Gally | Erinnerungen

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ACHTUNG SPOILER

Ich wehrte mich nicht, sie waren sowieso stärker. Stumm saß ich neben Branda im Auto und sah zu den maskierten Männern, die uns eben in den Van gezogen hatten. Branda sah zu mir und ich schaute weg. Ich konnte ihr keine Hoffnung geben und sicher würde ich nicht gegen drei riesen kämpfen, sie musste einsehen, dass es dumm wäre.

Wir fuhren nicht lange, nur ein paar Minuten, dann wurden die Türen hinter uns geöffnet und wir stiegen langsam aus. Viele bewaffnete Männer und Frauen, alle mit Masken vor dem Gesicht standen um die Autos.

Newt und Thomas stiegen auch gerade aus. Jorge dagegen lag auf dem Boden und prügelte auf einen der Männer ein. Brenda rannte zu ihm, sagte ihm, dass es ihr gut ginge.

Mir wurde kurz übel, die Erinnerungen kamen hoch, doch ich schob sie weg. Ich hatte so lange gebraucht, bis ich sie kontrollieren konnte, dass durfte ich nicht wieder verlieren, erst recht nicht jetzt, wo wir so kurz davor waren Minho zu retten.

Ich schwieg, hielt mich im Hintergrund, währen Thomas redete. Eigentlich war es untypisch für mich, zumindest für mein Früheres ich, fügte ich in Gedanken hinzu. Ich hatte mich geändert, seit... Wieder ließ ich meine Gedanken abrupt enden. Stattdessen sah ich zu dem Mann, der gerade mit Thomas geredet hatte und nun seine Maske absetzte.

Plötzlich drehte sie alles. Es war unmöglich, er konnte nicht hier sein, er konnte nicht Leben. SO viel kam hoch, Dinge, die ich längst vergessen hatte und Sachen, die ich versucht hatte immer und immer wieder zur Seite zu schieben.

Gally am Feuer, wie das Licht des Feuers über sein Gesicht tanzte, meine Hände in seine viel größeren, sein Blick, den er nur mir schenkte, unsere Lippen, die sich verbanden und dann ja dann kamen die schlimmen Erinnerungen. Wie er mich anschrie, als ich sagte, ich wollte mit Thomas das Labyrinth verlassen, wie er meinte, er habe mich nie geliebt, sicher er war wütend gewesen, aber es hatte weh getan. Als Nächstes das Bild wie der Speer ihn durchbohrte und er dort lag. Ich hatte zu ihm laufen wollen, denn nach als dem Hass liebte ich ihn noch so sehr, doch erst hielt Minho mich auf und dann kamen die Männer von Wicked.

Mir stiegen Tränen in die Augen, doch ich schluckte sie runter. Thomas rannte zu Gally, holte schon aus zum Schlag, doch ich war schneller. Es klatschte und meine Hand begann zu brennen, als ich seine Wange traf.

In mir brodelten die Gefühle der ganzen letzten Zeit, seit ich ihn verloren hatte. Ich war wütend, wütend auf ihn, auf Wicked, irgendwie auch auf Minho, doch am meisten auf mich. Ich hatte es nicht geschafft ihn zu retten.

Erneut schlug ich Gally. „Du scheiß Idiot" zischte ich wütend. Er sah mich nur an. In seinen Augen sah ich Schmerz, nicht die Art Schmerz, wegen der seine Wange gerade rot anlief, sondern innerer Schmerz.

Ich drehte mich von ihm weg. In diesem Moment wollte ich nichts lieber als alleine sein. Auf der Lichtung wäre ich in die Deadheads gegangen um ungestört denken zu können.

Warum hatte Gally mich nicht gesucht, nachdem er wohl wieder gesund gewesen war? Hatte er es damals ernst gemeint, als er gesagt hatte, er hätte mich nie geliebt.

„Scheiße." zischte ich erneut und ging los. Ich musste nachdenken, alleine. Ich lief zwischen den Autos durch und den Weg, den wir eben wohl gefahren waren. Ich schlug die Hand eines Typen weg, der mich aufhalten wollte. Es ging nicht darum, Thomas im stich zu lassen, aber ein paar Minuten brauchte ich für mich. Thomas verstand das, denn niemand kam mir nach. Ich würde ihn nicht verraten und nicht verlassen, schließlich war Minho auch mein Freund.

Als ich weit genug weg war und sie mich nicht mehr sehen konnten, setzte ich mich hinter eine Betonwand. Ich zog die Beine an und legte meinen Kopf auf meine Knie.

Ich liebte Gally, hatte es immer und würde es immer, das war klar, aber es war viel passiert. Ich hatte mich seit seinem Tod wie ferngesteuert gefühlt. An fast gar nichts konnte ich mich erinnern, weder an Einzelheiten der Flucht von Wicke, noch an das erste Treffen mit Brenda und Jorge. Alles war nur an mir vorbeigezogen, meine Gedanken waren bei Gally und das wir uns gestritten hatten, bevor er gestorben war.

Gally war immer groß darin gewesen sich zu streiten, aber wir hatten uns immer vertragen, bis auf dieses eine Mal. Ich merkte, wie jetzt die Tränen kamen und sie langsam über mein Gesicht liefen. Wie ich es hasste, nur Gally konnte mich zum Weinen bringen.

Ich hörte Schritte. „Verschwinde." meinte ich, ohne den Kopf zu heben.

„Mel..." ich zuckte zusammen, es war Gally nur er sprach meinen Namen so aus.

Ich konnte förmlich spüren, wie er sich vor mich kniete. Er legte zwei Finger unter mein Kinn und hob es leicht an. Sein Gesichtsausdruck war ungewöhnlich sanft, nur ein paar mal hatte ich genau diesen gesehen.

„Mel." wiederholte er. „ich... es tut mir so leid. Ich meine alles-" ich unterbrach ihn.

„Glaubst du, das macht es wieder gut. Du hast so viel kaputt gemacht, du hast uns kaputt gemacht." ich betonte uns und sah, wie Gally unter meinen Worten litt. Es tat mir sofort Leid, aber ich sagte nichts, sondern erhob mich nur. Gally tat es mir gleich, mit hängendem Kopf, stand er da. So wie einmal als ich ihn angeschrienen hatte, weil er einen Greenie geschlagen hatte, der mit mir geredet hatte.

„Warum hast du mich nicht gesucht?", flüsterte ich und hatte Angst vor der Antwort.

„Wo hätte ich suchen sollen?", murmelte er. Er hatte recht, er hatte nicht mal wissen können, ob wir noch bei Wicked waren oder ob wie hatten fliehen können.

Eine erneute Tränenwelle eroberte mein Gesicht.

„Hast du" ich stockte „Hast du damals die Wahrheit gesagt? Ich meine als du sagtest, du hättest mich nie geliebt." er sah entsetzte auf.

„Nein, natürlich nicht, es war das dümmste was ich je hätte sagen können. Und nichts habe ich mehr bereut, als diesen Satz bevor du ins Labyrinth verschwunden bist." irgendwie fühlte ich mich erleichtert, nachdem er das gesagt hatte.

„Bitte Mel es tut mir alles so leid, alles was ich gesagt habe und alles was ich dummes getan habe." Ich überbrückte den halben Meter zwischen uns und fiel ihm um den Hals. Seine Umarmungen hatte ich immer geliebt, sie gaben mir Sicherheit egal, wo ich war, wenn er seine Arme um mich gelegt hatte, konnte ich damals sogar für ein paar Augenblicke vergessen, dass wir zwischen großen Mauern gefangen waren.

Ich holte Luft und zog seinen Geruch ein, er hatte sich kaum verändert. Nach ein paar Sekunden strich er sanft über mein Rücken.

„Tu mir so was nie wieder an", murmelte ich in sein Ohr, als Antwort küsste er sanft meine freie Haut am Hals: „nie wieder." flüsterte er in mein Haar.

Langsam löste ich mich von ihm, sah ihm ins Gesicht und küsste ihn schließlich. Seine Lippen fühlten sich tausendmal besser an als in meinen besten Erinnerungen.

One Shots || CloseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt