25 Kapitel: Zwei mal schwarz

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"Niall Horan! Hast du vor, weiter zu tratschen oder gesellst du dich endlich mal zu uns?“ Ich zucke zusammen. Harry steht einige Meter von uns entfernt, die Arme verschränkt und funkelt Niall böse an. 

„Ich geh dann mal... Wartest du noch auf mich...? Ich denk, wir müssen was klären." Er lächelt mich an und ich nicke kurz, bevor ich mich wieder auf den Stuhl setze.

Einsicht.

Für mich ist das eher ein Gespräch, ein ernstes, das alles klären wird. Das mir alles erklären wird – zumindest hoffe ich das. Während der Aufnahmen liegt mein Blick immer häufiger auf Niall und ich kann es nicht verhindern. Ich kann nicht verhindern, dass ich automatisch die Hand kurz hebe, wenn er winkt. Oder sein breites Grinsen erwidere.

Was Liam alles mit einem wissenden Blick kommentiert hat. Naja, soll er doch und vielleicht sollte er sich mit Sarah zusammentun, anscheinend haben die Beiden dieselben Ideen. Die gar nicht so sehr in die falsche Richtung gehen können. Immerhin hab ich schon ziemlich... aggressiv und eifersüchtig... reagiert. Und da muss was da sein, was das verursacht, aber ich weiß nicht was. Ob es nur das Wissen war, dass er eigentlich mich liebt und dann schon die nächste haben könnte... Oder ob da wirklich Gefühle – sowas wie Liebe – im Spiel ist... Ich kann es nicht einordnen, gar nichts. 

Nach den Aufnahmen holt er mich direkt ab, hält mir dann sogar die Beifahrertür auf. Die zerstrubelten Haare hängen ihm leicht ins Gesicht, machen ihn unendlich putzig, aber eben nur putzig im Sinne von 'Oh wie lieb, die Haare will ich verwuscheln' und nicht süß oder so. Einfach putzig. So kindlich. Ich weiß es selbst nicht. Das alles verwirrt mich gerade enorm und ich kann nichts einordnen, weder meine Gedanken noch meine Gefühle. Gar nichts. Das ist richtig beschissen.

„Meine Eltern sind weg...“, murmelt er, als er vor unserem Haus hält. Unser Haus. Sein Haus. Mein Haus. Das kann ich genauso wenig einordnen. Das Haus haben wir doch anscheinend gemeinsam angeschaut, gemeinsam ausgesucht, gemeinsam gekauft. Vor meinem Unfall. Und dann der Unfall... Ist es überhaupt noch mein Haus? Darf ich es als unser Haus bezeichnen? Mit einem Seufzen steige ich aus und warte darauf, dass Niall die Haustür aufschließt.

„Also, du wolltest reden?“ Ich hab mich auf die Couch fallen lassen, auf der ich so oft gehockt bin und beobachte ihn, wie er sein Zeug aufräumt und nebenbei immer wieder zu mir sieht. Sein Blick ist nicht gerade aufschlussreich, immer wieder runzelt er die Stirn, als würde er überlegen, ob ich noch in dieses Haus passen würde und was weiß ich. Aber ich muss es irgendwo doch zugeben: Ich fühle mich hier wohl. Verdammt wohl und wenn wir nicht reden müssten, würde ich mich auf der Couch zusammenrollen und eine Runde schlafen. 

„Ehm jaa... Warum bist du hier?“, fragt er plötzlich und ich zucke zusammen.

„Ich hab nachgedacht... Über das alles und die ganze Situation und irgendwie ist es uns doch beiden scheiße gegangen und Sarah hat dann was ganz schlaues gesagt und irgendwie... Keine Ahnung... Auf jeden Fall bin ich jetzt hier." Ich starre auf meine verschränkten Hände. Es ist komisch. Alles, verwirrend, irritierend. 

„Und ich bin froh, dass du hier bist. Auch wenn ich dir das alles, was Liam dir gesagt hat, selber mal sagen wollte und das ganze viel romantischer gestalten wollte, als eine betrunkene Pseudoliebeserklärung... Also romantischer als es eben war“. Er lacht kurz, aber freudlos auf, wirft seine Jacke Richtung Treppe. Oh Niall.

In Momenten wie diesen, wo er so selbstkritisch scheint, gebe ich mir selbst besonders die Schuld daran. Daran, an dem Unfall, an der jetzigen Situation. Manchmal würde ich einfach gern die Zeit zurückdrehen bis zu dem Moment, an dem ich damals in Brighton – wie man mir erzählt hat – losgefahren bin. Vielleicht noch ein bisschen früher. Ich würde mich selbst mit dem Zug fahren lassen anstatt mit dem Auto, denn wenn das so passiert wäre, wäre der Unfall gar nicht passiert, ich hätte mein Gedächtnis noch. Wäre schwanger. Vielleicht verlobt. Und es gäbe diese ganze unangenehme Situation nicht, dass Niall und ich uns ansehen, nicht wissen, was wir sagen sollen. 

"Gibt schlimmeres“, nuschele ich schließlich, kann meinen Blick nicht von ihm wenden. „Zum Beispiel bei einem Unfall sein Gedächtnis verlieren." Das wollte ich nicht sagen, aber sofort sitzt er neben mir und hat mich in den Arm genommen.

„Tut mir leid, dass ich dich damals so bedrängt hab und allgemein... Ich bin einfach nicht drauf klargekommen, dass du mich von jetzt auf gleich nicht mehr erkannt hast und nichts mehr von uns gewusst hast... Das... Es hat weh getan, es hat sich angefühlt als hättest du irgendwie Schluss gemacht...." Er seufzt. 

„Hab ich ja... Dann. Irgendwie." Ich sehe ihn nicht an, vergrabe mich einfach tiefer in der Umarmung. Ich brauche das. Ich brauche den Halt. Den Halt, den mir bisher niemand so geben konnte wie er. Seine Umarmungen wirken fast wie ein Beruhigungsmittel auf mich. Vielleicht Auswirkungen von vor dem Gedächtnisverlust. Vielleicht eine Bestätigung für all das, was Sarah gesagt hat. Ich weiß es nicht.

„Aber jetzt bist du hier." Es ist komisch. Wir sitzen hier, in dem Haus, wo alles angefangen hat und ich fühle mich wohl hier. Es ist alles komisch und verwirrend und irritierend momentan. Alles einfach.

„Mhm... Maria vermisst dich“, platzt es aus mir heraus. 

„Ich weiß... Aber ich hab gedacht, du willst mich nicht mehr sehen... eigentlich wollt ich ja nochmal vorbeikommen, aber ich wollte keinen Streit mit dir und die SMS, die war blöd und alles einfach..." Er fährt sich durch die Haare, lächelt verlegen. 

„Naja, aber ohne diese SMS säße ich jetzt nicht hier." Ein Grinsen huscht über mein Gesicht. 

„Stimmt... Also sollten wir das feiern, dass ich betrunken sinnlose SMS schreib... Willst du Kuchen?“, Er steht auf, geht Richtung Kühlschrank.

„Immer“, grinse ich und folge ihm. Wie schnell sich doch eine beklemmende Situation auflösen kann. 

*

Und jetzt sitzen wir auf der Terrasse, essen den Rest Schwarzwälder Kirschtorte, den Niall's Mom da gelassen hat, genießen die Sonne.

Wir schweigen, aber es ist kein unangenehmes Schweigen, sondern eher ein 'Wir sehen uns immer wieder an, aber wir trauen uns nicht, die Atmosphäre zu zerstören'-Schweigen.

Ich hab jedes Zeitgefühl verloren, was nicht zuletzt an Niall liegt und dieser abartig guten Torte. 

„Soll ich dich dann später zu Liam fahren?“ Ich zucke leicht zusammen, aber der Schreck legt sich sofort wieder. 

„Wenn's keine Umstände macht." Nein, Niall macht nie etwas Umstände, wenn es um mich geht. Niall ist nicht egoistisch, er ist ein wunderbarer Mensch. Und ich hab ihn so oft vor den Kopf gestoßen. Selbst deswegen mache ich mir Vorwürfe. Vielleicht hat Sarah recht. Vielleicht haben sie alle recht. Ich weiß es einfach nicht! Und das regt mich übelst auf!

„Macht's nicht."

*****

Ein nachträgliches Geburtstagskapitel von mir :*

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