"Ennea? Oh mein Gott! Wie schön dich zu sehen." Eine große braungebrannte Frau kommt auf uns zu gelaufen. Sie kommt gerade aus dem Wasser und ihre langen blonden Haare hängen ihr nass über die Schultern. Kurz vor uns lässt sie ihr Bord in den Sand fallen und umarmt Ennea. Diese schmiegt ihren Kopf an die Schulter der jungen Frau und flüstert: "Hey!" Ihre Augen sind geschlossen und das erste Mal seit dem ich sie kenne, ist ihr lächeln echt. Scheinbar fühlt sie sich bei der jungen Frau wohl. Langsam lösen sich die beiden voneinander und Ennea meint nur: "Ben, das ist Grace. Und Grace, das ist Ben. Ich habe die letzten Monate bei ihm in Sydney gewohnt." "Ja, wir kennen uns bereits. Schön dich mal wieder zusehen, Ben.", meint Grace und in dem Moment fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Das ist Grace Scott. Das Mädchen mit dem ich meine komplette Schulzeit lang zusammen war. Wir hatten uns kurz nach unserem Abschluss getrennt, da ich ein Jobangebot in Perth bekommen hatte und sie hier geblieben war. Ich hatte mich nie wieder wirklich verliebt. "Hey!" Ich bin völlig sprechlos. "Was? Ihr kennt euch?" "Ja, wir waren zusammen im Internat.", antwortet Grace. "Woher wusstet ihr eigentlich, dass ich hier bin?" "Liv hat es uns erzählt, sie wollte uns eigentlich ein Pensionszimmer geben, aber..." "Ja wir sind im Moment völlig ausgebucht. Da die Schule ja jetzt bald wieder anfängt und alle Eltern ihre Kinder zur Schule bringen wollen. Ihr könnt aber gerne bei mir wohnen. Ich habe eine Wohnung über der Surfschule. Da ist genug Platz für uns drei." "Danke, ich bin eh nur die eine Nacht da. Ich muss morgen nämlich auch ins Internat. Ben hat mich dort angemeldet." "Oh, na dann. Aber für dich gilt das Angebot natürlich so lange du willst, Ben." "Danke, gerne." Endlich habe ich meine Stimme wieder gefunden. "Wie wär's damit ihr holt eure Sachen und wir treffen uns dann so in zehn Minuten im Café zum Abendessen und dann kommt ihr einfach mit hoch." Ennea nickt und zieht mich sofort Richtung Auto. Am Auto schaut sie mich fragend an. "Was?" "Nichts. Du bist nur über beide Ohren verknallt. Das sieht man schon von weitem. Und Grace auch. Lief da was zwischen euch?" "Was?", frage ich nochmal. "Jetzt tu doch nicht so. Ben. Ich bin kein Kind mehr. Ich kenne diesen Blick. Du. Bist. Verliebt! In GRACE!" "Kann sein." Ich schnappe unsere Koffer und mache mich schleunigst auf den Weg Richtung Café. Bloß weg von Enneas nervigen Fragen. Doch sie läuft jetzt nur still neben mir her. Kurz bevor wir an dem Café sind, bleibt sie ruckartig stehen. "Ben! Warte!" "Was ist?" "Bitte, versprich mir nichts von der Entführung zu sagen. Ich möchte nicht das sich irgendwer sorgen macht." "Mach ich nicht." Ich laufe zu ihr zurück, stelle die Koffer ab und nehme sie in den Arm. Ich hatte sie in mein Herz geschlossen. Sie war mittlerweile wie eine Tochter für mich. Und morgen würde sie ins Internat gehen und wir würden uns wahrscheinlich nicht mehr allzu oft wieder sehen. Und irgendwann gar nicht mehr und sie würde mich vergessen. Doch das würde ich niemals können. Wir lösen uns voneinander und gehen zum Café. Dort warten schon Grace und Liv an einem Tisch. Als wir bei ihnen sind, steht Liv auf und fragt uns was wir essen möchten. Wir bestellen alle eine große Pizza. Nach dem Essen gehen Grace, Ennea und ich zu Grace nach Hause. Ihre Wohnung ist fast so groß wie meine. Wenn man rein kommt, steht man sofort im Wohnzimmer mit Blick auf das Meer und die offene Küche. Dahinter ist Graces Zimmer und Bad und vom Wohnzimmer aus kann man das Gästezimmer und Bad betreten. "Also hier schlaft ihr. Es sei denn du willst bei mir schlafen, Ennea!" "Nein, nein. Ich schlafe hier bei Ben auf der Couch. Danke. Ich bin auch schon ganz schön müde. Ich geh mal schlafen. Ihr könnt ja noch ein wenig über alte Tage reden. Wir sehen uns dann Morgen, gute Nacht." "Schlaf gut!", meine ich und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn, so wie Grace auch. "Gute Nacht, meine Süße!", flüstert sie dabei Ennea noch ins Ohr. Wir gehen zurück ins Wohnzimmer und sie bietet mir ein Bier an. Gemeinsam und mit unseren Bieren setzen wir uns auf den Balkon und quatschen noch bis tief in die Nach hinein.
"Hey, Ennea! Aufwachen! Es gibt Frühstückt"; weckt mich Ben sanft. Ich will nicht aufstehen und das weiß er ganz genau. Da kommt Grace ins Zimmer. Schnell ziehe ich meine Decke bis ans Kinn. Ich will nicht, dass sie meine Narben sieht. Noch nicht. Zumindest nicht, bis alles ganz verheilt ist und auch die blauen Flecke weg sind. Ich weiß, irgendwann wird sie sie sehen, wir leben schließlich am Stand, aber nicht jetzt. "Kommt ihr, ihr müsst bald los. Und ich würde gerne noch in Ruhe frühstücken." "Okay, ich komm gleich, mach mich nur noch fertig.", grummele ich während Ben und Grace das Zimmer verlassen. Ich gehe ins Bad und schalte das kleine Radio auf der Fensterbank an. Als ich nur noch meine Unterwäsche trage, drehe ich mich zur Tür und betrachte mich zum ersten Mal alleine in einem Ganzkörperspiegel. Ich habe ganz schön abgenommen, meine Haare sind dünner geworden, doch was mir am meisten auffällt, sind die Narben, die meinen Bauch und Rücken übersähen. Bei diesem Anblick kommen mir die Tränen. Schnell wische ich sie weg, springe unter die Dusche, kämme meine Haare, putze die Zähne und ziehe mir mein Lieblingskleid und eine leichte Strickjacke an, um die Narben zu überdecken. Dann gehe ich in die Küche und setze mich zu Grace und Ben an den Tisch. Nach dem wir gefrühstückt haben packe ich alles zusammen und wir gehen zum Auto. Dort verabschiede ich mich kurz von Liv und Grace. Im Auto schaue ich aus dem Fenster. Ich kenne die Gegend. Früher habe ich mich hier immer Zuhause gefühlt, doch jetzt habe ich einfach nur noch so ein ganz komisches Gefühl im Bauch. "Und aufgeregt?", fragt Ben. Ich nicke. "Lass mich bitte nicht allein!" "Werde ich nicht, aber irgendwann muss ich das. Aber erst wenn du auch in guten Händen bist, okay?" Wieder ein nicken meiner Seits. Ben schaltet das Radio ein und wir hören den restlichen Weg Musik. Nach knapp zehn Minuten halten wir vor einem großen, alten Steingebäude. Einem Art Schloss. Es ist das Internat. Wir steigen aus. Auf den Stufen vor dem Eingangstor bleibe ich stehen. "Komm schon, das wird..." Ben nimmt meine Hand und zieht mich sanft zu sich. Gemeinsam betreten wir die große beeindruckende Eingangshalle. Sie ist wunderschön, trotzdem würde ich mich am liebsten sofort wieder umdrehen und raus rennen, zurück zum Auto. Doch Ben zieht mich sanft weiter. Wir bleiben erst vor einer großen alten Holztür stehen. Ben klopft. "Herein!"; Ben drückt die Tür auf und wir betreten ein großes helles Büro.
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WHISPER of Death
RandomIm Auto schaue ich aus dem Fenster. Ich kenne die Gegend. früher habe ich mich hier immer Zuhause gefühlt, doch jetzt habe ich einfach nur noch so ein ganz komisches Gefühl im Bauch. "Und aufgeregt?", fragt Ben. Ich nicke. "Lass mich bitte nicht all...