Kapitel 4

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Als Pam am nächsten morgen aufwachte war es bereits nach sechs Uhr. Es war das erste mal seit Wochen das sie wieder geträumt hatte. Ein schöner Traum, wenn man beachtete das ihre Träume sonst immer schrecklich blutig waren. In ihren Träumen machte ihr das Blut Angst, das ihr am nächsten morgen meist die Haare zu Berge standen, doch im echten Leben, in der Klinik nicht.

Der Traum den sie hatte handelte von einem Engel. Weißes Haar, blasse Haut, lange schlanke Finger.

Pam schlug ihre Decke zurück und stellte ihre warmen Füße auf den von Fließen überzogenen,kalten Fußboden. Eine Gänsehaut überzog augenblicklich ihre Arme. Sie seufzte.Sie zog sich schnell einen Pulli über ihr Nachthemd, nahm ihre Kosmetiktasche und frische neue Sachen aus ihrem Schrank, und ging zur Türe hinaus.

Gerade als sie die Tür schloss, wurde die Tür auf der anderen Seite des Flurs geöffnet. Sie konnte es sich noch nicht leisten alleine zu wohnen. Ihr Mitbewohner Ky trat mit Boxershorts bekleidet auf den Flur und schenkte ihr ein müdes lächeln. So viel Kleidung an ihm am morgen war mal was neues. Sie ließ kurz ihre Augen über ihn wandern. Sonst war nichts besonders an ihm. Sie waren nicht zusammen um Gottes willen. Wenn sie das wären, würde Pam nicht hier wohnen. Zu viel Nähe. Nicht einmal Freundschaft Plus würde infrage kommen. Nein Pam war auch nicht lesbisch, nur nicht interessiert.Pam hob eine Hand zum Gruß, da sie ganz genau wusste, dass wenn sie jetzt sprechen würde, ihre Stimme nur als ein Krächzendes etwas, aus ihrem Hals kommen würde.

Ky war noch weniger ein morgenmensch wie Pam, aber nachdem er sich einmal geduscht hatte (meistens kalt) war er wieder der gut gelaunte fröhliche Kerl den jeder kannte. Also ging sie schnell in das einzige aber große Badezimmer das ihre WG zu bieten hatte und stieg unter die warme Dusche bevor Ky auch nur auf die Idee kam einen Schritt in Richtung Badezimmer zu machen. Nachdem sie sich komplett fertig gemacht hatte war es Zeit ins Krankenhaus zu gehen. Heute war einer dieser Tage an denen sie zu menschlichen Zeiten arbeiten konnte.

Als sie um fünf Uhr das Krankenhaus verließ war sie völlig erschöpft. Kein Wunder ihre Kollegin ist ausgefallen. Normalerweise wäre sie direkt ohne Umweg nach Hause gefahren, doch seit sie aufgewacht waren kreisten ihre Gedanken ununterbrochen im zwei Minuten Takt um eine Person die ihr nicht aus dem Kopf gehen wollte. Nein keine Person, ein Engel.

Heute in der Klinik wurde sie bereits zwei mal beim Tagträumen erwischt. Und das passierte in der Regel nie, selbst wenn sie in der Nacht nur zwei Stunden schlaf hatte. Sie konnte es sich nicht leisten. Ihr Job bedeutete aufmerksam zu sein und zu helfen. Träumen konnte sie in ihrer Pause, wenn sie denn mal eine hatte und sie nicht verpasste.

Sie trat nach draußen in die leicht frische Abendluft. Nur bekleidet mit einer leichten schwarzen Kapuzen Jacke einem Basic T-shirt und einer leicht zerrissenen Hose. Es brachte nicht Tagträumen. Sie wusste ganz genau das es dadurch nicht besser wurde.

Sie musste einfach wieder ins Mirror und schauen ob er da war. Sie war sich sicher wenn sie ihn nur noch einmal sehen würde, würde das aufhören. Diese ablenkenden Gedanken. Sie brauchte klarheit. Da sich das Krankenhaus relativ in Nähe der Stadtmitte befand, war es ein leichtes, den Weg zum Mirror zu finden.

Als sie ans Schaufenster trat, sah sie im gedimmten Licht der Lampen, die langen, dünnen, bleichen Finger sanft über die Tasten fliegen.

White, Black...Peppermint!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt