01.|| Sterben

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Shiganshina  im Jahre 845. Es war recht warm am frühen Morgen. Die Sonne wärmte den  Boden, wodurch die Spuren des am Tag davor herrschenden Regens beinah  verschwunden waren. Ein paar Soldaten der Mauergarnison saßen vor dem  Tor und tranken wie immer fröhlich vor sich hin. Die Tatsache, dass sie  eigentlich am Arbeiten waren, interessiert sie recht wenig. Irgendwo  zwitschert ein Vogel und das zirpen der Grillen war leise im Hintergrund  zu hören. „Antonia, sieh dich doch mal an! Dein Kleid ist ganz schmutzig, wie soll ich den Dreck denn da rausbekommen?",  mit verschränkten Armen stand das Mädchen da und ließ die Standpauke  ihrer Mutter über sich ergehen. Was kann sie denn dafür, dass sie der Matschpfütze im Garten nicht Wiederstehen konnte? „Zieh dich jetzt um! Und wehe, du gehst nochmal in den Garten und wälzt dich in dieser Pfütze wie ein Ferkel!",  bockig ging sie die Treppe hinauf. Erschöpft setzt die junge Mutter  sich auf einen Stuhl. Wie soll es nur weiter gehen? Sie fasste sich an  ihre Schläfen und massierte diese leicht. Ein Seufzer entfloh ihr und  sie stand auf um mit dem kochen zu beginnen. Bald würde Mittag sein.

Währenddessen  hatte Antonia sich bereits umgezogen und das schmutzige Kleid in den  Keller gebracht. Nun saß sie in ihrem Zimmer und beobachtete die  Menschen auf der Straße. Ihr war langweilig. Sämtliche Freunde von ihr  waren mit ihren Eltern nach Trost gefahren. Dies war vor einer Woche und  vermutlich kämen sie erst in einer weiteren zurück. Sie zupfte ihre  Hose zurecht, welche unglücklicherweise dauert, herunterrutscht. Das  läutern von Glocken ließ sie zusammenzucken. „Papa kommt zurück!", eilig sprintete sie die Treppe hinunter.

Als  sie die Haustür öffnete, blendete die Sonne sie. Aus Reflex legte sie  den Arm über ihre Augen, um wenigstens etwas Schutz zu haben. Sie hörte  das laute Getuschel von den Schaulustigen, die sich am Rande der Straße  aufgestellt haben. Das Knattern vom Tor, welches die Soldaten der  Mauergarnison öffneten, zog Antonias Aufmerksamkeit auf sich. Sie  stellte sich neben zwei anderen Kindern in ihrem Alter auf eine Kiste.  Der Junge neben ihr sah gespannt auf die Straße, Antonia tat es ihm  gleich. Das schwarzhaarige Mädchen stand einfach nur stumm daneben. Die  ersten Soldaten schritten hinein. Manche auf Pferden, andere zu Fuß. Ein  schockiertes Gemurmel ging durch die Menge. Der Anblick, der sich einem  bot, war erschreckend. Fast alle Soldaten waren in blutgetränkten  Verbänden verbunden. Erschöpft trotteten sie durch die Menge, die  Niederlage und Enttäuschung war ihnen ins Gesicht geschrieben. Es ist  gerade mal etwas weniger als die Hälfte der Soldaten zurückgekehrt,  Antonias Mundwinkel fanden ihren Weg hinunter. Wo ist er? Wo ist Papa?  Verzweifelt blickte sie sich um, fand jedoch keine Spur. Tränen  sammelten sich in ihren Augen. Ein Wagen voller in Laken eingewickelter  Leichen fuhr an ihr vorbei. Ohne nachzudenken, sprang sie von der Kiste  und wühlte sich ihren Weg durch die Menge. Sie lief auf die Straße, auf  den Leichenwagen zu. „Mädchen geh weg da!",  konnte sie jemanden rufen hören, doch das interessierte sie nicht. Mit  einem Sprung landete sie auf dem Wagen und begann die Laken  herunterzureißen. Wenn Papa nicht hier ist, lebt er noch! Das ist der  Gedanke, der ihr durch den Kopf ging. Ein Soldat versuchte sie  herunterzuholen, aber der Blick seines Kommandanten ließ ihn in seiner  Bewegung innehalten. Keith Shadis, Kommandant der Freiheitslegion, wusste genau, wer dieses Mädchen ist.

Antonia  war mittlerweile beim letzten Laken angekommen und riss auch diesen vom Körper des Toten. Wie hypnotisiert starrte sie auf den Leichnam. Die Augen des Mannes waren geschlossen, der spröde Mund war leicht geöffnet  und Blutspritzer zierten sein Gesicht. Seine struppigen schwarzen Haare  hingen matt und glanzlos hinunter. Die Tränen flossen in Strömen von  Gesicht des kleinen Mädchens. Ein paar Tropfen fanden ihren Platz auf  der Wange des Toten. Antonia blickte in das Gesicht ihres Vaters. „Antonia....", eine Hand legte sich auf ihre Schulter. Sie blickte auf und sah ihre Mutter. „Mama, warum liegt Papa hier?...",  ohne auf eine Antwort zu bekommen, hob ihre Mutter sie hoch. Die  10-Jährige schlang die Arme um sie und presste ihr von Tränen  verschmiertes Gesicht an die Schulter ihrer Mutter. Sie hörte, wie ihre  Mutter mit jemanden sprach, doch das Dröhnen und pochen ihres Kopfes,  ließ sie nicht verstehen was es war.

„Sagen Sie mir... Sagen  Sie mir das der Tod meines Mannes, der Menschheit einen Dienst erwiesen  hat! Sagen Sie mir, das mein Mann nicht umsonst sein Leben lassen  musste!", Tränen tropften auf den Boden. Der Kommandant sah zur der jungen Frau mit dem Kind im Arm. Er zögerte. „E-Er war mutig!", brach er schließlich heraus. „Doch leider konnten wir bei dieser Aufklärungs-Mission....leider auch dieses mal...WIR  KONNTEN AUCH DIESES MAL, KEINEN EINZIGEN ERFOLG ERZIELEN. MEIN  UNVERMÖGEN HAT DEN MÄNNERN EINEN SINNLOSEN TOD BESCHERT UND WIR HABEN  IMMER NOCH NICHT, HERAUSZUFINDEN KÖNNEN, WAS DIESE KREATUREN SIND!",  mit Schreck geweiteten Augen, sah sie den Kommandanten an. Sprachlos. Ein Wirrwarr aus Wörtern spukte durch ihren Kopf und sie brach keinen einzigen Ton heraus. Der Kommandant sah sie mit mitleidigen Gesicht an. Er winkte einen Soldaten zu sich. „Bring Magdalena Heim, sie und ihre Tochter brauchen nun Zeit für sich", befiehl er und ritt mit den restlichen Soldaten zurück zum Hauptquartier.

„Wirklich schlimm was?"-„Allerdings, es ist, als würden wir diesen Versagern unsere hart verdienten Steuergelder, direkt in den Rachen werfen",  ein harter Schlag traf den Kopf des Mannes, der eben gesprochen hatte.  Mit schmerzverzerrtem Gesicht, rieb er sich die Stelle an seiner  Halbglatze. Er blickte zur Seite und sah einen kleinen Jungen mit  einer Trage für Holz am Rücken festgeschnallt. Mit wutverzerrten  Gesicht, sah er den Mann an. Der Stock noch in seiner Hand. Er wollte  noch einmal ausholen, doch eine Hand packte ihn von hinten und zog ihn  hinter die nächste Hausecke. „H-Hey! Was soll das Mikasa!", die schwarzhaarige ignorierte ihn und ging mit trüben Blick weiter. Von dem Mann war noch ein, „Hey du! Komm gefälligst zurück" , zu hören. Doch ignorierten die beiden ihn und so ließ er von ihnen ab.

Mikasa schleuderte den Jungen gegen eine Wand. „Was soll das?! Jetzt ist das ganze Feuerholz überall verstreut!", er erhob sich und begann das Holz wieder aufzusammeln. „Eren, willst du immer noch dem Aufklärungstrupp beitreten? Willst du genauso enden wie der Vater des Mädchens?", sie sprach es für eine 10-jährige, ziemlich ruhig aus. In Anbetracht der Tatsache was die beiden eben gesehen haben. Eren  hielt in seiner Arbeit inne und dachte über die Worte von Mikasa nach.  Möchte er wie der Vater von dem Mädchen enden? Stand es fest, das es so  geschieht? Kommt er seinem Tod entgegen, wenn er dem Aufklärungstrupp  beitritt? Er schüttelte seinen Kopf, in der Hoffnung seine Gedankengänge  würden verschwinden. Er wird ein Held sein! Er wird der Menschheit einen guten Dienst erweisen! Eren fing wieder an das Feuerholz zu sammeln. „Na los, hilf mir beim Aufsammeln"-„So viel ist es doch gar nicht",  sie half ihm. Obwohl sie wusste, dass ihre Rede ihn nicht wirklich  überredet hat. Sie hatte doch nur Angst um ihn, er war alles was ihr  geblieben ist. Sie möchte nicht, dass er ihn ihr wegnimmt. Er hat ihr  doch schon ihre Eltern genommen, muss es auch noch Eren sein? Er, der allen Leid zufügt. Der kein Erbarmen vor niemanden hat. Er...der Tod.

Tatakai- gebrochene Feder Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt