Es war das wohl Mutigste was ich ihm je gesagt hatte. Ich hatte endlich meine Gedanken laut ausgesprochen. Er hatte mir immerhin in all der Zeit die wir zusammen waren nicht nichts von sich erzählt. Er sah mich als harmlos an, weshalb er mir ohne Bedenken einen Teil seiner Probleme Preis gegeben hatte.
Ohne ihn übermäßig zu bedauern, hatte ich doch schon einen Funken Mitgefühl. Es rechtfertigte dennoch nicht sein beschissenes Verhalten anderen gegenüber, es erklärte es nur. Schon ganz früh hatte er gelernt sich gegen seinen aggressiven Vater zu stellen und das meist mit derselben Rage wie dieser an den Tag legte.
Sein Vater war Choleriker und das wusste auch so mancher in unserem Örtchen. Adriano hatte Leute die in einem besseren Umfeld aufgewachsen waren schon immer beneidet. Das hat er mir auf Talias 16. Geburtstag erzählt, vor einem Jahr. Das war auch der Grund wieso der ein oder andere sich in der Schule vorsehen musste und ihm lieber nicht vor die Augen treten durfte.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ihm ebenfalls von der Scheidung meiner Eltern erzählt und dass mein Dad uns verlassen würde. Ich schätze, dass ich ihm dadurch noch sympathischer geworden war und es für ihn einfacher war mich zu akzeptieren, im Gegensatz zu Kids aus heilem Elternhaus.
Und dass er sich schon so früh gegen seinen Vater stellen musste, hatte ihn enorm geprägt. Er war nicht schwach und nachgiebig geworden, wie andere sondern hatte sich eine harte Schale zugelegt.
Und zwar keine Erlös-mich-ich-bin-ein-bedauernswerter-Badboy-mit-harter-Schale-und-weichem-Kern, sondern er war emotional wirklich abgestumpft und hatte wenig Empathievermögen. Er interessierte sich nur dafür dass es ihm gut ging.
Ich verstand es. Ich konnte es wirklich nachvollziehen. Anfangs hatte ich auch beim Streit meiner Eltern noch jedes Mal geweint und mir die Ohren zugehalten und immer gedacht: Was wenn das das Ende ist? Was wenn sie sich diesmal nicht wieder zusammenraufen? Es war schließlich mein Zuhause und meine Familie.
Und jedes Mal tat es wirklich sehr weh, wenn sie sich anschrien wie sehr sie den anderen doch hassten und satt hatten. Doch mit der Zeit stumpfte ich ab und es wurde mir egal wenn und wie laut sie stritten.
Es war gewohnte Routine und ich konnte ganz normale Tätigkeiten erledigen, wie Serien gucken oder Musik hören, während sie sich unten die Seele aus dem Leib fluchten und Kochtöpfe herum flogen. Meine Mum hatte immer gleich zu den Kochtöpfen gegriffen. Den einen hatten wir immer noch. Er war total verbeult.
Allerdings hatte ich mich nur daran gewöhnt und bin ansonsten gleich geblieben. Ich hatte andere nicht um ihre noch immer verheirateten Eltern beneidet. Aber ich verstand Adriano damals.
Und je älter er wurde desto mehr merkte man wie sehr er sich emotional von Dingen isolierte, damit es nicht so weh tat. Was ich an ihm geliebt hatte? Dass er für alles was er wollte kämpfte, was aber gleichzeitig auch eine seiner negativen Seiten war. Seine Stärke alles und jeden auszuhalten, auch davor hatte ich großen Respekt.
Und jetzt hatte ich ihm gesagt was ich mittlerweile über ihn dachte. Ich hielt seinen ganzen Bullshit nämlich nicht mehr aus. Mich so fertig zu machen, weil ich mit Tae befreundet war. Und Tae so fertig zu machen einfach weil er für mich da war. Und diese Wut auch an unserem hellblauen Team auszulassen!
Nur weil ihm etwas nicht passte, konnte er nicht die ganze Welt dafür büßen lassen! Seine Wut sollte er irgendwo anders rauslassen, aber nicht an meinen Freunden und mir!
Nun starrte ich in seine dunklen Augen und wusste nicht wie er reagieren würde. Auf seiner Stirn bildeten sich starke Falten und seine Lippen bebten, bis er seinen Mund aufmachte und zischte: "Du hast keine Ahnung wie er ist. Also spiel dich hier nicht so auf, als wüsstest du alles! Als würdest du mir nahe stehen! Denn das tust du nicht. Du warst nur ein Zeitvertreib, verstanden?"
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Blue [BTS V FF]
Fanfiction"You never judge me for any of my fears." Azzurro ist Italienisch für Himmelblau. Diese Geschichte hat viele Farben, aber Blau beschreibt sie am Besten. Der Sommer in Italien ist für Valeria immer himmelblau. Der Himmel, das Meer und ihr Gemütszust...