Kapitel 15

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Panisch rüttele ich fester. Und da öffnet Fynn langsam seine Augen. Weinend falle ich ihm um den Hals. "Gott sei dank! Du lebst!" "Ja, tue ich.", langsam richtet er sich auf, als ich nicht mehr an ihm klebe. Er schaut sich in dem Raum um. Es ist stock dunkel. Wir müssen in einem Keller sein. Er versucht aufzustehen, sackt jedoch mit einem stöhnen wieder zusammen. Ich kann sein Gesicht nicht erkennen, doch er musste wahnsinnige Schmerzen haben. "Was ist?", frage ich. "Alles okay. Mach dir keine Sorgen. Wo sind wir?" "Nichts ist in Ordnung. Und ich weiß auch nicht wo wir sind. Aber ich kann eindeutig nichts sehen. Es ist viel zu dunkel." "Wie bist du dann hier her gekommen?" Die Frage ist berechtigt. Jetzt gerade kann man nicht mal seine eigene Hand vor den Augen erkennen. Aber eben war noch ein wenig Licht im Raum. "Hier muss irgendwo ein Fenster sein." Ich stehe auf und versuche irgendetwas zu erkennen. Doch es ist unmöglich, so dunkel ist es. Da fällt plötzlich wieder Licht in den Raum. Über einem Tisch ist ein kleines Fenster. Schnell schaue ich mich in dem Zimmer um. Gegenüber des Tisches ist eine Tür und daneben. Ein Lichtschalter. Ich laufe zu dem Schalter und betätige ihn. Eine spärliche Lampe in der Mitte des Zimmer leuchtet auf. Ich gehe wieder zu Fynn zurück und knie mich neben ihm auf die Matratze. Seine Hose am rechten Bein ist komplett zerfetzt und das Bein darunter auch. Vorsichtig schiebe ich die Fetzen der Hose beiseite und begutachte das Bein. Soweit ich das jetzt beurteilen kann ist nichts gebrochen. Ich atme auf. "Okay, das wird wieder.", meine ich zu Fynn. Dieser lächelt mich gezwungen an und legt sich wieder auf die Matratze. Ich kuschle mich an ihn. "Ennea? Warum hat sich der Mann vorhin im Auto bei dir entschuldigt?", will Fynn nach einiger Zeit wissen. Erstaunt schaue ich ihn an. Ich weiß wovon er spricht. Aber ich weiß nicht was ich sagen soll. "Ähm, das war einer meiner Entführer. Also noch aus der Zeit bevor ich ins Internat kam. Sein Name ist Alex. Er war immer nett zu mir. Er hat meine Wunden versorgt. Mir extra Portionen zu essen gebracht.", antworte ich nach kurzer Zeit. Überrascht schaut mich jetzt Fynn an. "Er war also damals dabei?" Ich nicke. Wir wissen beide was das bedeutet. Tröstend legt Fynn einen Arm um mich und so schlafen wir ein.

Neben mir schreckt Fynn aus dem Schlaf hoch. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn, seine Wangen sind Tränen überströmt und er atmet schwer. Panisch schaut er sich im Raum auf und sucht nach mir. Ich beuge mich über ihn und streiche über seine spitzen nassen Wangenknochen. Fynn setzt sich erleichtert auf, wischt sich erschöpft über die Augen. Ich streichle sanft seine Hand. "Alles okay?" Diese Frage stellt er in letzter Zeit ständig. Wie immer nicke ich. Zwölf Tage sind vergangen, seit wir hier eingesperrt wurden. Seitdem schlafe ich kaum noch und Fynn hat jedes Mal Albträume, sobald er die Augen schließt. Ich habe mir angewöhnt, ihm übers Haar zu streichen während er schläft. Trotzdem wacht er jedes Mal keuchend auf und sein Blick sucht nach mir. "Was hast du geträumt?", will ich wissen. "Nichts Besonderes." Fynn bewegt sich und zuckt zusammen, als er aus Versehen mit seinem verwundeten Bein den Boden streift. Sein Körper versteift sich vor Schmerz und ich kann sehen wie angespannt seine Arme unter dem Pullover sind, die drahtigen Muskeln, die ihm das Leben im Internat beschert hat. Ich berühre diese Arme und langsam entspannt er sich wieder. "Das nächste Mal wenn Alex kommt frage ich nach etwas für dein Bein. So kann es nicht weiter gehen." Fynn nickt dankbar. Ohne Alex wäre unsere ganze Situation noch viel Schlimmer. Wir bekommen statt einer Portion für uns Zwei zusammen, immer eine für jeden. Er hatte auch seine Kollegen überredet, dass wir decken und Pullover bekommen. Hier in diesem Raum war es wirklich kalt. Er hatte uns Schmerzmittel gebracht. Für Fynns Bein und meine Rückenschmerzen. Bei dem Unfall hatte ich mir scheinbar die Wirbelsäule geprellt. Auf jeden Fall war mein ganzer Rücken blau. Und jetzt brauchten wir etwas um Fynns Bein endgültig zu verarzten. Es hatte sich entzündet und die Schmerztabletten halfen nicht mehr. Da höre ich wie sich ein Schlüssel im Schloss dreht. Die Tür schwingt auf und Alex kommt mit einem Tablett auf uns zu. "Euer Mittagessen." Hinter sich schließt er die Tür und stellt dann das Tablett auf den Tisch. "Alles okay?"; fragt er dann und kommt auf uns zu. Ich schüttle den Kopf. Und schildere ihm die Situation. "Ich kann versuchen euch Verbandszeug und Salben rein zu schmuggeln. Ich kann aber nichts versprechen." Ich nicke dankbar. Als er den Raum verlassen hat, hole ich das Tablett und wir essen gemeinsam auf dem Boden.

WHISPER of DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt