Roses and the devil of the past

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Ihre Lungen brannten, Schweiß bedeckte die blasse Haut, während ihre schwachen Beine sie immer mehr in die Dunkelheit der langen Gänge trugen. Schnelle Schritte von unbedeckten Füßen hallten von den Wänden, übertönten ihr lautes Atmen. Sie wusste nicht, wie lange sie bereits lief, aber sie spürte die Angst immer näher kommen und wie sie anfing sich an ihr schweißbenetztes weißes Nachthemd zu heften. Sie schaute nie nach hinten, rannte immer geradeaus, steuerte auf das Unbekannte zu. Ihre Gedanken waren wie leer gefegt und das einzige woran sie dachte war, dass sie Angst hatte und fliehen musste, wenn sie weiterleben wollte. Plötzlich vernahm sie weitere, weitaus schnellere Schritte hinter sich und die Panik griff nach ihrem Hals, drückte schmerzhaft zu, während die ekelhaft klingenden Schritte hinter ihr ihr eine Gänsehaut beschafften. Beinahe hätte sie geschrien, wenn sich nicht plötzlich eine kalte Hand in ihren Haaren verirrt hätte und sie aggressiv mit einem Mal gegen die Wand schleuderte. Mit einem dumpfen Knall gegen die Wand wäre sie beinahe sofort zu Boden gegangen, lege nicht diese eisige Kälte auf ihr und würde sie gegen die Wand drücken. Unter schwerem Atmen und starken Kopfschmerzen versuchte sie etwas in der Dunkelheit ausfindig zu machen, suchte nach dem, was unmittelbar vor ihr war. Doch erst als plötzlich die Lichter an gingen und sie kurzerhand blendeten, sah sie in die beruhigenden Augen des Todesgottes, fing auch sogleich an sich unter seinem starren Blick zu winden. ,,Hab' dich, kleine Rose. Ich habe dir doch versprochen, dass ich dich holen werde. Allerdings haben dich deine kleinen Freunde im Stich gelassen. Was mache ich jetzt nur mit dir, hmm?" Mia vernahm seine kalten Hände in ihrem Nacken und auf ihrer Wangen, so hatte sie die Augen geschlossen und versuchte sich von dem Tier zu befreien. ,,Du willst doch wohl noch nicht gehen, oder? Ich werde dich finden, egal wohin du gehen solltest, kleine Rose." Seine Spitznamen für sie machten sie krank und ihr wurde schlecht. ,,Lass mich gehen!", schrie sie ihm entgegen und riss die Augen auf, packte ihn selbst am Kragen des schwarzen Mantels, der sie aufgrund seiner Nähe umhüllte. Er diente wie eine Art Schutzschild, der sie vom Rest dieser kalten Gegend schützte und trotz seiner kalten Präsenz Wärme schenkte. Ihr Körper fing unter den Wahrnehmungen an zu zittern, so wusste Mia nicht, ob ihr kalt oder heiß war. ,,Sag mir, wie fühlt es sich an, alleine gelassen zu werden? Komplett auf sich alleine gestellt, weil die ehemals Freunde dich im Stich gelassen haben, weil sie Angst hatten? Fühlst du dich dafür verantwortlich, weil du ihnen vertraut hast?" Mia hielt inne und sah dem Todesgott ungläubig in die Augen. Ein Stechen in der Brust machte sich breit, als sie den Drang hatte, sich selbst aufzugeben. Sie hatte jedem ihrer Freunde vertraut, hatte ihre Lehrerin retten wollen und war alleine gekommen, als keiner am abgesprochenen Treffpunkt gewesen war. Es schmerzte so unglaublich in ihrer Brust. Nicht einmal Karma war gekommen und das war das schlimmste an alledem. Er hatte vermutlich genug von ihr gehabt und hatte sie alleine in dieses Verließ laufen lassen, damit es endlich ein Ende nahm. Das Zittern wurde mit jeder Berührung, mit jedem Lächeln und jedem Streicheln ihrer Wange schlimmer. Sie war alleine. Einsam. ,,Du bist nicht alleine.", kam es sanft von ihrem Gegenüber. Seine Augen sahen lieb und fürsorglich in ihre eigenen, zweifelnden Augen. Er sprach zu ihr wie ein Vater, der seine Tochter von einem langen Tag in der Schule abgeholt hat, in der sie geärgert wurde und versuchte ihre Tränen zu stillen. ,,Du hast immerhin mich. Komm zu mir, lass mich dich lehren und ich verspreche dir: du wirst nie mehr alleine sein." Mias Augen wurden groß, als sie die Wärme spürte, die von seinen Worten aus ging. Wenn sie mit ihm gehen würde, würde er sie trainieren und sie würde wieder lernen, keine Emotionen zu zeigen. Denn genau das wollte sie in dem Moment. Nicht mehr fühlen, damit das Leben erträglicher war. ,,Ich kann es in deinen Augen sehen. Den Schmerz und das Verlangen stärker zu werden. Lass dich vom Todesgott leiten, komm zu mir und erfülle dir selbst diesen Wunsch." Ihre Hände krallten sich in den Stoff seines Mantels, während ihr Körper bebte und zwischen Hitze und Kälte schwankte. Ihre Augen sahen wollend in seine, während seine Hand ihre Wange liebkoste. War er der einzige Ausweg? Nie wieder würde sie den anderen ins Auge sehen wollen, aber würde er für sie da sein? Für so lange, bis sie wieder auf sich selbst aufpassen konnte?
,,Todesgott, ich-"
Ein lauter Knall ertönte, die Figur vor ihr wandelte sich kurz in Staub, war aber sogleich wieder in seiner vollen Statur bei ihr. Sein Blick wurde mit einem Mal düster und er wirbelte Mia herum, legte eine Messerklinge an ihren Hals, während er seinen Körper an ihren Rücken presste. Was Mia dann sah, schockierte sie zutiefst. Vor ihr stand Karma wie er leibt und lebte mit erhobener Waffe, immer auf den Todesgott hinter ihr zielend. ,,Karma..?", entkam es Mia ungläubig, sowie sich Freude in ihrem Bauch breit machte. Sie hörte den Todesgott hinter sich knurren. ,,Denk dran, er hat dich im Stich gelassen. Du wärst ohne mich schon längst tot.", flüsterte er ihr hypnotisierende Worte ins Ohr, denen sie sich hingab. Ihr Körper war schwach, der Kopf dröhnte, als er an ihre Stirn fasste und ihren Kopf auf seine Schulter legte, die Klinge stets an ihrem Hals. Noch immer starrte sie Karma in die Augen, der determiniert zu ihnen sah. ,,Mia, ich habe dich nicht alleine gelassen.", ,,Wo warst du dann?", fragte der Todesgott hinter ihr und auch sie wollte es gerne wissen. Wo war er gewesen, während sie in den eigenen Tod gelaufen war? Aber könnte sie es ihm nach allem übel nehmen? Doch Karma antwortete nicht, was für sie hingegen Antwort genug war. Schweigen war eine valide Option. ,,Meine kleine Rose, jetzt frage ich dich. Vertraust du ihm? Oder vertraust du mir?", hauchte er ihr verschwörerisch ins Ohr. Mit einem Mal spürte sie kaltes Metall in ihren Händen und ein gewisses Gewicht, dass in ihnen lag. Ihr Ziel stand genau vor ihr und kalte Hände umfassten die ihre, hoben die Waffe in ihren Hände und richteten sie auf Karma. Mia bekam große Augen, konnte ihren Blick aber nicht von Karma ablegen. ,,Er hat dich alleine gelassen, obwohl du ihm immer am wichtigsten warst. Aber es wurde ihm zu viel. Er hat begonnen dich für das zu hassen, was du ihm angetan hast, obwohl du dafür nichts kannst." In Mias Augenwinkel bildete sich eine Träne. ,,Stimmt das, Karma?", fragte sie mit gebrochener Stimme an den Rothaarigen gewandt, der noch immer seine eigene Waffe auf den Kopf des Todesgottes hinter Mia gerichtet hatte. Er schüttelte den Kopf, sodass seine roten Strähnen hin und her schwenkten. ,,Nein, Mia. Ich würde dich niemals alleine lassen. Ich würde meinen eigenen Tod herbeiführen, wenn es dich stattdessen rettet." Die Träne befreite sich aus ihrem Augenwinkel und ließ sich langsam, eine heiße Spur hinterlassend, ihre Wange hinunter gleiten, bis an ihr Kinn, wo sie sich von ihr trennte und zu Boden fiel. ,,Er lügt. Sonst wäre er von Anfang an gekommen." Mias Gedanken rasten, überfluteten ihre Sinne und ertränkten sie in Gefühle. Doch es gab nur eine richtige Entscheidung zu machen.
Sie ließ die Waffe fallen, die mit einem lauten Schlag auf dem Boden auf kam. Das Gesicht von Karma veränderte sich nicht. Die Hand des Todesgottes entfernte sich von ihrer und eine erneute Träne lief ihre Wange hinab, als sie ihrem Schicksal ins Auge sah. ,,Das ist enttäuschend. Ich hatte viel in dir gesehen, kleine Rose. Aber hier endet unser Spiel." Und mit diesen Worten durchschnitt die kalte Klinge die Haut an ihrem Hals und sie spürte die Galle in ihrer Speiseröhre, sowie den bronzenen Geschmack des Blutes. Die rote, dickflüssige Masse lief warm ihren Hals hinunter, durchtränkte binnen weniger Sekunden ihr Kleid und die Kälte des Todesgottes entfernte sich, sodass Mia schlussendlich auf ihre Knie fallen konnte. ,,Mia!"
Schüsse ertönten, das Licht blendete sie und sie begann zu röcheln, wehrte sich aber nicht gegen den aufkommenden Tod. Dann ließ ihr Körper nach und sie fiel mit dem Gesicht zuerst zu Boden. Weitere Schüsse ertönten, während sie das Leben an ihr vorbeiziehen sah und plötzlich, mit einem dumpfen Knall, erschien Karmas Gesicht vor ihr. Sie sah an ihm hinab, sein Hals zierte den selben Schnitt wie ihr eigener und das Blut der beiden vermischte sich auf dem Boden. Es hatte die selbe liebliche Farbe wie seine Haare. Seine Augen gaben ihr die Emotionen, die sie am meisten in ihnen geliebt hatte. Liebe. Zuneigung. Das, was sie nie hatte erfahren können. Sie streckte eine zitternde Hand zu ihm aus, legte sie auf seine lauwarme Wange. ,,Karma. Es tut mir Leid.", brachte sie unter Schmerzen hervor, während das Blut aus ihrem Mund floss, ebenso wie es aus einem der Mundwinkel von Karma zu fließen begann. Auch wenn es erschreckend war, so war es einer der schönsten Anblicke gewesen, die sie je hatte genießen können. Es wirkte so surreal. Sie würden zusammen sterben. Mia spürte seine Hand an ihrer eigenen Wange. ,,Nein. Ich würde für dich und mit dir jederzeit in den Tod laufen." Eine weitere Träne löste sich und er hinderte sie mit dem Daumen daran, an ihrer Wange hinab zu laufen. ,,Karma, ich-", ,,Ich dich auch, Mia." Er verstand sie auch ohne Worte und das gab ihr den letzten Stoß hinein in den Tod. Seine Wange haltend lehnte sie sich dem hellen Licht entgegen und ging Hand in Hand mit ihm auf die andere Seite, verließen das Leben und würden für immer zusammen bleiben.

Just let go.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt