Differenzen

4.1K 149 1
                                    

Dienstag, 10:00 AM

Es klingelte zur Pause und Mia sammelte ihre Schulsachen zusammen. Da sie für eine letzte Aufgabe länger gebraucht hatte als gedacht, hatte sie nicht früher einpacken können.
Als sie fertig war, lief sie endlich aus dem Klassenraum hinaus und wollte um die Ecke gehen, auf dem Weg zur Cafeteria, als sie durch ihre Überheblichkeit nur noch einen Anflug von erdbeerfarbenen Haaren sah und einen dumpfen Aufprall spürte.
Sie sah in die lilanen Augen Gakushuu Asanos.
Ohne Essen bin ich zu nichts zu gebrauchen. Immerhin hat sich das nie verändert.
,,Sorry, ich war in Eile.", entschuldigte sich Mia und war bereits dabei, an ihm vorbei zu gehen.
,,Warte, Mia."
Und sie stoppt tatsächlich.
Ungeduldig drehte sie sich um.
,,Möchtest du was wichtiges besprechen? Sonst komm einfach mit, ich muss dringend was zu Essen holen.", erkläre sie und wartete trotz allem geduldig auf seine Antwort.
,,Dann geh, ich komme mit."
-------------------------
Sie setzte sich mit Asano in Ruhe an einem Tisch draußen auf dem Schulhof.
Asano hatte leicht schockiert bei dem Anblick geguckt, als sie innerhalb einer Minute fast das komplette Brot weg hatte.
,,Also, gab es etwas über das du reden wolltest?"
,,Ja. Du wirkst nicht wie jemand, der den Unterricht versäumt. Ich habe gestern und heute bereits gemerkt, dass dir etwas daran liegt den Stoff mitzubekommen. Und unsportlich wirkst du auch nicht."
Und Mia wusste, dass nun das Thema kam, auf das sie vorbereitet war.
,,Wieso warst du dann gestern in Sport nicht da?"
Mia lächelte, als sie den letzten Bissen hinunterschluckte.
,,Weißt du, Asano, dafür, dass du so von dir selbst überzeugt bist, bist du sehr neugierig. Falls du Angst hast, dass ich den Durchschnitt des Sportkurses beeinträchtige, dann kann ich dich beruhigen. Das wird nicht passiere. Die Sache ist mit dem Schulleiter geklärt, solltest du Fragen haben, kannst du ja zu ihm gehen, immerhin sollten Vater und Sohn über alles reden können."
Sie hatte bereits alles ausgesprochen, als sie ihren Fehler bemerkte.
Und mit einem Mal wurde klar, dass das keine normale Vater-Sohn-Beziehung war.
Asanos Gesicht war frei von Emotionen.
Nicht einmal ein arrogantes Lächeln spielte sich auf seinem Gesicht.
,,Den werde ich sicher nicht fragen.", antwortete er und war dabei seine Tasche zu nehmen und aufzustehen, als Mia ruhig zu sprechen begann:
,,Selbst wenn ich wollte, könnte ich es nicht erzählen. Ich habe an sich keine Geheimnisse, das was ich erzählen kann erzähle ich Leuten, denen ich vertraue. Aber manche Dinge gehen andere eben nichts an."
Asano hatte in seiner Bewegung aufzustehen inne gehalten und sah sie an.
,,Setz dich doch.", sagte sie sanft und nach kurzem zögern setzte er sich wieder hin.
,,Es geht mich nichts an, aber es scheint keine gute Beziehung zwischen euch zu bestehen. Wenn nicht, könnte man sogar meinen, dass ihr im Duell zueinander steht. Man liest viel über euch zwei. Ihr seid sehr...eigen. Ich schätze, umso wichtiger ist es euch beiden, gewisse Dinge voreinander zu bewahren oder herauszufinden, um den anderen zu manipulieren."
Sie hatte bereits ihr nächstes Brot raus geholt und liebäugelte es.
,,Wäre es dann nicht ein wenig unfair, wenn ich dir helfen würde und alles verraten würde?", fragte Mia nekisch und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
,,Ich denke, der schlauste Schüler der Schule, vielleicht auch in der ganzen Umgebung wird raffiniert genug sein um das selber aus seinem Vater gerauszukriegen."
Als Asano die leichte Provokation erkannte, lächelte er nekisch zurück.
,,Hast du gerade zugegeben, dass du mich schlau findest?"
Doch Mia erkannte seinen Versuch sie in die Enge zu treiben.
,,Ich habe nie gesagt, dass du nicht schlau seist.", sagte sie und aß in Ruhe weiter.
Asano hingegen lächelte weiterhin und sie beobachtete ihn kauend dabei.
,,Pass bloß auf,", sagte sie und biss erneut in ihr Brot ,,sonst magst du mich vielleicht noch, wenn du mich weiterhin so anschaust."
Doch Asano lachte nur leicht.
,,Ich habe nie gesagt, dass ich dich nicht mögen würde."
Das überraschte sie dann doch, auch wenn sie gelassen zu ihm sah.
,,Stimmt ja. Ich habe gute Noten und unterstütze die Klasse mit eben diesen Noten. Wie könntest du mich deswegen denn nicht mögen?", sagte sie sarkastisch und fragte sich insgeheim woher dieses lebhafte Gespräch kam.
Und vor allem: seit wann sie derartige Gespräche führte ohne das es nötig sein.
Zur Ablenkung, natürlich sagte sie sich.
,,Genau. Und nur deswegen toleriere ich deine Anwesenheit.", ,,Oh, du tolerierst sie? Mister ich-habe-nie-gesagt-dass-ich-dich-nicht-mögen-würde?"
,,Vielleicht habe ich mich einfach zu nett ausgedrückt."
Mia nickte und rollte die Augen, als sie das letzte Stück aß und es auch schon wieder zum Pausenende klingelte.
,,Kommen Sie, Mister Schülerratspräsident. Wir kommen zu spät."
,,Dann solltest du mich nicht so ablenken."
Mia sah ihn an und hob eine Braue während sie ins Schulgebäude liefen.
,,Du solltest mir nicht auf dem Schulkorridor auflauern UND dich ablenken lassen."
Das brachte Asano zum lachen und Mia schüttelte den Kopf.
Das gefauche und zetern der Mädchen hinter ihnen, nahm sie nur beiläufig wahr.
----------------------------------
,,Mia!"
Mia drehte sich um, als sie dabei war den Berg der 3-E wieder hinabzusteigen.
Auf sie zu kamen Nagisa Shiota und Karma Akabane.
Mia neigte den Kopf.
,,Wollen wir zusammen runter laufen?", fragte der Blauhaarige.
Mia nickte und trat mit ihnen gemeinsam den Rücktritt an.
,,Hey, Mia.", kam die immerzu nekisch klingende Stimme von Karma.
,,Ich habe gehört, du bist in der A-klasse."
Sie sah zu Karma und nickte, als sie Nagisas überraschtes Gesicht sah.
,,Du bist in der A-Klasse und kommst während des Sports und Nachmittags während des Unterrichts hier zu uns?"
Mia hatte bereits die Hassbrigaden der Schüler im Hauptgebäude mitbekommen, doch solange es Worte waren, konnten sie einem egal sein.
Und das beichtete sie ihnen auch.
,,Und außerdem kann es mir egal sein, was andere von euch denken. Ich bilde mir meine eigene Meinung. Solange es nicht zu Auseinandersetzungen kommt, gibt es auch keinen Grund welche hervorzurufen."
Karma hingegen lachte.
,,Für die Auseinandersetzungen sind die Schüler des Hauptgebäudes, neben ihren guten Noten, zuständig.", erwiderte der Rothaarige und Nagisa nickte:
,,Ja, die E-Klasse wird als Endklasse angesehen, in der nur minderbewertete Schüler sind, die entweder keine guten Noten haben oder nur Unfug machen."
Karma, der seine Hände hinter dem Kopf verschränkt hatte, nickte nun dieses Mal.
,,Wenn die Schule zusammenkommt oder die Schüler der E-Klasse auf dem Platz des Hauptgebäudes sind, fallen die dreckigen Wörter auch schon sofort auf uns ein. Sogar die Lehrer ziehen uns auf."
Karma hatte eine sehr abweisende, eher belanglose Stimme, doch Mia wusste, dass es ihm alles andere als egal war, was man über die E-Klasse sagte.
Und doch wollte er sein Schauspiel aufrecht erhalten.
Nagisa hingegen schien offensichtlich bedrückt davon, doch das wunderte Mia nicht.
Nagisa schien eher von der weichen Sorte zu sein. Er ist ein Typ, in dessen Wangen man greifen möchte und einfach zudrücken möchte, wie bei einem Kind.
Und doch schien eine große Last auf seinen Schultern zu sitzen.
,,Das wusste ich nicht. Tut mir Leid.", gab Mia zu. ,,Aber wüssten die Schüler und Lehrer, zu was ihr gemacht werdet, würden die vermutlich nicht mehr so über euch reden. Aber zeigt niemals, was ihr wirklich drauf habt."
Mia sah geradeaus, den ganzen Weg hinunter.
,,Zeigt niemals eure Stärken, sondern lieber eure Schwächen, damit man euch versucht dort anzugreifen. Und im nächsten Moment zieht ihr eure Klinge und haltet sie den anderen vor Augen.", erklärte sie weiter und zückte das grüne Messer, welches sie Karma plötzlich unter das Kinn hielt. ,,Ihr habt mehr in euch und vor allem als Klasse könnt ihr sehr viel erreichen."
Sie spürte die Blicke von Karma und Nagisa, während sie das Messer wieder weg steckte.
Als sie zu ihnen sah, war sie überrascht, wie beeindruckt Nagisa sie ansah.
Sie war zwar in der A-Klasse, doch niemals würde sie Leute diskriminieren, wenn sie sie vor allem nicht kannte.
Das war unlogisch.
Es konnten nette Leute dabei sein und doch sind Menschen so voreingenommen und urteilten über andere.
Nagisa sah sie an, als sei sie eine Weise und automatisch musste sie ihren Arm ausstrecken um ihm leicht durch die Haare zu wuscheln.
,,Ihr habt euer volles Potential noch nicht ausgeschöpft. Auch du nicht Karma. Du bist stark, aber das heißt nicht, dass du durch Erfahrungen nicht besser werden kannst."
Karma lächelte wieder und schloss die Augen, während sie weiterliefen.
,, Vermutlich. Obwohl ich schon echt gut bin."

Just let go.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt