Paul Lahote | Familie

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Ich summte leise, während ich malte. Ich zeichnete wie immer das gleiche. Meine Eltern. Ich hatte sie zwar nie bewusst gesehen, aber ich malte so wie ich sie mir vorstellte. Sie würden wieder kommen, das sagten zumindest die Erzieher. Ich wartete jetzt schon sieben Jahre und trotzdem gab ich die Hoffnung nicht auf (Sieben Jahre war übertrieben, aber solange ich denken konnte). Ein Strich nach dem anderen, bis es klopft. Ich antwortete nicht, sie kamen sowieso rein, auch wenn ich nichts sagte.

„Lisa, Engel, Besuch ist da."

Erst jetzt drehte ich mich um und sah Carolin, ein Mann und eine Frau. Ich musterte sie, die Frau sah fast so aus als würde sie gleich weinen, eher vor Freude als das sie wirklich betrübt wirkte. Ich erhob mich.

„Hallo Lisa." Die Frau beugte sich zu mir runter und lächelte. „Ich bin Emily und das ist Sam." ich schaute etwas unsicher zu Carolin, die anfing zu reden: „Lisa, wir haben dir doch gesagt das deine Mum und dein Dad irgendwann wieder kommen." schon bevor sie weiter redete, huschte mein Blick zu Sam und Emily. Emily die immer noch vor mir kniete, lächelte weiterhin, auch wenn sie etwas ängstlich wirkte.

Ich konnte es kaum glauben, ich hatte sie mir immer gewünscht und jetzt waren sie wirklich da.

Ich fing an zu lächeln und fiel der Frau vor mir um den Hals. Sie hielt mich fest und drückte mich an sich.

„Mein Engel, jetzt kommst du nach Hause." sie flüsterte es in meine Haare, während sie mich hoch hob.

Noch am selben Abend fuhren wir wirklich nach Hause. Nicht nur wegen dem Meer, dem Wald und dem Strand fand ich alles wunderbar, sondern auch weil ich nun endlich eine richtige Mum und einen richtigen Dad hatte.

Abends war nicht mehr richtig viel Zeit, denn ich schlief so gut wie sofort.

Nach und nach gewöhnte ich mich ein.

Nach zwei Wochen hatte ich Paul am meisten ins Herz geschlossen. Er war ein Freund von meinem Vater und nach wenigen Tagen schon wie ein Bruder für mich. Sam gefiel das am Anfang nicht, ich hörte oft wie er und Paul sich stritten, doch es wurde weniger.

Mit neun Jahren erklärte mir Sam das mit der Wolfssache. Ich hatte ihm natürlich nicht geglaubt, doch dann hatte er sich verwandelt und ich hatte wohl den Schreck meines Lebens.

Weitere acht Jahre später konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, nicht hier zu leben. Gerade war ich auf dem Weg zum Strand. Dort hatte ich mich mit Paul verabredet unsere Beziehung war genauso gut wie früher, wenn nicht noch besser.

Ausnahmsweise regnete es heute nicht und das obwohl es Herbst war (Im Herbst regnete es in Forks fast durchgängig). Der Himmel war trotzdem von dunklen Wolken verhangen und die Sonne schaffte es nicht hindurch.

Paul wartete schon, er saß auf einem Baumstamm, der umgekippt am Strand lag. Wir saßen oft hier, ich weiß nicht genau wann wir damit angefangen hatten, aber jetzt war es eben so.

„Hi, Kleine." er grinste, doch irgendetwas war heute anders, er grinste nicht so wie er es immer tat.

Trotzdem sagte ich nur „Hi." Er würde schon reden, wenn er wollte. Ich ließ mich neben ihn fallen.

„Wir müssen reden."

„Hört sich nicht gut an." Ich schaute zu ihm, er starrte weiterhin aufs Meer.

„Du weißt doch das mit deinen Eltern, ich mein die Verbindung-" Ich unterbrach ihn.

„Ja, klar, das Prägen." Er nickte.

„Genau, das gleiche ist mir auch passiert." Jetzt schaute er zu mir und ich versuchte fröhlich zu wirken. Schon seit einiger Zeit war Paul nicht mehr nur ein Freund, geschweige denn der Bruder von früher. Doch mein Traum mit ihm zusammen zukommen, zerbrach in tausend Teile und trotzdem lächelte ich. Im Grunde wusste ich, dass ich ihm nichts vormachen konnte, dafür kannte er mich zulange. Dennoch versuchte ich eine gute Freundin zu sein und mich für ihn zu freuen.

„Das ist.... ähm das kommt unerwartet." Ich musterte mich und fing an zu lächeln.

„Es ist schon Ewigkeiten her." ich nickte, toll wir waren wohl doch nicht so gute Freunde.

„Du bist diejenige." meinte er leise. Mein Blick huschte zu ihm und ich brachte kein Wort heraus.

„Das kommt noch unerwarteter." meinte ich leise und lächelte.

„Schlimm?" er sah in diesem Moment verletzlich aus, es war etwas was ich so gut wie noch nie gesehen hatte.

„Im Gegenteil." mein Lächeln wurde breiter und auch er sah erleichterter aus.

Langsam beugte er sich vor und unsere Lippen berührten sich. Es war magisch, es sprühten keine Funken und auch kein richtiges Feuerwerk explodierte. Dafür kribbelte ein Bauch und mein Herz raste. Es war einzigartig und einfach Perfekt.


One Shots || CloseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt