Nähe

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You're the prince of the playground.
~ Alphabet boy - Melanie Martinez

Bahnhof

,,Hätte nicht gedacht, dass du tatsächlich schreibst, Mia-chan.", grinste ihr Karma entgegen, als sie aus dem Zug stieg und in seine Richtung lief.
,,Hätte ich nicht geschrieben, hättest du bestimmt bitterlich geweint. Und solange ich nicht in deiner Nähe bin, macht es keinen Sinn dich zum weinen zu bringen.", ,,Die Freundlichkeit in Person.", bemerkte Karma.
Mia stellte ihr Tasche ab und streckte sich.
,,Zu lange sitzen ist einfach nicht mein Ding."
Karma grinste diabolisch, wie sie sich so streckte und zog sie in eine Umarmung.
Mia legte überrascht die Arme um ihn, eigentlich in dem Versuch, ihn abzuwehren, war aber zu langsam gewesen.
,,Aw, Mia-chan, du umarmst mich ja zurück. Hast du mich vermisst?"
Sie rollte nur die Augen.
,,Nicht wirklich. Und vor allem nicht deine Umarmungen, die du nur nutzt um mich zu ärgern."
Karma löste sich und legte den Kopf schief.
,,Wie kommst du darauf, dass ich dich nur ärgern möchte? Ich möchte dich auch in Verlegenheit bringen."
Mia hob spielerisch eine Augenbraue.
,,Als wenn du das jemals schaffen würdest, Akabane."
Er zuckte mit den Schultern.
,,Unterschätz mich nicht, Mia-chan."

,,Wie war euer erster Tag? Habt ihr schon bestimmte Orte ausmachen können, um Korosensei zu töten?"
Karma schüttelte den Kopf.
,,Wir haben uns zwar umgesehen, aber wir wurden verhindert."
Mia neigte den Kopf und sah ihn an, während er neben ihr her lief.
Er trug ihre Tasche auf dem Weg zurück.
,,Uns haben andere Schüler angegriffen und Kayano sowie Kanzaki entführt.", erklärte Karma kurz.
,,Was?", fragte Mia nur, aber zu seiner Überraschung sehr ruhig.
,,Durch Korosenseis Stadtplan und seinen Tipps in dem Leitbuch haben wir sie schnell finden können. Auch Korosensei kam dazu und hat geholfen. Kayano und Kanzaki geht es gut."
Aber Mia hörte einen unterschwelligen Ton in seiner Stimme mitfließen.
,,Karma, alles okay?", fragte sie auch sofort und er sah überrascht zu ihr, ehe er nickte und wieder geradeaus sah.
,,Einer von ihnen hatte mich von hinten überrascht und seine Kollegen sind auf mich drauf gegangen. Man, hat mich das wütend gemacht, dass ich rein gar nichts dagegen machen konnte."
Mia blieb stehen, ebenso Karma.
Als sie ihn ansah, konnte er leichte Besorgnis sehen und aus einem ihm unbekannten Grund, tat es ihm Leid, ihr das erzählt zu haben.
,,Karma, es scheinen mehrere gewesen zu sein und auch du kannst gegen so viele nichts ausrichten. Dich ärgert es, dass du einen von ihnen nicht kommen sehen hast, weil du die anderen verteidigen wolltest, aber dich interessiert es nicht, was mit dir passiert? Ich weiß nicht, ob das heroisch ist oder einfach nur dumm."
Karma, dessen Überraschung nun offen im Gesicht stand, zuckte mit den Schultern.
,,Es war meine Pflicht, sie zu beschützen. Hätten wir Korosensei nicht gehabt, wäre vermutlich schlimmeres passiert, als ein paar Schläge und die entführten Mädchen."
,,Geht es dir denn gut?", fragte Mia.
Karma lächelte bei der Frage.
,,Machst du dir Sorgen um mich?", neckte er, um von sich abzulenken.
,,Ja."

Stille.

Karma hatte liebevolle Eltern und doch waren sie nie Zuhause. Er war immerzu auf sich allein gestellt. Der Rothaarige war es einfach nicht gewohnt, dass man ihn nach seinem Wohlempfinden fragte. Und doch fühlte es sich auf einer seltsamen Weise schön an.
Angenehm.

,,Mir geht es gut.", antwortete er nur und Mia begutachtete ihn noch einen Moment, um eine Lüge aus seinem Gesicht lesen zu können.
Aber es war sein voller ernst gewesen.
Mia nickte dann und sie gingen weiter.
Die Stille war nicht bedrückend, doch Karma war für mehrere Minuten tief in Gedanken versunken, bis er leicht den Kopf schüttelte und sich zu Besinnung rief.
,,Wie war dein Tag?", fragte er, als er merkte, dass er sie gar nicht danach gefragt hatte.
Das Thema zur Entführung hatte einfach überwiegt.
,,Er war komischerweise ganz gut. Das Referat war ein Erfolg."
Karma nickte, wusste aber nicht, was und ob er antworten sollte.
,,Erinnerst du dich daran, dass ich meinte, dass Asano ein besserer Mensch sein könnte, wenn sein Vater nicht wäre?",
Karma nickte und sah sie an.
,,Ich hatte heute das Gefühl, dass es tatsächlich stimmen könnte. Er hat es geschafft den ganzen Tag kein Wort über die E-Klasse zu verlieren, oder zumindest kein böses Wort. Irgendwann kamen wir auch dazu, etwas ernster zu reden."
Bei diesen Worten schluckte Karma ungewollt und spürte einen kleinen Stich in seinem Herzen.

Just let go.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt