8. Kapitel: Faustschlag

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„Ich... Ich glaube, ich war hier schon mal". Ich sehe wieder durch die Gegend, aber das Gefühl ist weg.

„Ja! Ja, natürlich warst du hier schon mal... Erinnerst du dich an irgendwas konkretes?". Niall macht gerade eben der Sonne ernsthafte Konkurrenz. Er strahlt wie noch nie zuvor und in seinen Augen liegt dieser glückliche Ausdruck wie jedes Mal, wenn ich ihn erwische, dass er mich ansieht. Ich lasse mich wieder nach hinten fallen, atme noch einmal tief ein. Vor meinen Augen blitzt ein Bild auf. Nur kurz. Die Sonne scheint wie heute und ich sehe Niall, wie er mir eine Kusshand zuwirft. Das Glücksgefühl ist zurück.

„Da... da bist du", murmele ich, beuge mich wieder vor.

„Erzähl's mir." Er drückt einen Kuss auf meinen Handrücken, sieht mich ernst an. „Bitte sag's mir, Josy...".

„Du bist da und wirfst mir eine Kusshand zu... Die Sonne scheint... Das war's." Fast erwarte ich, dass er mich enttäuscht ansieht, aber irgendwie geht sein Grinsen gar nicht mehr aus seinem Gesicht.

„Weißt du, was das heißt, Josy?" Ich schüttele nur den Kopf. „Das bedeutet, deine Erinnerungen werden zurückkommen". Schneller als ich blinzeln kann, hat er mir einen Kuss auf die Lippen gedrückt und ist zurück zu den anderen gesprintet. Ich starre ihm nach, fahre mit dem Finger über meine Lippen. Was... Was sollte das denn jetzt?

„Du bist überfordert. Ein kleines bisschen vielleicht?" Louis lässt sich neben mich fallen. Ich nicke nur. Ein kleines bisschen ist zu wenig um das gerade eben zu beschreiben. Immer und immer wieder spiele ich in meinem Kopf diese kleine, in meinem alten Leben wahrscheinlich völlig unwichtige Szene ab, versuche, mir jedes kleine Detail einzuprägen. Von der Farbe von Niall's Schuhen bis zum Gesichtsausdruck. Ich will das nicht wieder vergessen. Ich muss mich an dieses Bild klammern.

„Du musst wissen... Niall liebt dich... Über alles...Aber ich glaube, dass er nicht versteht, dass du Zeit brauchst. Ich kann mit ihm reden, wenn du willst". Wäre vermutlich das beste. Wieder nicke ich nur. Immer noch spüre ich Niall's Lippen auf meinen, genauso präsent wie die Erinnerung. „Okay, okay... Da muss der Experte ran... Ich mach das für dich. Und gebe Niall einen Ratschlag. Und du versuchst... dich zu erinnern, okay? Papa Louis macht das", lacht er und umarmt mich kurz. „Nach den Proben gehe ich zu ihm. Und du gehst zu Liam. Der passt dann auf dich auf". Er grinst mich an.

„Ich brauche keinen Aufpasser", protestiere ich, aber Louis hält mir die Hand vor meinen Mund.

„Natürlich brauchst du den! Du bist verletzt und dich kann man nicht alleine lassen, glaub mir."

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„Hallo Josy. Ich bin Liam". Ein großer, braunhaariger Mann steht vor mir, grinst mich an.

„Hey", murmele ich und beobachte, wie Louis auf Niall zugeht.

