Chapter 2: Trinity

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Ich betrachtete die Klinge in meiner Hand nachdenklich, bevor ich ausholte und sie gegen den nächstbesten Pfosten warf. Etwas Holz splitterte davon ab, aber es störte mich nicht besonders. Auch wenn es bestimmt eine Woche gedauert hatte, diese Hütte mit Jane damals aufzubauen, als ich hierher gekommen war.

"Und jetzt beweg deinen Hintern und hilf mir!" - "Wer bin ich, dein Sklave?" Das Mädchen drehte sich abrupt zu mir um und warf mir einen warnenden Blick zu. "Du kannst gerne draußen schlafen, wenn es dir gefällt. Ich ziehe da doch einen gemütlichen Unterschlupf vor." - "Uuuund dafür brauchst du mich?" - "Nein. Wie gesagt, wenn du nicht mithilfst, kannst du unter freiem Himmel schlafen. Deine Entscheidung." Sie ging in Richtung einer kleinen Hütte und ich überlegte nicht lange, bevor ich ihr hinterlief. "Gut, ich helfe dir. Aber sag mir doch jetzt mal bitte, wie du heißt." Sie grinste zufrieden. "Ich bin Jane."

Bei dem Gedanken an meinen ersten Tag hier musste ich lächeln. Ich zog die Decke, die an meinem Fußende lag, zu meinem Oberkörper und kuschelte mich etwas in sie ein. Der Wind zerzauste meine Haare und den Zopf, in den ich sie förmlich gebändigt hatte, und mich überkam ein leicher Kälteschauer. Bald würde es wohl wieder regnen.

Ich griff nach einem weiteren selbst geschnitzten Messer und spielte damit etwas mit meinen Fingern umher. Müde sah ich auf die Lichtung. Wir saßen hier schon nun so lange fest, und niemand interessierte sich auch nur im Geringsten dafür, was hinter den unbeschreiblich hohen Mauern auf uns wartete.

Griewers.

Und das nicht nur wenige. Woher ich das wusste? Ich habe sie mit eigenen Augen erlebt. Ihre Klauen, ihren Stachel und den Schrei, den sie ausließen, wenn sie kurz davor waren, anzugreifen und ihr Opfer zu zerfleischen.

"Verdammt!" Ich wirbelte um meine eigene Achse, und versuchte, mich so gut wie möglich an den Weg zurück zur Lichtung zu erinnern. Doch es war hoffnungslols, ich hatte mich verdammt nochmal verirrt. "Mist." Als ich dann auch noch den lauten Ton hörte, der das Signal gab, dass sich die Tore schlossen, überkam mich die Panik. Ich musste schnell dorthin! Ohne jeden Plan lief ich durch die Gänge, aber rein gar nichts kam mir bekannt vor. Warum war ich nur alleine hier raus? Es waren zwei Geräusche, die mich erstarren ließen. Ein schrilles, und das des Zufallen der Tore. Ich war gefangen. Und ich war nicht allein.

Zitternd hielt ich meinen Bogen in der linken Hand, mit der anderen spannte ich einen Pfeil. Es war so dunkel, dass ich kaum etwas sehen konnte, aber durch das leichte Mondlicht war ich wenigstens dazu in der Lage, auf dem Weg zu bleiben. Tack. Ich hörte Schritte. Tack. Waren das überhaupt Schritte? Tack. Tack. Automatisch legte ich an Tempo zu. Die Geräusche kamen näher und Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. 'Ich werde nicht draufgehen.' Nervös zuckte ich mit meinen Fingern, die am Pfeil anlagen. Ich hörte genau hin und bemerkte, dass die Tack-Laute verstummt waren. 'Fuck.'

Ich wusste nicht, wie lange ich schon gegangen war, bis ich in Mitten eines Ganges stehen blieb. War es Einbildung, oder war ich hier wirklich schon einmal langgelaufen? 'Klasse, Trinity, du läufst im Kreis.' Ein ekliger Gestank füllte meine Nase und mein Blick fiel auf eine dicke, schleimartige Flüssigkeit, die auf meine Schulter tropfte. 'Was zum...?' Wie in Zeitlupe schaute ich auf und sah es. Ein riesiges... Tier? Ich wusste nicht, wie ich es beschreiben sollte. Es ließ einen ohrenbetäubenden Schrei aus, bevor es auf mich zu sprang, doch ich hatte mein Messer blitzschnell zur Hand und rammte es mit all meiner Kraft in seine Stirn. Die Kreatur schüttelte mich ab und warf mich an die Wand. 'Ich werde nicht draufgehen!', sagte ich mir selbst wieder und eine Welle von Adrenalin durchströmte mich. Stöhnend rappelte ich mich auf und legte einen Pfeil auf den gespannten Bogen, als das Monster sich von seinem Schock erholt hatte und erneut auf mich zustürmte. "GAME OVER, ARSCHLOCH!"

"Trin, wie oft noch, demolier nicht immer unsere Hütten!" Janes Stimme holte mich aus meinen Gedanken und zurück in die Realität. Ich zuckte nur mit den Schultern, was sie ganz und gar nicht amüsierte. "Das ist mein Zuhause. Wenn ich meine, trainieren zu müssen, dann ist das meine Entscheidung." Jane wusste, dass ich ihr immer den Rücken frei halten würde. Aber sie wusste auch, dass ich meinen eigenen Kopf hatte. "Pass nur auf, dass du dich nicht verletzt." Ich lachte kurz auf. "Die einzigen, die ich damit verletzten will, sind Griewer." Doch Jane war schon wieder weg und ich lehnte mich zurück in meine Hängematte.

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Ich war wohl eingedöst, denn als ich wieder meine Augen aufschlug, war es schon wieder dunkel und die Tore hatten sich bereits wieder verschlossen. Gähnend stand ich auf und nahm das Messer, was immer noch im Pfosten mir gegenüber steckte, mit, als ich über die Lichtung zu den anderen lief.

Wir waren bereits 10 hier, jeden Monat wurde ein neues Mädchen mit dem Gitterfahrstuhl nach oben transportiert, zusammen mit Lebensmitteln und anderen nützlichen Dingen. Es war immer dasselbe. Überhaupt änderte sich hier an unserem Leben rein gar nichts.

Ich gesellte mich zu den anderen Läufern, die mich mit einem Grinsen begrüßten. "Na, auch mal wach?" Mya saß auf einem Baumstamm und röstete gerade etwas über dem Lagerfeuer. "Sehr witzig." Was Läufer waren? Wir erkundeten das Labyrinth, das uns umgab. Das sich hinter den Mauern verbarg. Wir waren die Schnellsten und die mit der meisten Ausdauer. Normalerweise liefen wir immer in Teams und versuchten, einen Weg aus diesem täglichen Albtraum zu finden. Auch wenn es niemand zugab, mochte es niemand hier wirklich. Nicht einmal diejenigen, die es vorspielten, sich wohl zu fühlen.

Denn jeder wusste, dass wir gefangen waren. Und dass wir bei dem Versuch, zu fliehen, höchstwahrscheinlich sterben würden.

Mya kam drei Monate nach mir hier auf die Lichtung. Sie hatte in den ersten Tagen kaum mit uns sprechen können und sich meist zurückgezogen. Doch mittlerweile war sie offener und half wirklich jedem, wenn er ein Problem hatte.

Ich wünschte, ich könnte auch so... nett... zu den anderen sein. Es war zwar nicht so, dass sie mich alle ignorierten, aber ich würde auch nicht sagen, dass ich besonders beliebt war. Aber ich machte mir meistens nicht viel daraus. Meine Aufgabe war es schließlich, die Griewer von den anderen fernzuhalten.

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