Kapitel 8

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An Mrs. Fredley's kleinem, aber feinem Blumenladen angekommen, erreichen mich bereits von außen die Düfte aller möglichen Schnittblumen und Gräser. Es riecht fast so, als wäre ich inmitten eines riesigen Blumenbeets, dabei habe ich den Laden noch nicht einmal betreten. Herrlich. Endlich rieche ich mal etwas anderes als die verpestete Abgasluft der Innenstadt. Immer noch berauscht von den natürlichen Düften des Blumenladens, beschließe ich, mich demnächst mal in die Natur zu begeben. Das habe ich schon viel zu lange nicht mehr gemacht. Warum eigentlich nicht? Unfähig eine Antwort auf diese Frage zu finden, blicke ich wieder zu dem vor mir gelegenen Blumenladen. Der Laden ist wirklich überschaubar und auch nicht allzu leicht zu finden. Er befindet sich nämlich in einer kleinen Seitengasse, die durch ihren dorf- und altstadtähnlichen Stil mit dem grob gepflasterten Boden nicht zum Rest der Innenstadt zu passen scheint. Von außen sieht Mrs. Fredley's Geschäft ein wenig aus wie ein mit zahlreichen Blumen geschmückter irischer Pub, nur dass er von innen gut beleuchtet ist und allein ein flüchtiger Blick in das Innere des Geschäfts reicht, um den Großstadtlärm um sich herum zu verdrängen und sich zu fühlen, als wäre man mitten in der Natur. Als ich den Laden das erste Mal gefunden habe, war ich sofort überzeugt von seiner Andersartigkeit. Außerdem ist Mrs. Fredley immer sehr freundlich und stellt keine vor Neugier nur so strotzenden Fragen wie es sonst immer alle tun, wofür ich ihr wirklich sehr dankbar bin. Ich würde sogar fast behaupten, dass sie eine der wenigen Menschen ist, die mir nicht allein durch ihre Existenz auf den Keks gehen.

„Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?", fragt mich eine kleine unbekannte Frau vom Tresen aus als ich hereintrete. Moment mal, wo ist Mrs.Fredley? Allein durch die Tatsache, dass jemand anderes hinter dem Tresen steht als Mrs. Fredley, bin ich bereits genervt.

„Hi", knurre ich. „Wo ist Mrs. Fredley?", frage ich ernsthaft verwirrt und dennoch nicht darum bemüht, meine schlechte Laune zu verbergen. Als die Floristin hinter dem Tresen meine Verwirrung erkennt, tritt sie vor den Tresen und entgegnet mir mit einem freundlichen Lächeln: „Oh, Mrs. Fredley ist leider krank. Aber keine Sorge, ist nur ne Erkältung. Ich bin ihre Vertretung. Also, wie kann ich Ihnen behilflich sein?" Erleichtert über die Tatsache, dass Mrs. Fredley nicht für immer abwesend ist, antworte ich der etwas kräftigeren, kleinen Person: „Gut, ich dachte schon, sie hätte den Laden verkauft oder so. Ich hoffe, ihr geht es bald besser. Also, ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so recht, was ich brauche. Ich hätte nur gerne einen möglichst bunten Blumenstrauß. Also lassen Sie sich einfach was einfallen. Ach und noch etwas: Geben Sie sich Mühe", sage ich in einem ernsten Tonfall. Daraufhin signalisiert sie mir mit einem gehorsamen Nicken, dass sie verstanden hat und ist augenblicklich in ihrem Element. Sie huscht flink von einem Topf mit Schnittblumen zum nächsten, wobei ich sie zwischendurch irgendwelche lateinischen Blumenbezeichnungen murmeln höre. Nach ihrem Parcourslauf durch den Laden, scheint sie alles besorgt zu haben, was sie braucht und verschwindet hinter dem Tresen. Interessiert versuche ich zu erahnen, was sie da fabriziert, allerdings muss ich dafür näher an den Tresen treten, um die winzige Floristin überhaupt zu sehen. Mit dem Rücken zu mir gekehrt, werkelt sie an dem Tisch an der Wand mit den vielen bunten Blumen in ihrer Hand herum, wobei ich nichts außer ein paar flinke Handbewegungen und ein paar Blumen hier und da erkennen kann. Oh, wie ich diese Ungewissheit hasse. Kann sie das nicht einfach vor meinen Augen machen, damit ich sehen kann, was sie da tut? Genervt verdrehe ich die Augen und überkreuze die Arme vor der Brust.

Nach einer gefühlten Ewigkeit dreht sie sich plötzlich mit einem triumphierenden Lächeln und einem wunderschönen Blumenstrauß in der Hand um und begutachtet ihr Werk mit einem Ausdruck im Gesicht, als hielte sie ihr Neugeborenes im Arm. Am Tresen angekommen, betrachtet sie ihr Werk ein letztes Mal mit einem kritischen Blick und blickt dann mit einem zufriedenen Strahlen zu mir auf und hält mir den wirklich schön gewordenen Strauß hin. „Passt das so, Sir?", fragt sie mich gespannt, ohne dabei ihr Strahlen zu verlieren. Sie scheint wirklich zufrieden mit ihrem Meisterwerk zu sein. Ich deute ein Lächeln an und sage dabei ohne jegliche Form von Ironie: „Der ist perfekt. Er wird ihr sicher gefallen. Danke!" Ich muss zugeben, Mrs. Fredleys Vertretung ist auf jeden Fall kompetent und eigentlich sogar schwer in Ordnung. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck drückt sie auf einigen Knöpfen der Kasse herum und sagt währenddessen, ohne den Blick von der Kasse abzuwenden: „Das scheint ja eine ganz besondere Dame zu sein" und lächelt dabei freundlich. „Oh ja, das ist sie", entfährt es mir gedankenversunken und ich bereue sofort, es laut ausgesprochen zu haben. Ich stelle mich bereits darauf ein, einen giftigen Kommentar abzugeben, sollte die kleine Frau hinter dem Tresen es auch nur wagen, das zu kommentieren, aber zu meinem Erstaunen lächelt sie mich bloß an und nennt mir den Preis. Dafür bin ich ihr dankbar und lasse deshalb etwas Trinkgeld da, um der Floristin meine Dankbarkeit zu erweisen. Nachdem ich bezahlt habe, verlasse ich den Laden mit dem riesigen bunten Blumenstrauß in der Hand und freue mich bereits darauf, ihn ihr gleich zu überreichen.

Ich brauche mich nicht lang umzusehen, um sie zu finden. Ich kenne ihren Standort mittlerweile in- und auswendig. Wie immer steht sie friedlich da, im Schatten der riesigen Hängeweide. Ich setze mich in Bewegung und gehe auf sie zu, ohne dabei das mulmige Gefühl im Bauch loswerden zu können, das mich immer beschleicht, wenn ich sie besuchen komme. Als ich vor ihr zum Stehen komme, knie ich mich nieder und sage: „Hey, Kleines. Ich habe doch gesagt, ich werde meinen Geburtstag für immer nur mit dir feiern und da bin ich. Versprochen ist versprochen."



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