38.|| Staub und Dreck

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Die nächsten Tage geschah nichts spektakuläres. Das tägliche Training wurde, trotz Schnee, draußen abgehalten. Die Zeit verflog rasend schnell und ehe die Soldaten sich versahen, begannen die Feiertage. Ein paar von ihnen Sattelten die Pferde, um zu ihren Familien zu reiten. Ein paar blieben im Hauptquartier, entweder weil sie keine Familie mehr hatten, oder weil sie Pflichten über die Feiertage zu erledigen hatten. Da Toni, Anne, Hanna und Jean alle in Trost lebten, hatten sie beschlossen gemeinsam dahin zu reisen, schließlich war es in der Gruppe amüsanter als alleine.

"Ich werde dich so vermissen!", rief Hanji traurig und Tränen kullerten ihre Wangen hinunter. "Hanji, nicht weinen!", lachte Antonia und umarmte die Brünette. "Es sind doch nur fünf Tage, danach hast du mich das restliche Jahr an der Backe."
"Aber ich werde dich trotzdem vermissen.", schluchzte sie und Antonia wischte ihr die Tränen weg. "Du schaffst das schon." Hanji nickte traurig.
"Toni kommst du?", rief Anne fragend. Antonia blickte zu ihr, sie saß bereits auf ihrem Pferd und auch Jean und Hanna waren bereit loszureiten. "Ja, bin fertig!" Antonia umarmte Hanji noch einmal und stieg dann auf ihr Pferd. "Bis in fünf Tagen!" Hanji winkte ihr übertrieben zum Abschied. Antonia ritt zu den anderen "Ich bin dann soweit." Anne nickte und die Gruppe ritt los. Im Hintergrund eine heulende Hanji, die Antonia immer noch hinterher winkte.

"Sie sind seit 10 Minuten weg, du kannst langsam aufhören zu winken.", seufzte Levi genervt, als er sich neben sie stellte. Hanji nahm ihren Arm runter und sah ihn mit rot geschwollenen Augen an. "Glaubst du, es klappt?", schniefte sie. "Was wenn sie jetzt schon planen, sie zu holen?" Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. "Tun sie nicht, es is Winter.", erklärte er und die Braunhaarige nickte verstehend. "Jetzt hör auf zu flennen, Erwin will später über die nächste Exkursion reden."

Es war Nachmittag. Durch die Sonne glitzerte der Schnee, was die Gruppe leicht blendete. Ebenfalls war es heute ziemlich windig, sie müssten sich beeilen um vor Ankunft der Dunkelheit anzukommen. Zitternd schlang Hanna sich den Mantel samt Umhang enger um den Körper. Durch den Wind beim reiten war es noch kälter und die Flügel der Freiheit, welche auf den Rücken der vier prangten, flogen im Wind hin und her. "Wenn es noch kälter wird, werde ich erfrieren.", heulte Hanna und Anne seufzte genervt. Die Kurzhaarige ließ die Zügel los und zog im Galopp ihren Schal und die Handschuhe aus. Mit den Beinen lenkte sie ihr Pferd neben Hannas und reichte der Blonden die Kleidungsstücke. "Oh mein Gott! Ich liebe dich!", rief diese erfreut und zog die Sachen sofort an. "Wir sind fast da.", teilte Jean ihnen mit und deutete auf die Mauern, welche den Bezirk umgeben. "Zum Glück, in einer halben Stunde wird es dunkel sein. Genau deswegen hasse ich den Winter.", meckerte Anne.

Die Sonne ging bereits unter, als die Gruppe am Tor ankam und den Soldaten ihre Passierscheine vorzeigten. Ohne Zwischenfälle kamen sie durch und trennten sich nach dem Betreten des Bezirks. "Jean und ich müssen nach rechts, wir sehen uns in drei Tagen.", verabschiedete sich Antonia und winkte den beiden Freundinnen zu. "Tschüssi!", riefen sie synchron und verschwanden um die nächste Häuserecke. Jean und Antonia ritten die Straße entlang, auf dem Weg zu ihrem Zuhause. „Ich freue mich Oma endlich wieder zu sehen, mein letzter Besuch mit Hanna ist schon ein halbes Jahr her!" Jean lachte und nickte zustimmend. „Ich habe Mutter auch lange nicht mehr gesehen, ich vermisse ihr essen.", schwärmte er. Bei einer Kreuzung blieben sie stehen. "Bis in ein paar Tagen.", verabschiedete sich der Braunhaarige von Antonia. „Bis in ein paar Tagen!" Er ritt nach links, während Antonia nach rechts ritt.

Keine 5 Minuten später, war sie an ihrem alten Zuhause angekommen. Im Haus brannte kein Licht, was Antonia die Stirn runzeln ließ. Schläft Oma schon? Die Blauäugige stieg von ihrem Pferd ab und band es an dem Baum fest, der auch bei ihrem letzten Besuch mit Hanna dafür verwendet wurde. Sie trat durch das Tor und besah sich den Vorgarten. Die ganzen Wege waren zugeschneit und an der Wäscheschnur hing gefrorene Kleidung. "Oma?", rief Antonia und hatte bereits schon eine böse Vorahnung. Keine Antwort. Sie ging auf das Haus zu und öffnete die Haustür, welche leicht dabei quietschte. Der Gang war dunkel und es war ziemlich kalt, scheinbar war lange niemand mehr hier gewesen. Mindestens ein paar Monate, so schätze sie zumindest. Die Holzdielen knarzten unter ihrem Gewicht und durch die Schritte wirbelte sie Staub auf, welches sie einmal zum niesen brachte. Antonia ging durch den Gang, die Treppe hinauf und stürmte fast in Elisabeths Zimmer.

Leer.

So wie alles hier. Das Bett war ordentlich gemacht, jedoch sammelte sich auch hier der Staub und Dreck. Neben dem Bett stand ein Nachttisch, auf dem ein Bilderrahmen stand. Das Glas war bereits grau-gelb verfärbt. Wie lange war schon niemand mehr hier gewesen? Die Braunhaarige wischte über das Glas und zum Vorschein kam ein Bild, von ihr und Elisabeth. Es wurde vor drei Jahren aufgenommen, als sie ihr Haus gekauft haben. Elisabeth winkte freundlich in die Kamera, während Antonia breit grinsend ihre Oma umarmte. „Hallo? Ist hier jemand?", rief eine Stimme von unten. „Sie dürfen das Haus nicht betreten, deshalb bitte ich sie es zu verlassen!" Die Stimme kam näher und Antonia hörte Schritte auf der Treppe. Kurz darauf öffnete sich die Tür und eine Dame im mittleren Alter sah sie an. Es war ihre Nachbarin, welche im Haus nebenan lebte. „F-Frieda, was ist passiert?", fragte Antonia mit zitternder Stimme. Frieda sah sie mit großen Augen an. „A-Antonia...? Was machst du denn hier?" Die Frau schritt auf Antonia zu und wollte sie in den Arm nehmen, Antonia schlug ihre Arme jedoch weg und sah sie wütend an. „Was ist hier passiert! Wo ist meine Oma?!", rief sie aufgebracht. Frieda sah sie erschrocken an und schluckte kurz. „Nun....deine Oma ist Tod."

Tatakai- gebrochene Feder Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt