Sophie sah Claras Nummer im Display aufleuchten und seufzte. Auch wenn sie es nachvollziehen konnte, ging ihr die übermäßige Vorsicht der beiden allmählich ein wenig auf die Nerven. Sie liebte die beiden wie die Familie, die sie nie gehabt hatte, aber das bedeutete nicht, dass sie nicht manchmal genervt sein konnte. Sie schluckte es runter und hob ab.
„Hallo Clara. Ich habe leider noch keine Antwort aus York, falls du deshalb anrufst." Sie lächelte, auch wenn Clara es nicht sehen konnte.
„...Nein" Ein schluchzen drang durchs Telefon. „Sophie...hilf mir!", schluchzte das Mädchen durch die Leitung.
Sophie fühlte Sorge in sich wachsen. „Was ist denn, Liebes?", fragte sie sanft. „Beruhig dich erst mal und dann ganz langsam", ermutigte sie die Teenagerin.
„Sie... sie haben ihn." Clara schluchzte.
Wer hatte wen? „Jordan?", vermutete sie.
„Nein... P-Papa." Clara wimmerte erneut und verlor sich in einem Schwall von Schluchzern und selbst durch das Telefon konnte sie Claras Zähne klappern hören.
„Was?" Sophie stand auf. „Clara – nochmal ganz deutlich: Was ist los?"
„Der... der Rollstuhl", sie verstummte, „er ist weg."
Sophie zog die Stirn kraus, aber aus ihrem Gestammel fiel es ihr schwer, sich ein Bild zu machen. „Okay, pass auf. Ich komme einfach zu dir, ja? Es dauert nur ein paar Minuten, schaffst du das?"
Ein kurzes Schweigen. „Ja...", hauchte Clara dann durch die Leitung.
„Gut. Versuche, dich etwas zu beruhigen, ich bin gleich bei euch." Sie griff ihre Jacke und verließ im Laufschritt das Büro. Ohne zu fragen, griff sie den Schlüssel vom Haken und lieh sich einen der Dienstwagen. Ein schlechtes Gefühl hatte sie übermannt und sie trat aufs Gas.
Es war nicht weit bis zum Haus des Zeugenschutzes. Einfach einmal durchs dritte Quarter und sie war da, an der Grenze zum vierten Quarter stand nur zwei Grundstücke weiter das Haus. Auf den ersten Blick sah alles normal aus. Sie sprang aus dem Auto und lief zur Haustür, im Laufen auf den Schlüssel drückend, um abzuschließen, und klingelte an der Haustür. Die Tür ging ohne Wartezeit auf. Clara saß davor auf dem Boden, tränenüberströmt, das Handy in der Hand und eine Krücke neben sich. Sophie hockte sich neben sie.
„Was ist denn passiert?" Sie strich ihr übers Haar. „Wo ist dein Vater?"
„Weg", flüsterte Clara und sah sie an wie ein Rehkitz. „Du musst ihn finden", flüsterte sie.
„Bist du sicher, dass er nicht einfach nicht gesagt hat, dass er wegfährt?", besonders realistisch war das nicht. Schließlich war Charles alleine kaum in der Lage, ein paar Blumen zu gießen, geschweige denn raus zu gehen und etwas zu erledigen. Allerdings war er auch stur und bestand darauf, trotz seiner Behinderung vieles selbst zu machen.
„Wohnzimmer", flüsterte Clara nur und Sophie verstand. Seufzend erhob sie sich und trat ins Wohnzimmer. Bei dem Anblick zuckte ihre Hand zu der Waffe, die Polizisten in Chestersville entgegen der restlichen Englischen Polizei trugen, weil es vor allem in den unteren Quartern häufig zum Äußersten kam und eine Schusswaffe einfach überzeugender war als ein Schlagstock. Als erstes fiel ihr Blick auf den Drudenfuß und den umgekippten Rollstuhl. Dann wanderte ihr Blick durch den Raum, traf den zertrümmerten Tisch und die übriggebliebene Krücke und ließ auch ihr keine Zweifel daran, dass die Satanisten die ehemalige Familie Stedford eingeholt hatten. Sie seufzte und ging auf den Stuhl zu und erblickte dann ebenfalls die Strohpuppe. Seufzend griff sie nach ihrem Funkgerät und kontaktierte das Revier. „Ja, ich brauche Verstärkung im Haus Hackley. Eine Person offensichtlich gewaltsam erführt, eine Person verstört, aber unverletzt."
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Allegiance- Possenspiel
Mystery / ThrillerTeufel gibt es überall. Sie tragen keine Hörner und haben keine Ziegenhufe. Alle Teufel sind Menschen! Frei wer sich selber befreit, denkt sich Clara und zieht mit ihrem Vater in eine neue Stadt, für ein neues Leben. Doch schnell muss sie feststell...