Chapter 14: Trinity

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"Ich und Jodie gehen." Jane wandte sich zu Jodie und Noah und ging dann schnurstraks mit ihnen durch das Tor unsere Lichtung. Sobald sie aus meiner Sichtweite waren, musste ich kurz aufseufzen. Ich wollte nicht, dass ihnen etwas passiert. Keiner von ihnen war Läufer und an die bedrückende Enge des Labyrinths gewöhnt. Jetzt musste ich wohl einfach auf das Beste hoffen.

Mein Blick fiel auf die beiden Jungs, die immer noch auf dem Boden saßen und sich etwas zuflüsterten. Ich hatte keine Jungs mehr gesehen seit... eigentlich hatte ich noch nie Jungs gesehen. Abgesehen von der Situation an dem großen Tor. "Hey, du, Mädchen!" Der Lockenkopf sah mich genervt an, musterte mich von oben bis unten und wollte gerade wieder ansetzten, als ich ihn unterbrach. "Nenn mich noch einmal Mädchen und ich ramm dir mein Messer höchstpersönlich in deine Schulter!" Er zog erstaunt seine Augenbrauen hoch. "Ich nenn dich so oft Mädchen wie ich will. Du bist eins." Ich lachte auf. "Gut, dann rede ich dich ab sofort mit Arschloch an. Du bist ja auch eins." Stiles neben ihm verkniff sich so gut es ging ein Lachen, während Finn so ziemlich alles aus seinem Gesicht entglitt.

Ich schaute zurück in Richtung Tor. Eine Gruppe von Mädchen stand dort und tuschelte. Verübeln konnte ich es ihnen jedoch nicht. "Ähm..." Der größere Junge sah mich verlegen an. "Wie heißt du denn?" - "Das müsstet ihr eigentlich wissen." Die beiden sahen sich verdutzt an. "Nein, woher sollten wir das?" - "Das Messer, das ihr gefunden habt. Da war etwas drauf eingraviert, oder?" Es war das Messer, was ich selbst geschnitzt hatte, nach meinen ersten Tagen auf der Lichtung. Dort waren unsauber die Buchstaben TRINITY eingeritzt. Ich hatte es zur Ablenkung weggeworfen, damit ich von diesem großen, neuen Tor fliehen konnte. Die Jungs hatten es gefunden und mitgenommen. "Woher weißt du davon?" Stiles war verwirrt, doch dem Schwarzhaarigen neben ihm ging ein Licht auf. "Weil sie da war." Ich nickte. "Ich habe das Tor geöffnet." - "Dein Name ist Trinity?" - "Sieht wohl so aus, Schlaukopf."

Ich saß schon eine gefühlte Ewigkeit hier mit den beiden Jungs und starrte gebandt auf das Tor. Wann kamen Jodie und Jane denn wieder? Es wurde bald schon dunkel! "Trinity?" - "Ja, Stiles?" Im Gegensatz zu Finn fand ich ihn mittlerweile ganz nett. "Ich... ich müsste mal... du weißt schon..." - "Du musst aufs Klo?" Er lächelte und ich sah ihm an, dass er sich schämte. "Na gut, ähm... PHEE!!", rief ich der Dunkelblondhaarigen zu, die einige Hütten entfernt von uns stand. Sie drehte sich zu uns um und machte sich auf den Weg. "Ja?", fragte sie, als sie neben mir angekommen war. "Zeigst du ihm..", ich deutete auf Stiles, "wo die Klos sind? Obwohl, bei der Gelegenheit kannst du ihm auch gleich einen Rundgang über unsere Lichtung spendieren." Sie nickte nur schüchtern, lehnte sich anschließend zu ihm herunter, um die Fesseln loszuschneiden. "Danke", murmelte er und sie schmunzelte, bevor die beiden hinter einer anderen Hütte verschwanden.

"Wärest du wenigstens so gütig, mir die Hände frei zu machen?", unterbrach Finn schließlich die Stille, die zwischen uns herrschte. "Nein.", sagte ich nur knapp, ohne ihn dabei anzusehen. "Jetzt komm schon! Bitte?" Ich sah ihn von der Seite an und bemerkte, wie das Seil seine Haut an seinem Unterarm schon rot gefärbt hatte. Ich stöhnte. "Na gut, du Nervensäge." Ich zog ein Messer aus meiner Hosentasche und durchtrennte das Seil vorsichtig. Er atmete erleichtert auf, verzog sein Gesicht jedoch schmerzerfüllt, als er sich auf seine geröteten Handgelenke fasste. "Fuck." - "Bleib wo du bist.", meinte ich scherzend und ging zu Janes Hütte. Ich durchwühlte ihre Schränke, bis ich auf das stieß, was ich gesucht hatte.

Der Lockenkopf zischte leise auf, als ich die grüne Pampe auf seine verwundete Haut schmierte. "Hab ich wohl etwas zu fest gezogen.", gab ich nur von mir und er schnaubte auf. "Etwas ist gut. Du hast mir förmlich das Blut abgeschnürt." Jungs konnten manchmal auch echt Weicheier sein. "War nicht mit Absicht." Ich stellte das ekelige Zeug von Medizin neben mich und lehnte mich an das Holzgitter. Wo waren Jane und Jodie? Verdammt, es war schon total dunkel. Die Tore würden sich bald schließen. Was, wenn sie bis dahin nicht zurück waren? Was, wenn sie noch im Labyrinth festhingen? "Okay, wenn ich schon eine Türwache brauche, bekomme ich dann wenigstens eine etwas gesprächigere? Oder eine freundlichere? Eine hübschere wäre auch..." - "Halt die Luft an, Finn." Ich verdrehte meine Augen genervt und stand auf. "Mya, komm mal her, bitte!" Das dunkelblondhaarige Mädchen hatte sich am Lagerfeuer niedergelassen, befolgte aber meiner Anweisungen und stapfte zu uns herüber. "Kannst du mal Wache halten?" - "Klar." Sie setzte sich auf den Boden zu Finn. "Lass ihn nicht raus, ja?" Sie nickte nur, und ich ließ die beiden hinter mir, als ich zu dem Tor ging, in das Jane und Jodie mit Noah reingelaufen waren.

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Die Tore waren geschlossen. Sie waren unwiderruflich geschlossen und würden sich erst wieder am nächsten Morgen öffnen. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, ob die beiden Mädchen sicher auf der anderen Lichtung angekommen waren und es trieb mich in den Wahnsinn. Ich saß alleine an die kalte Mauer, die mit Efeuranken bedeckt war, gelehnt und war total in Gedanken versunken. Eigentlich sollte ich mich glücklich schätzen. Wir hatten vielleicht einen Ausweg aus dieser Hölle erreicht, mögliche Verbündete gefunden - die auch noch Jungs war, was anscheinend allen Mädchen hier gefiel - und ich hatte den Posten von Jane als Anführerin übernommen. Dennoch konnte ich mich nicht freuen. Was unter anderem daran lag, dass ich unsere möglichen Verbündeten nicht als Verbündete sah, sonders als zusätzliche Last. Mein Blick fiel auf das große Lagerfeuer, an dem gefühlt alle Personen, die auf dieser Lichtung lebten, auf einem Haufen hockten. Sie hatten Spaß. Als hätten sie vergessen, dass zwei von uns da draußen waren und zu hoher Wahrscheinlichkeit in irgendwelchen Schwierigkeiten steckten.

Aus den Augenwinkel bemerkte ich einen Schatten neben mir und zuckte zusammen. "Alles okay, ich bin's nur." Ich entspannte mich wieder, als ich sah, dass es Mya war. Sie ließ sich neben mir nieder und wirke ebenfalls alles andere als glücklich. "Wie geht es dir?" Ich schaute zu ihr. "Den Umständen entsprechend beschissen, würde ich sagen." Sie lachte. "Ach, Trinity, und das nur wegen den Jungs?" Wollte mich denn wirklich niemand verstehen? " Vor Rage sprang ich auf. "Unsere Anführerin fehlt, Jodie ist auch nicht da, die beiden sind irgendwo da draußen, wer weiß, ob sie überhaupt noch am Leben sind, und du denkst, dass ich mir Gedanken um ein paar Jungs mache?!" - "Ich mache mir doch auch Sorgen um die beiden, aber vielleicht können Stiles und Finn uns helfen!" Ich hielt inne. Mya hatte Recht, verdammt, sie hatte die meiste Zeit über Recht. Vielleicht wussten die Jungs etwas, was wir nicht wussten. Apropros... "Solltest du nicht eigentlich bei dem gelockten Idioten Wache halten?" Das Mädchen vor mir schaute auf den Boden. "Ja, dazu noch was... wir..." Ich wurde wütend. "...wir haben ihn rausgelassen." - "WAS?!" Ich stürmte auf das Lagerfeuer zu, dicht gefolgt von Mya. "Trinity, was ist schon dabei? Wir..." - "Ich bin die Anführerin, wenn Jane abwesend ist! Ich habe dir den Befehl gegeben, ein Auge auf ihn zu halten!" - "Was ist dein Problem?!" Mya hatte ich noch nie so wütend erlebt. Ohne ein weiteres Wort ließ ich sie dort stehen und ging schnellen Schrittes zu den anderen.

Finn saß zwischen den Mädchen, und schien ihnen etwas zu erzählen, als ich dazwischen platzte. "Tut mir leid, dass ich eure nette Unterhaltung hier unterbreche, aber ich werde den hier dann mal wieder in seine Zelle begleiten." Ich packte Finn an seinem Arm und wollte ihn hinter mir herziehen, als er sich aus meinem Griff befreite. "Ich bin nicht dein scheiß Gefangener!" Ich schenkte ihm einen Todesblick. "Und ob du das bist." Es gab reichlich Protest der Mädchen um uns herum, sie hatten einen Kreis gebildet. Der schwarzhaarige Junge vor mir schaute einmal um sich und dann wieder zu mir. "Hör zu, wir kommen aus diesem Labyrinth nur raus, wenn wir uns zusammen schließen. Glaub mir, ich habe da auch keine Lust zu, vor allen nicht auf dich, aber ich möchte aus dieser Hölle so schnell wie möglich raus." Ich zögerte einen Moment. Ich musterte die Menschenmenge um uns herum. Ich dachte an Jane, was würde sie machen? Finn sah mir immer noch direkt in die Augen, und ich holte tief Luft.

"Na schön. Wir ziehen das durch.", meine Miene verfinsterte sich, bevor ich weitersprach, "Aber wehe, du kommst mir in die Quere." Ich ging an ihm vorbei und rempelt ihn dabei absichtlich an, anschließend bahnte ich mir meinen Weg durch die geschockt schauenden Mädchen zu meiner Hütte.

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