„Er hält ihm jetzt eine Standpauke, pass auf", lacht Liam und lässt sich neben mich auf die Bank fallen. „Du bist ziemlich verwirrt oder?". Ich nicke. „Du musst nur eins wissen... Niall liebt dich und er tut alles für dich". Ja... Vermutlich ist das das Problem. Er liebt mich, ich ihn nicht. Und ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich will ihn nicht verletzen und will es ihm nicht sagen, weil ich Angst habe, dass er mich rausschmeißt. Auch wenn ich mir verdammt sicher bin, dass er das nicht tun wird. Aber wenn doch... dann hab ich ein richtiges Problem. „Nicht so viel nachdenken", lacht Liam und wackelt mit dem Zeigefinger vor meiner Nase herum. Wider Willen muss ich doch ein bisschen grinsen. Er scheint nett zu sein. Und Louis auch. Trotzdem liegt mein Blick auf Niall. Louis redet ziemlich auf ihn ein und auch auf die Entfernung hab ich das Gefühl, dass er unter seinem Wortschwall immer kleiner wird. Erst als er winkt, humpele ich mit Liam's Hilfe zu ihnen.„

"So, alles geklärt... Hab ich gut gemacht", lacht Louis. Ich nicke nur. Wäre interessant zu wissen, was er ihm gesagt hat.

„Mhm... Josy, kommst du?" Niall wirkt fast schüchtern, als er mir eine Hand auf den Rücken legt und mich langsam zum Auto bringt. „Sag bitte, wenn's dir zu viel wird". Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm um. „Hör mal, Niall... Keine Ahnung, was Louis da zu dir gesagt hat... Aber du überforderst mich nur in ganz wenigen Situationen... Und ich hätte dir das schon gesagt, aber ich will einfach nicht, dass du dir unnötig Sorgen machst". Vorsichtig schlinge ich meine Arme um ihn, lege meinen Kopf auf seine Brust. Keine Ahnung, warum ich das mache, aber es fühlt sich gut an.

„Okay...", flüstert er und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. „Aber jetzt müssen wir... Ich hab nämlich Hunger". Er zwinkert mir zu und wir gehen weiter Richtung Auto.

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„Was willst du essen?", ruft Niall aus der Küche. Ich sitze im Wohnzimmer auf der Couch mit einem Buch. Niall wuselt seit wir wieder hier sind um mich herum, ist wieder überbesorgt, aber mir geht's gut. Er überfordert mich nur, wenn er mich küsst und das hat er bis jetzt erst zweimal gemacht, also ist das ja nicht schlimm.

„Mach einfach irgendwas", antworte ich. Irgendwas... Er wird schon wissen, was ich am liebsten gegessen habe. Eine halbe Stunde später hat er tatsächlich Hähnchencurry gemacht und führt mich zum Esstisch.

„Also... Ich hoffe, das schmeckt... Normalerweise kochst immer du", lächelt er verlegen und fährt sich durch die Haare. „Ich mein, du hast immer gekocht... Also... Tut mir leid. Das ist alles beschissen... Du hast nie eine Ahnung, wovon ich eigentlich rede und ich weiß das alles... Und am liebsten würd ich dich jede Sekunde küssen und berühren, aber ich will dich nicht überfordern... Und jetzt hast du dich an was erinnert und das hat mich so glücklich gemacht und dann warst du wieder so komisch distanziert und ich versteh dich einfach nicht", seufzt er.

„Niall...", murmele ich. Irgendwo verstehe ich ihn.

„Siehst du... Das ist schon die erste Sache... Niemand sagt Niall zu mir, außer meiner Oma... Sag bitte einfach Nialler... So... So wie früher". Er nimmt meine Hand, streicht leicht darüber.

„Es wird aber nie wieder so wie früher...". Eine Träne rollt über meine Wange. Ich kann nicht verhindern, dass ich jetzt heule...

„Doch, das wird es... Ich glaube da dran. Du hast dich an was erinnert, also muss auch der Rest zurückkommen! Und wenn nicht, dann geben wir dir neue Erinnerungen... Ich liebe dich, Josy, und ich will dich einfach nicht verlieren". Sein liebevoller Blick jagt mir einen Schauer über den Rücken und liebend gern würde ich mit Ich dich auch antworten, aber das wäre ja nicht die Wahrheit. Vielleicht muss er es jetzt erfahren.

„Ich... Niall... Ich weiß aber nicht, ob ich dich liebe."

*****

Votes? Kommis? :D

Bis zum nächsten mal!

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