zimmer und sie sieht verloren aus, obwohl das Zimmer nicht wirklich groß ist. Doch als sie sich umdreht, sehe ich nichts Verlorenes in ihrem Blick. Da ist etwas, was ich nicht deuten kann. »Rayan, ich habe nachgedacht«, beginnt sie und schleicht wie eine Katze auf mich zu. Ich habe keine Ahnung, was sie als Nächstes sagen wird, aber egal was es ist ich bin mehr als bereit.
»Worüber?«, frage ich sie heiser und sie grinst mich an.
»Über die Wohnsituation.«
Ich schlucke. Sie ist längst bei mir angekommen und streicht mit ihren Fingern über meine Brust.
»Deine Wohnung ist kleiner, hat ein Zimmer weniger und keinen Balkon.« Schlaues Mädchen. Ich habe Mühe ihren Worten zu folgen, denn sie spielt mit unfairen Mitteln. Ihre zierliche Hand auf meiner Brust macht mich wahnsinnig. Ich sehe, wie sie etwas aus ihrer Hosentasche holt und mir in die Hand legt. Lange starre ich den silbernen Schlüssel in meiner Hand an. Hat sie mir gerade den Schlüssel zu dieser Wohnung gegeben?
»Wenn du einverstanden bist und dich von deiner Wohnung trennen kannst.«, sagt sie leise.

Mein Schweigen scheint sie nervös zu machen, denn sie beißt sich ständig auf die Unterlippe. Ich erlöse sie, befreie mit meinen Fingern ihre Unterlippe aus der Folter und hebe sie hoch. Lexi quietscht auf und wickelt ihre Beine um meine Taille.
»Ob ... ich ... damit ... einverstanden ... bin ...«, gebe ich zwischen Küssen von mir. »Ja klar.«

Und dann gibt es für uns kein Halten mehr. Gut, dass die anderen nicht auf uns warten und wenn wäre es mir in dem Moment einfach egal.

Sofort einen Tag später spreche ich mit meinem Vermieter und schon am nächsten Tag meldet er sich mit einem Nachmieter. Die Wohnungen sind hier alle begehrt, zu meinem Glück, denn so komme ich bis zum Ende des Monats aus dem Vertrag heraus.

Lexi überrasche ich abends genau mit dieser Information. Okay, vorher lasse ich es mir nicht nehmen und veräppel sie ein wenig, aber dafür bekomme ich wenig später die Quittung. Meine kleine Wildkatze.

Ich trommle die Jungs zusammen und sie packen an, um meine Sachen aus meiner Wohnung zu räumen. Der ein oder andere Spruch ist mir sicher, aber das ist mir egal. Nur weil ich mein Mädchen gefunden habe, bin ich kein anderer Mensch und Ri und Phoe müssen gerade reden ...

1,2 oder 3? Herz verschenkt... ✔ #LeseLiebe18 #Lagune18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt