Kapitel 16

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Ich kuschele mich in mein Bett. Ben deckt mich zu während Grace mir übers Haar streicht. Zum ersten Mal seit Wochen fühle ich mich wieder sicher. Meine Freundinnen sitzen leise auf der Empore und schauen uns zu. "Wie lange waren wir weg?", frage ich leise, als ob ich nicht wollen würde, dass man mir antwortet. "Ihr wart einen Monat fort. 32 Tag." Ich schließe die Augen nach den Worten meiner Großcousine. "Es hat sich viel länger angefühlt.", meine ich. Traurig schaut Grace zu Ben und meine Freundinnen schauen zu mir. Und da fällt mir auf, dass eigentlich keiner etwas sagt, wenn ich nicht frage. Ich muss reden. Und sie haben das Gefühl, sie müssten Schweigen. Ich bin müde, aber ich habe noch so viele Fragen. Aber die kann ich ja auch morgen noch stellen. Also greife ich nach Bens Hand, um mich zu vergewissern, das das alles echt ist. Drehe mich um und schlafe sofort ein.

Zitternd und mit Tränen in den Augen schreckt sie hoch. "Hey, alles gut?" Ennea nickt nur und kuschelt sich wieder an mich. Tränen laufen ihre Wange hinunter. Ich wische sie mit meinem Ärmel weg. Grace und ihre Freundinnen haben den Raum verlassen, als sie eingeschlafen war. Nur ich war hiergeblieben. Jetzt setzt sie sich langsam auf. "Wie war es hier? Was haben wir verpasst?" Ich weiß genau was sie hören will. Aber ich weiß nicht, wie ich es ihr erzählen soll. Sie will wissen, was mit Liam passiert ist. Wie es ihm wirklich geht. Aber wie erzählt man einem Menschen, der so zebrechlich aussieht wie Ennea, dass sein großer Bruder wahrscheinlich nie wieder laufen kann. Sie schaut mir in die Augen und ich öffne meinen Mund, schließe ihn jedoch sofort wieder. "Süße, ich weiß nicht was ich sagen soll. Es war furchtbar. Diese Ungewissheit. Wir wussten nicht wo ihr seid. Wie es euch geht. Wir wussten ja nicht einmal ob ihr überhaupt noch am Leben seid. Wir haben jeden Tag daran gearbeitet, euch zu finden. Wir haben sogar im Unterricht daran gearbeitet. Bis wir herausgefunden haben, dass Mr. Powell da mit drin steckt. Ihr hattet Recht. Elena und Max haben ihn verhört und so haben wir herausgefunden, wo ihr seid. Das war der schönste Tag. Aber zugleich auch der Schlimmste. Wir konnten ja nicht sofort zu euch. Wir brauchten einen Plan. Und dann war da ja noch die Ungewissheit. Aber wir haben es geschafft. Wir haben euch gefunden. Unversehrt. Du weißt gar nicht wie erleichtert wir waren, als ihr mit uns gekämpft habt. Dass wir euch gefunden haben. Dass wir euch wieder haben. Dass ich dich wieder habe. Ich habe mir solche Sorgen gemacht!" Ich nehme sie in den Arm. Jetzt weinen wir beide. Nach einiger Zeit lösen wir uns voneinander und Ennea schaut mich an. Sie hat immer noch nicht die Antwort, die sie wollte. "Ben, was ist mit Liam?" Ich schüttele den Kopf. "Frag ihn am besten selbst. Er muss es dir erzählen." Enttäuscht schaut sie auf den Boden, steht auf und verlässt das Zimmer.

Ich laufe den Flur entlang, an der Treppe bleibe ich stehen. Eigentlich weiß ich gar nicht wo ich hin will. Zu Liam? Zu Fynn? Will ich mal alleine sein? Ich weiß es nicht, also setzte ich mich an den Treppenabsatz und warte Worauf auch immer. Ich weiß nicht wie lange ich da schon sitze, als Emma vorbei kommt. "Hey! Ich dachte du schläfst noch.", lächelt sie und setzt sich zu mir. Ich schüttle den Kopf un dlege ihn an ihre Schulter. "Alles okay?" Wieder ein Kopf schütteln meiner Seits. "Okay, doofe Frage. Also wenn du jemanden zum reden brauchst. Du weißt ich bin immer für dich da." Ich lächle sie an und beginne zu weinen.

Ruhig bleibe ich neben ihr sitzen und streiche ihr übers Haar. Ich lasse sie einfach weinen. Fynn hat eben auch schon geweint, als ich ihn getroffen habe. Ich weiß nicht was ihnen zugestoßen ist. Was sie erlebt haben. Aber so wie sich die zwei verändert haben, will ich es glaube ich auch gar nich wissen. Ich liebe die zwei so sehr, dass ich es wahrscheinlich nicht aushalten kann. Hätte ich Damon in der Zeit nicht gehat, als sie weg waren, wäre ich wahrscheinlich durchgedreht. So hatte ich jemanden, der meinen Schmerz verstanden hat. Obwohl es ihn noch viel schlimmer getroffen hat. Seine Zwillingsschwester sowie sein bester Freund waren entführt worden und sein großer Bruder war so schwer verletzt worden, dass er wahrscheinlich für immer im Rollstuhl sitzen muss. Aber er war immer stark gewesen. War nicht zusammen gebrochen. Und ich deshalb auch nicht. Aber Ennea und Fynn zerbrachen gerade vor unseren Augen, was alles nicht einfacher machte. Und Ennea wusste nicht einmal von Liams Verletztung. Sie richtet sich wieder auf und wischt sich die Tränen weg. "Sorry!" "Das muss dir nicht leid tun. Es ist okay! Fynn geht es geau so." Sie schaut mich traurig an und fragt dann mit zittriger Stimme: "Wo ist er?" "Bei uns im Wohnzimmer." "Kommst du mit?" Ich schaue in ihre glasigen Augen, nicke und gemeinsam laufen wir zu unseren Brüdern. "Hey!", meint Damon und kommt auf uns zu. "Hey!" Ennea fällt ihrem Bruder um den Hals. Für diesen Moment ist all die Angst, die Trauer aus ihren Augen verschwunden. Bevor all das geschehen ist, hat sie ihn noch gekonnt ignoriert, aber jetzt war das vergessen. Sie liegt in seinen Armen und in ihren Augen sieht man wie wohl sie sich fühlt. Sie löst sich von ihm und läuft zu Fynn, der auf dem Sofa sitzt und sein rechtes Bein liegt auf Kissen auf dem Tisch vor ihm. Ein großes Kühlpack liegt auf seinem Schienbein. Ennea küsst ihn sampft und kuschelt sich dann neben ihm.

WHISPER of DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt