Searching for love

Kapitel 19

Zugegeben, ich hätte nicht gedacht, dass sich dieses Cover-Projekt so schwierig gestalten würde. Obwohl Ella und ich jetzt schon knapp zwei Stunden an ihren bisherigen Konzepten gefeilt haben, sind wir beide noch lange nicht zufrieden und sind uns stattdessen zum allerersten Mal über etwas einig, nämlich darüber, dass uns noch sehr viel Arbeit bevorsteht. Glücklicherweise haben wir noch genau eine Woche bis zur nächsten Ergebnispräsentation, bis dahin müsste doch noch irgendetwas Sinnvolles zustande kommen. Ich meine, hallo? Ich bin Alan Sinclair. Es wäre eine Schande, wenn ich nicht abliefern könnte, denn das ist Cooper eigentlich von mir gewohnt. 

Glücklicherweise sind wir aber nicht völlig erfolglos gewesen, immerhin haben wir uns für die grundlegende Hintergrundfarbe des Covers entscheiden können: ein zartes Himmelblau. Wow. Wirklich ein Wahnsinnsfortschritt. Ich seufze genervt und denke dabei an den Entscheidungsprozess für die Coverfarbe zurück. 

Genau so einig wie wir uns bei der Farbwahl gewesen sind, genau so uneinig sind wir uns über unsere Begründungen für diese Farbwahl gewesen. Während ich die Farbe Blau eher auf die Symbole des Romans bezogen habe – immerhin spielt das Meer eine tragende Rolle, da die Protagonistin oft auf unbewohnte Inseln mitten im Meer flüchtet und auch der Himmel, durch den sie immer reist, um nach neuen, abgelegeneren Orten zu suchen, ist ein Symbol, das zur Farbe Blau passt – sind für Ella die Emotionen der Protagonistin ausschlaggebend für die Farbwahl gewesen. Ella zufolge stehe die Farbe Blau nämlich für Zufriedenheit und Harmonie und passe deshalb so gut zu Ms. Evans Geschichte, da die Protagonistin am Ende der Geschichte, vor allem nach der Zerstörung der fly-H8, eben diese Emotionen empfindet. Außerdem hat sie irgendetwas von ewiger Suche, hoffnungsloser Ziellosigkeit und Desorientierung und was-weiß-ich-nicht-alles geschwafelt. Unglaublich, wie viel Fantasie Frauen haben. Können sie sich nicht einfach mal auf die offensichtlichen Dinge konzentrieren? Stattdessen machen sie alles nur immer unnötig kompliziert und interpretieren sich zu Tode. Ich meine: Wozu einfach, wenn's kompliziert geht? Das scheint wohl die Devise sämtlicher Frauen dieser Welt zu sein, die ich vermutlich niemals verstehen werde. Ehrlich gesagt, will ich das auch gar nicht. Ich bleibe meinem einfachen Denkstil treu und vermeide einfach jegliche Konfrontation mit verkomplizierten Weibergedanken. So richtig würde ich die vermutlich sowieso nie verstehen. 

Naja, trotz aller – mehr oder weniger plausiblen – Begründungen für die Farbauswahl ist es bei diesem einzigen kleinen Fortschritt geblieben. Auch wenn Ella bereits zugegebenermaßen tolle Ideen hervorgebracht hat, ist bisher noch nichts dabei gewesen, das nicht nur unsere, sondern vor allem auch Ms. Evans Ansprüche auf Originalität einerseits und Einfachheit andererseits, zufriedenstellen konnte. Ella stöhnt laut auf. 

„Das wird nie was!", sagt sie resigniert und schaut dabei verzweifelt auf die unzähligen vor uns ausgebreiteten Skizzen und Bilder, von denen keine bisher wirklich hilfreich waren. Ich kann ihr ihren Pessimismus nicht einmal verübeln, denn auch ich zweifle gerade ernsthaft daran, dass wir jemals das richtige Cover für dieses Projekt finden. 

Als Lektor bin ich zwar bisher schon oft mit Buchcover-Angelegenheiten konfrontiert worden, allerdings musste ich mir noch nie ein komplettes Cover selbst überlegen, sondern musste bloß bereits bestehende Covervorschläge beurteilen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge nennen und bei der Entscheidung für ein Cover mitwirken. Das alles sind deutlich einfachere Aufgaben, wie mir jetzt bewusstwird. 

„Das reicht! Für heute ist Schluss mit diesem dämlichen Cover-Projekt, ansonsten bekomme ich wirklich noch einen cholerischen Wutanfall", brumme ich wütend über unsere miserablen Erfolge, falls man in unserem erbärmlichen Fall überhaupt von Erfolgen sprechen kann. 

„Das, Partner, ist wirklich eine wundertolle Idee!", sagt sie breit grinsend und ich frage mich wirklich, wie sich ihre Laune so schnell verbessern konnte.